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Kasperles Verkehrssünden – Deutschland hat 100 Polizei-Puppenbühnen

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Trotz Handys und Tablets sind Live-Spektakel mit Kasperle und Co bei
Kindern immer noch sehr begehrt. Polizisten setzen sie bundesweit als
Botschafter bei ihrer Kriminal- und Verkehrsprävention ein. Auch
Senioren sprechen gerne mit den Puppen.

Bad Neuenahr-Ahrweiler (dpa) – Streifendienst und Büroalltag sind
weit weg – mehrere Polizisten rufen dem suchenden Unglücksritter Utz
zu: «Auf der anderen Seite!» Endlich blickt die Marionette dorthin
und freut sich. «Ich habe einen Schatz gefunden, Gold und Silber.»
Profi Matthias Träger zieht mit seinem Figurentheater 43
Polizei-Puppenspieler aus ganz Deutschland in seinen Bann.

Von Donnerstag bis Sonntag (9. bis 12. November) haben sie in Bad
Neuenahr-Ahrweiler an einer Fortbildung teilgenommen. Es geht um
spielerische Verkehrserziehung und Kriminalprävention, um
Polizeiarbeit mit Handspielpuppen, Marionetten und Klappmaulpuppen.

«In Deutschland gibt es rund 100 Polizei-Puppenbühnen. Jede besteht
meistens aus drei bis vier Personen», schätzt Guido Asmuth vom
Polizeipräsidium Koblenz. Das erste bundesdeutsche
Polizei-Puppenspiel war 1948 in Hamburg über die Bühne gegangen. Nach
dem früheren Frontalunterricht mit dem Verkehrskasper beziehen die
Polizisten heute ihr Publikum mehr in die Stücke ein.

«Es ist toll, wie die Kinder mitgehen, die sind mittendrin im
Geschehen», sagt Polizei-Puppenspieler Thomas Nörl aus Weiden in der
Oberpfalz. Das reize ihn an dem Job. Bei der Kriminalprävention mit
Senioren sei es das Gleiche. «Auch die fangen an, mit den Figuren zu
reden und zu singen. Das ist was anderes als ein Vortrag, wo es den
Zuhörern bald die Augendeckel runterzieht.»

Die meisten Stücke werden nach Asmuths Einschätzung von den
Polizisten selbst geschrieben. Viele Stücke dauern 20 bis 30 Minuten.
Ein älteres Beispiel der Puppenspieler aus Weiden für Kitakinder und
Grundschüler: Die Hexe verzaubert den Kasper, er will bei Rot über
die Straße marschieren. Der Hund protestiert, doch Kasper möchte auch
bei Rot Ball auf der Fahrbahn spielen. Da beißt der Hund die Hexe,
der Spuk ist vorbei, Kasper hält sich wieder an die Verkehrsregeln.
Andere Stücke warnen Kinder spielerisch davor, Fremde in die Wohnung
zu lassen oder zu ihnen ins Auto zu steigen.

Asmuth ist Mitglied der Polizei-Puppenbühne Koblenz. «Wir haben dafür
einen umgebauten Linienbus für 40 Kinder, das ist wie ein Kino.» Nach
dem Puppenspiel am Vormittag folgen nachmittags Übungen mit den
Kindern im realen Verkehr. Zugleich läuft eine Veranstaltung mit
Eltern – entweder mit dem Titel «Mein Kind als Fußgänger im
Straßenverkehr» oder «Sexueller Missbrauch von Kindern». Manchmal
erziehen laut Asmuth schließlich auch die Kleinen ihre Eltern: «Mama,
Du musst Dich anschnallen, das hat der Polizist gesagt.»

Lediglich ein paar Minuten dauern Stücke der Koblenzer
Polizei-Puppenbühne für Fünft- und Sechstklässler. Asmuths Kollege
Dietrich Viebranz erklärt: «Das ist nur ein Impuls. Danach reden wir
zum Beispiel über Cyber-Grooming.» Dabei machen sich Erwachsene im
Internet mit sexuellen Absichten an Kinder und Jugendliche heran. Bei
der Kriminalprävention für Senioren wollen Polizei-Puppenbühnen auf
die Gefahren beispielsweise bei Gewinnanrufen, Haustürgeschäften,
Enkeltricks und Kaffeefahrten aufmerksam machen.

Bei der Fortbildung in Bad Neuenahr-Ahrweiler gibt es drei Workshops.
Der pensionierte Polizist Michael Kressin leitet den Anfängerkurs und
pocht auf Qualität: «Ich muss üben, üben, üben.» Nicht umsonst werde
Puppenspiel auch als Studium angeboten. Annelie Büter will in ihrem
Workshop unter anderem zeigen, wie Puppenspieler mit zeitweiligen
Blockaden im Kopf umgehen können. Matthias Träger, erster
Vorsitzender des Verbands Deutscher Puppentheater, gibt Tipps zum
offenen Theater: Der Puppenspieler sei hier stets sichtbar, werde
aber bei guter Vorführung vom Publikum rasch vergessen.

Seit 20 Jahren haben die theaterbegeisterten Polizisten einen eigenen
Verband, den Verein zur Förderung der Methode Puppenspiel in der
Kriminal- und Verkehrsprävention (VPKV). Nach Matthias Trägers Stück
«Utz, der Unglücksritter» applaudiert das uniformierte Publikum lange
und schaut sich begeistert wie eine Kinderschar die aus Küchengeräten
gebastelten Requisiten aus der Nähe an.

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