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Wenn der Teufel im Detail steckt: Produktprüfer Textil finden Fehler

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Ob Teppichböden, Nylonstrümpfe oder Webwaren: Produktprüfer Textil
untersuchen Waren beim Hersteller auf mögliche Mängel und beheben
sie. Dafür benötigen sie ein gutes Auge und eine schnelle
Auffassungsgabe.

Düren/Berlin (dpa/tmn) – Ein kleines Knötchen ragt aus dem
ebenmäßigen, dunklen Gewebe. Mit dem bloßen Auge zunächst kaum zu
erkennen. Sascha Heinricht muss genau hinsehen, um es zu entdecken.
Dann kann er die betroffene Stelle kennzeichnen und zu Nadel, Faden
oder Pinzette greifen. Mit Bedacht bessert er die Unebenheiten aus.
Der 20-Jährige absolviert eine Ausbildung als Produktprüfer Textil
bei der Anker Gebr. Schoeller GmbH + Co. KG., einem
Teppichbodenhersteller-Betrieb im rheinischen Düren, zwischen Aachen
und Köln. Tagtäglich steht er an Tischen und kontrolliert bei
künstlichem Licht, ob die in der Produktionshalle gefertigten
Teppichboden-Rollen Mängel haben.

Produktprüfer Textil arbeiten nicht nur bei Teppichbodenherstellern,
sondern auch in Unternehmen, die Bekleidung oder technische Textilien
herstellen. «Auch in Webereien, Stickereien und Wirkereien gibt es
Produktprüfer», sagt Maria Rost, Bildungsexpertin beim Gesamtverband
der deutschen Textil- und Modeindustrie (textil+mode) mit Sitz in
Berlin. Wirkereien stellen zum Beispiel feine Strümpfe oder
Fleece-Textilien her.

Produktprüfer Textil sollten eine gute Beobachtungsgabe mitbringen.
Genauso wichtig ist es, dass sie konzentriert arbeiten können und ein
hohes Verantwortungsbewusstsein haben. Denn Waren mit Mängeln will
niemand haben – entdeckt ein Kunde sie nach dem Kauf, dann fällt dies
womöglich negativ auf den Hersteller zurück.

Wer sich für den Beruf interessiert, sollte außerdem handwerkliches
Geschick mitbringen. «Von Vorteil sind eine Ader für filigrane Arbeit
und eine rasche Auffassungsgabe», so Rost. Rechtlich ist keine
bestimmte Schulbildung vorgeschrieben. «Die Unternehmen erwarten
einen ordentlichen Schulabschluss und motivierte Bewerber mit
Interesse am Umgang mit textilem Material».

Die zweijährige Ausbildung erfolgt im Betrieb und in der
Berufsschule. Im Jahr 2017 waren nach Verbandsangaben deutschlandweit
17 junge Frauen und Männer in der Ausbildung zum Produktprüfer.
Nachwuchs wird gesucht, aber insgesamt gibt es vergleichsweise wenige
Betriebe, die Produktprüfer Textil beschäftigen.

Genau darin sieht Heinricht einen Nachteil seines Berufs. «Es gibt
nur wenige Möglichkeiten, wenn man seinen Arbeitgeber wechseln will»,
sagt er. Schwerer wiegen für ihn die Vorteile: So sind die
Materialien, die er auf Qualität prüft, sehr unterschiedlich. Je nach
Fehler entfernt er Verunreinigungen, gleicht Farbunterschiede aus und
stopft kleine Löcher im Gewebe. Abstehende Fäden zupft er mit einer
Pinzette aus. Bei Makeln im Muster greift Heinricht zu Nadel und
Faden und korrigiert sie. Entspricht die Dichte des Materials der
Vorlage? Das können Produktprüfer Textil mit einem Fadenzähler
kontrollieren.

Welche verschiedenen Textilien sowie Faser- und Fadenstoffe es gibt,
lernen Auszubildende in der Berufsschule. Dort erfahren sie auch, wie
man die Qualität der Materialien professionell beurteilt. Fächer wie
textiles Gestalten ergänzen den Stundenplan. Im Betrieb bekommen die
Auszubildenden vermittelt, wie sie Produkte anhand von Mustervorlagen
bewerten und wie sie Ursachen von Mängeln auf die Spur kommen. Trotz
aller Sorgfalt sind Fehler nicht ausgeschlossen: Reklamiert eine
Kunde ein Produkt, nehmen die Produktprüfer Textil die beanstandete
Ware unter die Lupe und klassifizieren die Mängel.

Die Fachleute halten ihre Arbeit in Prüfprotokollen fest – und werten
diese regelmäßig aus: Häufen sich die Fehler, muss das entsprechende
Produkt gegebenenfalls neu angefertigt werden. Womöglich ist eine
falsch eingestellte Maschine die Ursache – das wird dann korrigiert.

Wer sich für den Beruf entscheidet, muss sich nach der Ausbildung auf
Schichtdienst einstellen. «Gelegentlich kann auch, je nach
Auftragslage, Wochenendarbeit anfallen», sagt Heinricht. Und: Trotz
Maschinenlärm darf es kein Problem sein, konzentriert zu arbeiten und
Fehler im Material aufzuspüren.

Die Ausbildungsvergütung ist unterschiedlich. Bei tarifgebundenen
Betrieben beträgt sie laut Bundesagentur für Arbeit zwischen 765 und
925 Euro im ersten sowie zwischen 815 und 982 Euro im zweiten
Ausbildungsjahr. Nicht-tarifgebundene Unternehmen zahlen unter
Umständen weniger. Nach der Ausbildung liegt laut Bundesagentur für
Arbeit die Bruttogrundvergütung zwischen rund 2000 und 3000 Euro. Wer
weiterkommen will, kann zum Team- oder Gruppenleiter aufsteigen oder
Warenschauleiter werden. Interessierte können auch einen
berufsbegleitenden Lehrgang zum Industriemeister Textilwirtschaft
absolvieren oder staatlich geprüfter Textiltechniker werden.

Wo Heinricht beruflich eines Tages hin will, weiß er noch nicht.
«Erst einmal möchte ich meine Ausbildung beenden», sagt er. Danach
muss er nicht unbedingt bei einem Bekleidungshersteller oder in einem
Betrieb der Textilindustrie arbeiten. Es gibt noch eine andere
Option: Auch der Textileinzelhandel benötigt qualifizierte Fachkräfte
für seine Wareneingangskontrollen im Bereich der Qualitätssicherung.

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