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Letzte Worte: Trauerredner gestalten den Abschied von Verstorbenen

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Es ist eine Ausnahmesituation: Ein Mensch ist gestorben, Freunde und
Verwandte wollen sich angemessen verabschieden. Immer wieder
entscheiden sich Angehörige dabei für eine weltliche Bestattung. Die
Rolle des Geistlichen übernehmen dann freie Trauerredner.

Borken/Düsseldorf (dpa/tmn) – Judith Kolschen war lange
Krankenschwester, bevor sie sich für das Thema Sterbebegleitung zu
interessieren begann. Sie arbeitete ehrenamtlich im Hospiz, machte
eine Weiterbildung zur Trauerbegleiterin und eröffnete schließlich
ihre eigene Praxis. «Irgendwann hat mich eine Bestatterin angerufen
und gefragt, ob ich nicht die Trauerrede auf einer Beerdigung halten
will», erzählt sie. Seitdem spricht die selbstständige
Heilpraktikerin immer wieder, wenn Angehörige sich von einem
Verstorbenen verabschieden wollen.

Trauerredner kommen zum Einsatz, wenn der Verstorbene oder seine
Angehörigen sich gegen eine religiöse Zeremonie bei der Bestattung
entschieden haben. «Manche sind aus der Kirche ausgetreten, andere
finden die Rituale zu leer oder sind mit den Umständen nicht
zufrieden», erzählt Kolschen, die Mitglied im Bundesverband
Trauerbegleitung ist. In solchen Fällen ist eine weltliche Bestattung
mit freien Rednern die Alternative.

Wer solche Reden hält, ist allerdings sehr unterschiedlich. «Das
Berufsbild ist noch nicht so ausgeprägt», sagt Oliver Wirthmann,
Geschäftsführer beim Kuratorium Deutsche Bestattungskultur. Bisher
gibt es keine einheitliche Ausbildung, sondern verschiedenste
Weiterbildungsmöglichkeiten – vom Wochenendkurs bis zum
Teilzeitstudium.

«Momentan gibt es eine Flut von Ausbildungsangeboten», sagt Birgit
Janetzky, die selbst Trauerrednerin ist und ein eigenes
Ausbildungsangebot ins Leben gerufen hat. Ihre Kunden kommen aus
verschiedensten Bereichen. Heilpraktiker oder Theologen sind
darunter, aber auch Menschen mit ganz anderem beruflichen
Hintergrund. Manche arbeiten nicht nur auf Trauerfeiern, sondern
bieten auch Hochzeits- oder Taufreden an.

Da es bisher keine einheitlichen Ausbildungsstandards gibt, sind
Einsteiger auf Empfehlungen von Berufs- oder ähnlichen
Interessenverbänden angewiesen. Bei der Bundesarbeitsgemeinschaft
Trauerfeier (BATF), dem Berufsverband der Trauerredner, sind unter
anderem psychologische und kulturgeschichtliche Grundlagen,
Kommunikationstechniken und Rhetorik Teil der vom Verband angebotenen
Ausbildung. Außerdem lernen Teilnehmer rechtliche Voraussetzungen für
die freiberufliche Tätigkeit sowie Grundlagen der Buchführung.

Interessenten für den Beruf sollten Feinfühligkeit und die Fähigkeit
zu Empathie und Reflexion mitbringen. Außerdem ist ein gutes
Sprachgefühl und rednerisches Talent hilfreich. «Der Beruf braucht
viel sprachliche Überzeugungskraft», sagt Birgit Janetzky. Insgesamt
geht es bei der Trauerrede aber um mehr als um schöne Worte. «Ein
Trauerredner ist ein seelsorgerischer, begleitender Mensch», betont
Theologe Wirthmann.

Er habe bereits Reden gehört, die sprachlich gut waren, aber nicht
die Dimension der Begleitung erfüllt hätten, so Wirthmann. Und die
ist seiner Ansicht nach Teil der Berufsbeschreibung. Während
religiöse Trauerfeiern je nach Konfession einen eher fürbittenden
oder verkündenden Charakter haben, liege der Schwerpunkt bei der
weltlichen Trauerfeier auf der biografischen Deutung des Lebens des
Verstorbenen. «Es kann also nicht nur darum gehen, die Biografie zu
rezitieren», erläutert Wirthmann.

Die Vermittlung von freien Rednern läuft meistens über
Bestattungshäuser. Sie stellen den Kontakt her und können
Empfehlungen geben. «Dann klärt man den Termin ab, nimmt Kontakt mit
den Angehörigen auf und trifft sich zu einem Vorgespräch», schildert
Janetzky den Ablauf. Teilweise beschäftigen Bestattungsunternehmen
auch angestellte Trauerredner, das ist allerdings die Ausnahme. Die
Honorare für die Bestattungsfeier legen die Redner selbst fest – hier
sollte man sich an den Preisen der Konkurrenz orientieren, rät
Janetzky. Für einen Auftrag sind einige hundert Euro normal.

Das persönliche Gespräch mit dem Auftraggeber bildet dann die
Grundlage für die spätere Rede über den Verstorbenen. Schließlich
kannten die Trauerredner den Toten meistens nicht selbst. Deshalb
geht es bei dem Termin um mehr als um organisatorische Dinge. «Das
ist nicht nur ein Abfragen von Infos, sondern auch Teil der
Trauerbegleitung», sagt Janetzky. Außerdem können die Beteiligten
hier den Ablauf der Feier festlegen, gegebenenfalls Musik auswählen
oder sich auf individuelle Gestaltungselemente verständigen.

Dabei gilt es, auch mit Konflikten innerhalb der Familien oder
zwischen den Angehörigen umzugehen und verschiedene Wünsche und
Ansprüche unter einen Hut zu bringen. Nicht zuletzt müssen
Trauerredner eine gewisse Belastbarkeit mitbringen. «Ich werde ganz
oft gefragt, wie ich das aushalte», erzählt Judith Kolschen.
Trauerredner sei zwar ein sehr schöner Beruf, aber nicht immer nur
Spaß. «Man braucht einen festen Stand im Leben und Techniken, um sich
die Dinge nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen.»

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