Als Azubi einen Teil der Lehrzeit im Ausland verbringen? Viele haben
davon noch nie gehört. Dabei ist das in allen Berufen möglich. Und
teuer muss so ein Aufenthalt auch nicht sein. Experten auf der
Bildungsmesse Didacta erklären, wie so etwas funktioniert.
Stuttgart (dpa/tmn) – Einen Monat lang statt in Stuttgart im Ausland
lernen? Der angehende Hotelfachmann Robert Bischoff musste nicht
lange überlegen, als er von der Option erfuhr. «Das klang einfach zu
verlockend», sagte der 21-Jährige auf der Bildungsmesse Didacta (noch
bis zum 18. Februar) in Stuttgart. Er macht die Ausbildung im Maritim
Hotel in Stuttgart, über eine Rundmail der Personalabteilung erfuhr
er von der Möglichkeit. Und so verbrachte er im vergangenen Jahr
einen Monat in Malaga und arbeitete dort in einem Hostel mit. «Ich
habe das Gefühl, dass ich in der Zeit große Fortschritte gemacht
habe», sagt er. Seine Spanischkenntnisse haben sich verbessert – und
er traut sich nun zu, später auch länger im Ausland zu arbeiten.
Theoretisch kann jeder Lehrling ein Drittel seiner Ausbildungszeit im
Ausland verbringen. Das Modell ist bislang aber noch nicht sehr
verbreitet. 2016 legten rund 11 000 Jugendliche in der Lehre einen
Auslandsaufenthalt ein. «Doch es werden jedes Jahr mehr», erläutert
Mario Bürgel vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Die meisten
gingen für vier bis acht Wochen ins Ausland. Ob Europa oder die USA,
Russland oder China – bei den Zielen gibt es kaum Grenzen.
Wer sich dafür interessiert, hat mehrere Möglichkeiten: Gerade
größere Betriebe bieten ihren Auszubildenden mitunter von sich aus
die Option an. Hier müssen Auszubildende also nur die Gelegenheit
nutzen, wenn sie geboten wird. Doch der Schritt ist auch möglich,
wenn ihn noch niemand aus dem Betrieb getan hat. Dann können
Jugendliche sich zunächst etwa an die Informations- und
Beratungsstelle für Auslandsaufenthalte in der beruflichen Bildung
(IBS) wenden (www.go-ibs.de). Sie berät kostenlos und unabhängig von
kommerziellen Angeboten. Gefördert wird sie vom
Bundesbildungsministerium.
Gab es so etwas im Betrieb noch gar nicht, müssen Auszubildende
allerdings mitunter Pionierarbeit leisten. «Nicht jeder Betrieb ist
gleich begeistert, wenn der Azubi für ein paar Wochen ins Ausland
gehen will», sagt Bürgel. Entscheidend sei dann eine gute
Vorbereitung. Viele Ausbilder stimmten eher zu, wenn klar zu
überblicken ist, was auf sie zukommt. Gut ist deshalb, wenn der
Jugendliche konkrete Vorstellungen hat. Außerdem kann er damit
argumentieren, dass er durch die Mitarbeit in einem ausländischen
Betrieb interkulturelle Kompetenzen erwirbt – und ihm das später im
Umgang mit Kunden hilft. Ein gutes Argument, wenn man etwa in einem
Hotel arbeitet.
Ein guter Zeitpunkt, um ins Ausland zu gehen, sei das zweite
Lehrjahr, rät Julia Beck von Go for Europe, einer Servicestelle, die
Azubis bei der Organisation von Auslandsaufenthalten unterstützt.
Über dieses Projekt ging auch Robert Bischoff ins Ausland. Hinter dem
Projekt steht zum Beispiel der Baden-Württembergische Industrie- und
Handelskammertag. Im zweiten Lehrjahr haben die Jugendlichen schon
Fachwissen und können im Betrieb mitanpacken. Gleichzeitig sitzen
ihnen noch nicht die Abschlussprüfungen im Nacken.
Grundsätzlich sei ein Auslandsaufenthalt für Azubis aus allen Berufen
sinnvoll, sagt Beck. Sie achtet allerdings darauf, dass zumindest
Grundkenntnisse in der jeweils erforderlichen Fremdsprache vorhanden
sind. Hinterher hätten Jugendliche auf jeden Fall einen Pluspunkt im
Lebenslauf. Viele Personaler sähen es gerne, wenn Jugendliche sich
einmal fernab der Heimat bewiesen haben.
Teuer ist es auch nicht unbedingt, einen Auslandsaufenthalt zu
machen. Robert Bischoff war über Go for Europe für vier Wochen im
Ausland und musste dafür einen Eigenbetrag von 150 Euro aufbringen.
In diesem Betrag sind Flug und Unterkunft schon inklusive. Von seinem
Arbeitgeber erhielt er auch in der Zeit seiner Abwesenheit seine
Ausbildungsvergütung – das ist grundsätzlich Verhandlungssache.
Für Robert Bischoff ist die Sache eindeutig: Er hat seine Zeit im
Ausland sehr genossen. «Ich würde das auf jeden Fall
weiterempfehlen», sagt er.