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Unbeugsame Gallier aus Hamburg? Uni-«Exzellenzstrategie» wackelt Von Werner Herpell und Markus Klemm,

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Die künftige Förderung für Deutschlands Hochschulen war schon sauber
eingetütet. Doch jetzt stellt sich Hamburg quer zum Kompromiss von
Bund und Ländern. Das Vorzeigeprojekt der Forschungspolitik gerät ins
Wackeln.

Berlin (dpa) – Ein wenig erinnert die Gefechtslage an «Asterix und
Obelix». In etwa so: Ganz Deutschland ist begeistert von der neuen
«Exzellenzstrategie» für Spitzenforschung. Ganz Deutschland? Nein!
Ein von unbeugsamen Politikern bevölkerter Stadtstaat hört nicht auf,
Widerstand zu leisten …

Hamburg ist auf dem besten Wege, die vor fünf Wochen präsentierte
Bund-Länder-Einigung über das milliardenschwere Förderprogramm für
deutsche Hochschulen zu blockieren. Wie die sturen Gallier in dem
Comic-Klassiker hat die rot-grüne Regierung von Bürgermeister Olaf
Scholz (SPD) den Kampf gegen den Berliner Beschluss aufgenommen, das
Eliteprojekt unter veränderten Bedingungen und dann dauerhaft zu
verlängern. Die Hansestadt will im künftigen Wettbewerb um üppige
Exzellenz-Fördergelder bessere Chancen für die eigene, aufstrebende
Universität herausschlagen.

Der Widerstand auf der Zielgeraden ist brisant, denn eigentlich soll
die Neuauflage der 2006 gestartete Exzellenzinitiative schon in gut
zwei Wochen, am 16. Juni, von den Ministerpräsidenten und Kanzlerin
Angela Merkel (CDU) abgesegnet werden. Dafür ist in der Sondersitzung
Einstimmigkeit erforderlich. Bei einer einzigen konsequent
durchgezogenen Ablehnung ginge der Vorgang erstmal zurück zu den
Wissenschaftsministern, Nachsitzen wäre angesagt.

In einem vertraulichen Papier dringt Hamburg auf Neuformulierung des
Evaluationsparagrafen der Bund-Länder-Vereinbarung vom 22. April. Die
gewünschte Änderung sieht vor, «dass die bereits in der Förderung
befindlichen Exzellenzuniversitäten im Wettbewerb mit möglichen
Neuanträgen regelmäßig nach sieben Jahren evaluiert werden». Den
Scholz-Senat treibt offenkundig die Sorge um, dass am Ende der
Ausschreibungen stets dieselben Unis an die Geldtöpfe herankommen.
Also forschungsstarke Hochschulen in Baden-Württemberg, Bayern,
Nordrhein-Westfalen oder Berlin – nicht aber Hamburg.

Bedenken hatte Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne)
freilich schon unmittelbar nach dem Bund-Länder-Kompromiss im April
zu Protokoll gegeben. Zwar nicht mit einem klaren Nein, aber:
«Hamburg hat sich heute enthalten, um einerseits deutlich zu machen,
dass es zur Exzellenzinitiative steht, andererseits aber glaubt, dass
im Interesse der Hochschulen mehr Dynamik im System nötig ist.» Das
kam in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz einem Affront gleich.

Der Wettbewerb zum künftig als «Exzellenzstrategie» bezeichneten
neuen Förderprogramm mit jährlich 533 Millionen Euro Umfang soll laut
Beschluss mit einer Ausschreibung in diesem Sommer starten und 2019
in den Start der neuen Elite-Unis münden. «Wichtig ist ein offenes
und dynamisches Verfahren für alle Hochschulen in ganz Deutschland,
das keine Entwicklungsperspektiven abschneidet», betonte Fegebank.

Der Bund, aber auch andere Länder sind über das Hamburger Ausscheren
wenig begeistert oder ernsthaft sauer. So sagte eine Sprecherin des
Bundesforschungsministeriums von Johanna Wanka (CDU) der Deutschen
Presse-Agentur in Berlin, der vorliegende Entwurf sei «ein guter,
wissenschaftspolitisch sinnvoller Kompromiss». Den gefährde nun
Hamburg «und schadet damit den deutschen Hochschulen». Zudem zeige
der Stadtstaat «wenig Vertrauen in die eigene Universität». Die
künftige Förderung der Exzellenzunis werde durchaus dynamisch sein,
die Wahrscheinlichkeit von Auf- und Abstiegen steige sogar. Aber bis
zum 16. Juni sei ja «durchaus Zeit für Gespräche», so die Sprecherin.

Auch Bayerns Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU) appelliert an
Hamburg, mit seinem Vorstoß «eine ausgewogene Weiterentwicklung der
Exzellenzinitiative nicht zu verhindern». Mit den Vereinbarungen über
staatliche Exzellenz-Zuschüsse an acht bis elf Hochschulen sei
«sichergestellt, dass diese besondere Förderung tatsächlich nur bei
den auch international renommierten Spitzenuniversitäten ankommt».
Und da habe natürlich auch die Uni Hamburg weiterhin gute Chancen.

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