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Business statt Bücher: Wenn Studierende gründen

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Der Traum vom eigenen Unternehmen packt viele junge Gründer bereits
während des Studiums. Morgens Bücher wälzen, abends eine Firma
aufbauen – geht das? Und welche Stolperfallen lauern bei der
Existenzgründung aus dem Hörsaal?

Karlsruhe (dpa/tmn) – Es beginnt mit einer Idee. Sie ist irgendwann
da und geht nicht mehr weg. Kreist durch den Kopf, wird verworfen,
wieder aufgenommen, weiterentwickelt. So beginnen wohl die
Geschichten der allermeisten Start-ups – aber nicht aller. Bei Martin
Trenkle und seinem Unternehmen Campusjäger war das anders: «Am Anfang
stand der Wille zu gründen. Danach erst haben wir nach Ideen
gesucht», erinnert sich der Junggründer. Mit «wir» meint er sich und
seine Mitstreiter Jannik Keller und Matthias Geis. Das Trio kannte
sich bereits aus der Schule.

Sie grübelten an Ideen herum und entdeckten eine Marktlücke in der
Automatisierung des Personalvermittlungsmarktes. Kaum hatte das
Studium begonnen, wurden die Erstsemester zu Gründern. Ihr Plan: Das
Studium des Wirtschaftsingenieurwesens erfolgreich abschließen und
nebenbei Start-up-Luft schnuppern. «Wir hatten aber nicht erwartet,
dass sich die Ereignisse so überschlagen. Schon nach wenigen Monaten
war klar, es war keine Nebenbeigründung», erzählt Trenkle.

Egal ob aus purem Gründungswillen oder wegen einer guten Idee: Wer
sich selbstständig machen will, dem bietet ein Studium besonders gute
Voraussetzungen. Das finanzielle Risiko der Gründer ist gering, sie
haben kaum Verbindlichkeiten – dafür aber viele Freiheiten und häufig
eine hohe Bereitschaft, Neues auszuprobieren. Eine breite
Förderlandschaft für Studierende ermöglicht Jung-Gründern, innovative
Geschäftsmodelle auszuprobieren, ohne dabei viel Eigenkapital
investieren zu müssen.

Hinzu kommt: Selten lassen sich Wissenschaft, Erfahrungen und
Beratung so effizient verbinden wie auf einem Hochschulcampus. «Es
ist sinnvoll, das Netzwerk der Hochschule zu nutzen, mit Kontakten zu
Professoren und Studienbegleitern, aber auch zu Berufskammern und
entlang der eigenen Marktbranche», sagt Jürgen Wager von der
Industrie- und Handelskammer Schwaben.

Wager berät Studierende rund um die Unternehmensgründung. Ein
wichtiger Tipp: sich auch den administrativen Hintergrund eines
Unternehmens bewusst machen. Buchführung, Gewerbeanmeldung,
Gewinnermittlung, Krankenversicherung – bei diesen Grundlagen fehle
den Studierenden häufig die Expertise und Erfahrung. «Beratung,
Beratung und noch mal Beratung», hält Wager daher für den wichtigsten
Schritt auf dem Weg in die Selbstständigkeit.

Auch Cindy Stern vom Gründungs- und Innovationszentrum der
Universität Oldenburg sagt: «Alle gründungswilligen Studierenden
haben etwas gemeinsam: Sie wissen häufig nicht genau, was man als
nächstes macht, und dann ist es gut, aus der Erfahrung anderer zu
lernen.» Vernetzung lautet ihr Stichwort: «Es ist ratsam, nicht im
stillen Kämmerlein zu bleiben, sondern sich mit anderen
auszutauschen.»

Dazu gehört nicht nur das Gespräch mit Beratern, Kommilitonen und
Professoren, sondern auch der Austausch mit potenziellen Kunden. «Es
macht keinen Sinn, am Markt vorbei zu entwickeln», sagt Stern. «Ich
sollte mindestens drei Kunden fragen, was sie von meiner Idee halten
und nicht etwas in Rot produzieren, das später jeder in Grün haben
will.»

Grundsätzlich spreche nichts gegen eine Unternehmensgründung als
Studierender, sagt auch Stern: «Es ist eine Doppelbelastung, aber in
der Regel kann man beides gut verbinden, wenn der Studierende aus
fachlicher Expertise heraus gründet.» Im Idealfall schaffen es
Gründer-Studenten sogar, die Abschlussarbeit mit dem eigenen
Gründungsthema zu verbinden – und schlagen so zwei Fliegen mit einer
Klappe.

Eine gute Idee ist dabei nicht alles. Wichtiger noch sei das
Gründungsteam, sagt Prof. Simon Werther von der Hochschule der Medien
in Stuttgart: «Mit wem würde ich gerne gründen? Wer ergänzt meine
Kompetenzen? Darauf würde ich das Augenmerk legen.» Gute Ideen gebe
es viele. Doch erst sie umzusetzen und hartnäckig zu verfolgen, macht
eine echte Gründung aus.

Werther ist Professor für Innovationsmanagement und engagiert sich im
Bundesverband Deutscher Startups. Sein erstes Unternehmen gründete er
bereits mit 16 Jahren. Das berühmte «Fail forward» hält er bis heute
für eine gute Devise: «Man muss bereit sein, sich immer wieder
aufzurichten, aus Fehlern und Niederschlägen zu lernen. Es gibt immer
Hürden, und es ist immer ein Risiko, aber die Erfahrung einer
Gründung, egal wie erfolgreich sie läuft, kann einem niemand mehr
nehmen. Machen statt Reden wäre mein größter Tipp!»

Martin Trenkle hat sich daran gehalten. Heute beschäftigt sein
Unternehmen fast 40 Mitarbeiter. Er selbst studiert noch immer, im
neunten Semester. «In den ersten zwei Jahren habe ich das Studium
noch voll durchgezogen. Ich habe die Klausuren mitgeschrieben, war
aber nie in der Uni», erinnert er sich. Tagsüber arbeiten, abends für
Klausuren lernen – «das hat die ersten zwei Jahre funktioniert, dann
wurde es zu viel.» Heute schreibt Trenkle nur noch halbjährlich
Klausuren, aber abschließen möchte er das Studium in jedem Fall. «Das
ist aber eine rein emotionale Entscheidung. Was ich in meinem
Unternehmen mache, bringt mir persönlich viel mehr als ein Studium.»

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