Was Werkfeuerwehrleute im Notfall machen, ist klar. Doch was tun sie,
wenn es nicht gerade brennt? Däumchen drehen? Von wegen: Dann leisten
die Fachkräfte den eigentlichen Löwenanteil ihrer anspruchsvollen
Arbeit – damit es gar nicht erst zum Notfall kommt.
Darmstadt (dpa/tmn) – Wenn es brennt, zählt jede Sekunde – umso mehr,
wenn es in Industrieanlagen qualmt oder kracht. Schneller als die
reguläre Feuerwehr ist dann oft die Werkfeuerwehr. Denn sie kennt das
Unternehmen, die Örtlichkeiten, die Abläufe – und die Risiken. Hannah
Netzer ist Werkfeuerwehrfrau. Im Herbst 2017 hat sie die dreijährige
Ausbildung für den Job erfolgreich beendet, jetzt arbeitet sie als
Fachkraft in der Brandschutzabteilung des Wissenschafts- und
Technologiekonzerns Merck. Das Unternehmen betreibt in Darmstadt
seinen größten chemisch-pharmazeutischen Forschungs- und
Produktionsstandort.
«Jeder Arbeitstag ist anders und auch nicht planbar», erzählt die
25-Jährige. Im Fall einer Havarie oder eines Unfalls rücken andere
für den Tag geplante Aufgaben natürlich in den Hintergrund. Und von
solchen To-dos gibt es jede Menge: «Die Aufgaben von
Werkfeuerwehrleuten sind sehr vielfältig und anspruchsvoll», erklärt
Jürgen Warmbier vom Bundesverband Betrieblicher Brandschutz (WFVD).
«Werkfeuerwehrleute sind mehr als nur Brandlöscher», sagt der
Experte. So versorgen sie im Notfall auch Verletzte und sichern
Gefahrenstellen ab. Sie leisten technische Hilfe, indem sie etwa
Metallteile durchtrennen, die den Weg zu einer Gefahrenstelle
versperren. Und sie prüfen im Zweifelsfall mit Messgeräten, ob
irgendwo Chemikalien oder andere gefährliche Material ausgetreten
sind.
In erster Linie kümmern sie sich aber darum, dass es gar nicht erst
zu Unfällen und Bränden kommt. Dafür überprüfen sie regelmäßig Rauch-
und Wärmeabzugseinrichtungen sowie Feuerlöscher, sie warten Brand-
und Gefahrenmeldeanlagen. «Wird der Bau einer Fabrikhalle geplant,
dann sind Werkfeuerwehrleute dabei», sagt Bernd Saßmannshausen,
Leiter der Brandschutzabteilung bei Merck. Sie prüfen bei der Planung
von Brandschutzkonzepten, wo etwa eine zusätzliche Brandschutztür
oder Löschanlage nötig ist. Und sie schulen Mitarbeiter, damit die
sich bei Gefahr korrekt verhalten.
Diese Vielfalt ist auch der Grund dafür, dass Netzer gerne zur Arbeit
kommt. «Den ganzen Tag nur am Schreibtisch zu sitzen, das wäre nichts
für mich», sagt sie. Wer sich für den Beruf interessiert, muss
teamfähig sein. Denn Werkfeuerwehrleute gehen die täglichen
Herausforderungen gemeinsam an. Wie wichtig die Zusammenarbeit in dem
Job ist, zeigt sich aber gerade im Notfall: Wenn es um jede Sekunde
geht, muss jeder seine Rolle und seinen Platz kennen.
Theoretisch reicht für die Ausbildung zur Werkfeuerwehrfrau zwar ein
Hauptschulabschluss – besser wäre aber mehr. «Bislang wurden
mehrheitlich Abiturienten und Realschulabsolventen eingestellt»,
erklärt Warmbier. Technisches Verständnis und handwerkliches Geschick
sind ebenso wichtig wie körperliche Fitness. In Gefahrensituationen
müssen Werkfeuerwehrleute einen kühlen Kopf bewahren und schnell
sowie verantwortungsbewusst handeln. «Der Umgang mit Verletzten oder
vielleicht sogar Toten kann zudem psychisch belastend sein», sagt
Netzer.
Zudem müssen Werkfeuerwehrleute zu Schichtdienst bereit sein: Rund um
die Uhr, auch am Wochenende, ist ihre Einsatzstelle besetzt. Während
der Ausbildung lernen die Azubis beispielsweise, welche
Schutzvorschriften beachtet werden müssen oder wann im Falle eines
Brandes oder einer Explosion gegebenenfalls chemisches, biologisches
oder radioaktives Gefahrgut austritt – und was dann zu tun ist.
Zur Ausbildung gehört auch, wie Leitungen verlegt, elektrische
Verbindungen hergestellt oder Rohre getrennt, umgeformt und verbunden
werden. Solche Arbeiten fallen an, wenn beispielsweise eine
Löschanlage konzipiert oder repariert wird. Auch Wartungsarbeiten
oder das Beseitigen von Ölspuren gehören zum Berufsalltag von
Werkfeuerwehrleuten.
Die Höhe der Ausbildungsvergütung hängt von der Branche ab, zu der
ein Unternehmen gehört. Werkfeuerwehren gibt es in allen Unternehmen
mit erhöhtem Gefahrenpotenzial. Das sind neben chemischen
Produktionsstätten etwa Gießereien, Autofirmen, Kraftwerke, aber auch
Flughäfen oder Messen. Nach Angaben des WFVD erhalten Auszubildende
im ersten Jahr im Schnitt rund 860 Euro pro Monat, im zweiten und
dritten Jahr sind es dann 950 und 1000 Euro. Das Einstiegsgehalt nach
der Ausbildung beträgt laut Bundesagentur für Arbeit mindestens 2800
Euro brutto – auch hier abhängig von der Branche.
Wer Karriere machen will, kann etwa Teamleiter, dann Staffel- und
Gruppenführer bis hin zum Zugführer werden. Auch eine Weiterbildung
zum Notfallsanitäter ist möglich. Je nach Vorbildung können
Interessierte zudem das Fach Rettungsingenieurwesen an der Uni
studieren. Hannah Netzer will sich eines Tages ganz gewiss
weiterbilden – macht sich aber darüber vorerst keine Gedanken. «Ich
möchte erst einmal in diesem spannenden Beruf weiter Erfahrungen
sammeln.»