Armin Laschet ist am Ziel – die NRW-Staatskanzlei steht ihm offen.
Wer hätte das gedacht? Lange galt der CDU-Mann als chancenlos gegen
Landesmutter Hannelore Kraft. Laschet hat viel Kritik ausgehalten und
Niederlagen weggesteckt. Vielleicht hatte er auch etwas Glück.
Düsseldorf (dpa) – Armin Laschet könnte schon bald eine prachtvolle
Aussicht genießen. Staatskanzlei am Rhein, Blick über Düsseldorf und
den Niederrhein, an guten Tagen auch bis zum Ruhrgebiet und im Süden
nach Köln. Denn die abgewählte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore
Kraft wird für den CDU-Gewinner der Landtagswahl die Etage räumen.
Unklar ist allerdings, mit wem der neue Hausherr im «Stadttor»
genannten Bau nahe des Landtags residieren wird.
Dass Laschet überhaupt einmal dort Gäste empfängt und nicht nur als
Gast begrüßt wird, davon war bis wenige Wochen vor der Wahl kaum
auszugehen. Vor einem halben Jahr sprach er zum ersten Mal öffentlich
den Satz aus: «Ich will Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen
werden.» Und so mancher dachte: netter Versuch. Nun hat Laschet sie
alle überrascht. Möglicherweise sogar sich selbst.
Geduld und Beharrlichkeit werden dem 56-Jährigen nachgesagt.
Eigenschaften, die bis zuletzt nötig waren für den kleinen, etwas
stilleren Christdemokraten. Niederlagen und Kritik musste Laschet
wegstecken. Und als Herausforderer ernst genommen wurde er anfangs
auch nicht: Im SPD-Land NRW war sich Regierungschefin Kraft ihrer
Sache lange sehr sicher. Und Laschet schien sich anzufreunden mit
einer CDU-Rolle als Juniorpartner in einer großen Koalition. Er wäre
dann halt stellvertretender Ministerpräsident geworden.
Nummer zwei, das war er ja schon öfters. Als Laschet 2010
Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag werden wollte, unterlag er
Karl-Josef Laumann. Wenig später verlor er gegen den smarten Norbert
Röttgen beim Rennen um den Parteivorsitz, wieder bloß Platz zwei.
Aber der Fußballfan, zwischen 2005 und 2010 auch
NRW-Integrationsminister, blieb unbeirrt am Ball: Vor fünf Jahren
griff er zu, als Röttgen die Landtagswahl für die CDU mit nur 26
Prozent vor die Wand fuhr. Hinter vorgehaltener Hand hieß es damals,
man habe keinen anderen Freiwilligen gefunden. Gradmesser wachsender
Zufriedenheit: 2014 gab es bei Laschets Wiederwahl zum
CDU-Landesvorsitzenden 87 Prozent, 2016 dann 93 Prozent.
Auch im Wahlkampf lag Laschet gewaltig hinten, innerparteilich hielt
sich Skepsis. Denn auf der Oppositionsbank blieb Laschet zwischen der
energischen Landesmutter Kraft und FDP-Rhetorik-Talent Christian
Lindner oft blass. Zu wenig Attacke, haben auch Parteifreunde
mitunter gemault – unscharf in der Profilierung, ungefährlich. «Er
hat sich nicht beirren lassen, hat geduldig sein Ziel verfolgt – ein
Kämpfer», sagt einer, der ihn gut kennt – sein ältester Sohn Johannes
(28).
Schlagfertiger ist Laschet zuletzt geworden, angriffslustiger auch.
In vielen Interviews und Auftritten wirkte der CDU-Bundes-Vize locker
und selbstsicherer, im TV-Duell mit Kraft machte er kurz vor der Wahl
eine gute Figur. Hart in der Sache, aber nicht persönlich verletzend
– so beschreibt er seine persönliche Linie.
Ein bisschen Glück hat er auch gehabt: Wachsende Unzufriedenheit mit
der Bildungspolitik und Unsicherheitsgefühle in der Bevölkerung haben
Laschet thematisch in die Hände gespielt. Beflügelt hat ihn auch,
dass der «Schulz-Effekt» trotz des anfänglichen Hypes um den
SPD-Kanzlerkandidaten im Saarland und in Schleswig-Holstein
ausgeblieben ist.
Und Laschet ist Stratege. Beispiel innere Sicherheit: Weil er selbst
kein Mann der markigen Worte ist, holte er sich Wolfgang Bosbach ins
Boot. Der vor allem in konservativen Kreisen geschätzte Innenexperte
soll eine Regierungskommission leiten, die NRW-Sicherheitsarchitektur
auf den Prüfstand stellen.
«Die Aufsteigerrepublik» heißt ein Buch Laschets über Zuwanderung und
Bildung, online ist es gebraucht für weniger als einen Euro zu haben.
Laschet ist der Autor, er ist aber eigentlich auch ein Protagonist:
Denn sein Vater Heinz kommt im Buch vor – Bergmann und auf zweitem
Bildungsweg Lehrer und Schulleiter. So konnte Armin Laschet Jura
studieren, als Journalist arbeiten, als Bundestags- und
Europa-Abgeordneter die politische Bühne erobern und – schließlich
zum wahrscheinlichen neuen NRW-Ministerpräsident aufsteigen.