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Auf den Millimeter genau: Zerspanungsmechaniker sind Perfektionisten Von Nikolas Golsch, dpa

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Wer gerne alle fünfe gerade sein lässt, ist in dem Beruf verkehrt:
Zerspanungsmechaniker müssen sehr genau arbeiten. Sie stellen kleine
Bauteile etwa für Waschmaschinen oder Motoren her. Für den Job
braucht es ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen.

Velbert/Bonn (dpa/tmn) – Sie finden sich in Automotoren,
Waschmaschinen und vielen Elektrogeräten: Kleine Schrauben, Muttern,
Zahnräder und Stifte aus Metall, die kaum auffallen. Doch oft sind
sie keine Baumarktware. Zerspanungsmechaniker fertigen sie speziell
für Produkte an.

Früher brauchten Zerspanungsmechaniker vor allem Muskelkraft und
handwerkliches Geschick. Seit den 1980er Jahren übernehmen aber mehr
und mehr computergesteuerte Maschinen die schweißtreibenden Arbeiten
am Metall. Dennoch ist der Job heute mehr denn je gefragt. Doch das
das Aufgabenfeld hat sich grundlegend gewandelt. «Heute geht es vor
allem darum, die Maschinen zu rüsten, zu bedienen und den
Fertigungsprozess zu überwachen», sagt Hermann Rumpel vom Verband der
Deutschen Drehteile-Industrie. Dabei sei nicht so viel Muskelkraft
gefordert, sondern technisches Gespür.

Die große Herausforderung in dem Beruf sei es, mit hundertprozentiger
Genauigkeit zu arbeiten, sagt Andre Neuhaus. Er ist im dritten
Ausbildungsjahr zum Zerspanungsmechaniker im Unternehmen von Thilo
Karrenberg in Velbert in Nordrhein-Westfalen. «In unserem Bereich
sind die Toleranzgrenzen sehr, sehr klein, da kommt es auf wenige
Mikrometer an.» Ein Mikrometer ist ein Tausendstel Millimeter.

Zerspanungsmechaniker stellen metallene Präzisionsbauteile aller Art
her, richten Dreh-, Fräs- und Schleifmaschinen ein und programmieren
die Maschinen mit CNC-Programmen. CNC steht für Computerized
Numerical Control und bezeichnet ein elektronisches Verfahren zur
Steuerung von Werkzeugmaschinen. 2015 haben 6288 junge Menschen die
Ausbildung begonnen, darunter 366 Frauen.

Dieser Job ist weitaus komplexer, als er auf den ersten Blick
erscheint: Bis eine Maschine vorbereitet ist, um ein bestimmtes
Drehteil zu produzieren, dauere es häufig mehrere Stunden, sagt
Neuhaus. Die Maschinen sind unter Umständen so groß wie ein
Kleintransporter. «Man muss erst einmal ein Gespür dafür bekommen,
welche Zahnräder und Werkzeuge man für was braucht», erklärt der
21-Jährige. Und wenn die Produktion beginnt, ist die Arbeit noch
nicht getan. «Ich muss die ganze Zeit kontrollieren, ob die Maße
stimmen und das Teil passt.» Ist das nicht der Fall, müsse
nachjustiert werden – so lange, bis der Fehler gefunden ist.

Dafür brauchen Zerspanungsmechaniker gute mathematische Kenntnisse.
«Unverzichtbar ist auch ein räumliches Vorstellungsvermögen», sagt
Rumpel. Das ist wichtig, um sich neue Bauteile anhand von Plänen
vorstellen zu können. Außerdem sollte sich kein Azubi zu fein dafür
sein, sich auch mal die Hände schmutzig zu machen: «Man steht fast
den ganzen Tag in der Werkshalle, da muss man auch mit anpacken»,
sagt Neuhaus.

Wer den Beruf lernt, muss sich auf Schicht- und Bereitschaftsdienste
einstellen. Darauf weist Axel Kaufmann vom Bundesinstitut für
Berufsbildung (BIBB) hin. Während der Ausbildung verdienen
Jugendliche laut der Bundesagentur für Arbeit in der Industrie
zwischen 860 und 957 Euro pro Monat, im Handwerk sind es zwischen 375
bis 744 Euro. Nach der Ausbildung steigen die Fachkräfte mit einem
Lohn von 1500 bis 2500 Euro brutto pro Monat ein. Es kann in
Einzelfällen aber auch einmal deutlich mehr oder weniger sein.

Angefangen hat Andre Neuhaus seine Ausbildung in der Lehrwerkstatt.
Dort lernte er grundlegende handwerkliche Fähigkeiten wie Fräsen,
Sägen, Bohren und das Schleifen an Drehmaschinen. Danach hat er
angefangen, im Betrieb mitzuarbeiten und in die Details der täglichen
Arbeit einzutauchen. In Zukunft werde sich der Beruf weiter wandeln,
sagt Thilo Karrenberg. «Die Maschinen werden moderner, gleichzeitig
aber immer abhängiger von Daten und Elektronik», sagt er.
Facharbeiter seien in der Branche aber unverzichtbar, gerade wegen
der modernen Maschinen. «Aber der Trend geht hin zur Elektrotechnik
und weg von der eigentlichen Mechanik.»

In der Berufsschule geht es für angehende Zerspanungsmechaniker vor
allem um mathematische und technische Grundlagen: Wie schnell darf
sich ein Werkzeug drehen? Wie verhalten sich verschiedene Materialien
in der Bearbeitung?

Nach der Ausbildung können Zerspanungsmechaniker einen Meister oder
Techniker draufsatteln. Eine andere Möglichkeit ist, sich im Bereich
Produktionsplanung, Projektmanagement oder Werkzeugvertrieb
fortzubilden. Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt sind für die
Fachkräfte gut. Laut Axel Kaufmann vom BIBB werden in der
Metallbranche derzeit Fachkräfte gesucht

Auch für Andre Neuhaus stehen die Chancen gut, nach seiner Ausbildung
im Velberter Unternehmen übernommen zu werden. Natürlich sei das ein
gutes Gefühl. Womöglich werde er aber auch andere Wege gehen: «Ein
Studium könnte ich mir auch noch vorstellen», sagt der 21-Jährige.

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