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Schulen vor Digitalisierung – Doch was machen jetzt die Länder?

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Das Ende der Zeit mit Kreide und Tafeln an den Schulen in Deutschland
soll nun endlich flächendeckend kommen. Eine politische Einigung
macht es möglich. Doch noch ist das letzte Wort nicht gesprochen.

Berlin (dpa) – Es klingt nach einem großen Plan: Deutschlands Schüler
sollen auch an den vielen heute noch eher analogen Schulen Tablets
bekommen, mit WLAN versorgt und mit Whiteboards unterrichtet werden –
und zwar von dafür geschulten Lehrern und mit passenden Lerninhalten.
Doch noch ist die Sache nicht ganz sicher.

Auf was haben sich Koalition und FDP/Grüne nun geeinigt?

Auf eine Grundgesetzänderung. Das entscheidende Wort heißt dabei
«Qualität». Bisher durfte der Bund für die in Länderhoheit
befindlichen Schulen eigentlich gar nicht mitbezahlen. Nun soll er
für die Digitalisierung über Jahre mit investieren dürfen. Zunächst
war aber nur geplant, dass der Bund Geld für die digitalen
Anschlüsse, die Kabel, die Technik geben darf. FDP und Grüne haben
erreicht, dass er nun auch für die Sicherstellung der Qualität der
Schulen bezahlen dürfen soll. Nun sollen mit Hilfe des Bundes also
auch Lehrer fit für den Unterricht mit digitalen Mitteln gemacht
werden und zum Beispiel Systemadministratoren eingestellt werden
können. Das Geld soll an die Länder gehen. Die sollen es über die
Kommunen an die Schulen verteilen.

Warum hat die Einigung so lange gedauert?

Seit Wochen schon verhandeln FDP/Grüne einerseits und SPD/Union
andererseits darüber. Die Koalition braucht Stimmen der Opposition,
weil sonst keine verfassungsändernde Mehrheit zustande kommt. Vor
allem die Union sträubte sich dagegen, dass der Bund auch «in die
Köpfe» (FDP/Grüne) an den Schulen Geld stecken darf. Hintergrund ist
der lange Streit ums Kooperationsverbot, also das Verbot, dass der
Bund direkt dauerhaft in Bildung investiert. Denn die Union will
mehrheitlich kein Aus für das Kooperationsverbot. Sie will, dass
Bildung in erster Linie Ländersache bleibt. Den Verhandlungserfolg
von FDP und Grünen schreibt sich nun auch die SPD auf die Fahnen.
«Das sogenannte Kooperationsverbot ist aufgebohrt worden», jubelt
SPD-Chefin Andrea Nahles.

Wann kommt nun konkret etwas Neues auf die Schüler zu?

Noch nicht so schnell. Wenn es noch vor Weihnachten in Bundestag und
Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die Grundgesetzänderung gibt
sowie Bund und Länder wie geplant am 6. Dezember eine Vereinbarung
zur Schul-Digitalisierung unterzeichnen, dann soll das Projekt 2019
mit 720 Millionen Euro vom Bund starten. Doch das gesamte Vorhaben
mit insgesamt 5 Milliarden Euro vom Bund und einer Mitfinanzierung
durch die Länder ist auf Jahre angelegt. Unter anderem sollen bis zu
25 000 Euro pro Schule oder ein Teil eines bestimmten Gesamtbudgets
für schuleigene Laptops und Tablets fließen können. Bis die Technik
an den Schulen installiert ist, passende, wenn auch teils schon
bestehende Lerninhalte vor Ort umgesetzt werden können, Lehrer
fortgebildet sind, dauert es.

Wie könnte digitaler Unterricht zum Beispiel aussehen?

Das hat wenig mit der sonst üblichen Smartphone-Nutzung von
Jugendlichen zu tun. So lässt sich zum Beispiel eine schriftliche
Beschreibung der Flügelbewegung eines Vogels schlechter verstehen als
eine Animation eines Vogels. Forscher empfehlen, digitale Medien
zusätzlich einzusetzen und nicht Bücher und anderes durch sie zu
ersetzen. Wer schon einmal ein Klassenzimmer mit Whiteboard gesehen
hat, weiß, wie das Ende der Kreide- und Tafel-Zeit aussehen kann:
Schrift von Lehrern und Schülern auf dem Board, aber auch schnelles
Hinzuziehen von Online-Inhalten für alle sofort sichtbar.

Kann das Ganze noch scheitern?

Ja. Denn die Einigung von FDP und Grünen mit der Koalition gibt dem
Bund mehr Spielraum bei der Mitfinanzierung der Schulen, als es
manche Länder wollen. Sprich: Jetzt sind vor allem Baden-Württemberg
und etwa auch Bayern unter Druck. Hier wehrte man sich besonders
heftig gegen ein zu starkes Aufweichen des Kooperationsverbots.
Allerdings dürfte keiner für ein Scheitern der Digitalisierung von
Deutschlands Schulen verantwortlich gemacht werden wollen. Diese
Probleme haben die Länder nun vor der eigentlich für den 14. Dezember
geplanten Abstimmung im Bundesrat, aber auch schon bei der für den 6.
Dezember geplanten Unterzeichnung der Bund-Länder-Vereinbarung über
den konkreteren Fahrplan der Schul-Digitalisierung. Im Entwurf für
diese Vereinbarung steht noch nichts darüber, dass der Bund auch in
Weiterbildung und Personal investieren soll.

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