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Was kostet ein Döner und warum? – Wirtschaft in der Schule

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Wirtschaftsthemen sind in der Schule oft nur Beiwerk – und werden in
Geschichte oder Geografie auch zu einseitig vermittelt, kritisieren
Experten. Mit einem neuen Fach will Baden-Württemberg nun Abhilfe
schaffen.

Stuttgart (dpa) – Für Schüler ist das alles Alltag: ein Handy, der
Döner zum Mittag, ein Sparbuch zu Hause. Aber warum der Döner kostet,
was er kostet? Warum ausgerechnet das Wunsch-Handy immer so teuer
ist? Und ob Sparen wirklich so eine gute Idee ist? Schüler in
Baden-Württemberg sollen auf solche Fragen künftig Antworten bekommen
– und zwar nicht nur nebenbei in Geschichte, Geografie oder
Gemeinschaftskunde. «Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung»
heißt das neue Fach, das im demnächst beginnenden Schuljahr erstmals
unterrichtet wird. Die Haupt- und Werkrealschulen, die Real- und die
Gemeinschaftsschulen machen den Anfang, die Gymnasien ziehen im
kommenden Jahr nach.

Neuland ist das nicht, weder für die Schüler noch für die Lehrer.
Auch im Südwesten wurden bisher schon wirtschaftliche Themen im
Unterricht behandelt – aber eben wie überall meist nur nebenbei in
anderen Fächern. Das soll sich nun ändern.

Der Wirtschaftsunterricht solle die Schüler dazu befähigen, sich mit
ökonomisch geprägten Lebenssituationen auseinanderzusetzen und
wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen, betont eine Sprecherin
des Kultusministeriums. Laut Bildungsplan geht es um die Rolle der
Bürger als Konsument, Geldanleger oder Kreditnehmer, um die
unterschiedlichen Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber und
natürlich auch um Steuern und staatliche Leistungen. Und eben auch um
die Berufswahl der Schüler. Alles «ganz im Sinne einer ökonomischen
Allgemeinbildung», wie das Ministerium betont.

Wirtschaftliche Themen im Schulunterricht sind in der Vergangenheit
immer wieder Anlass für Debatten gewesen – bundesweit. Auch die neue
Regierung in Nordrhein-Westfalen will an allen weiterführenden
Schulen das Fach Wirtschaft einführen. Wie die Länder mit ihrer
Bildungshoheit insgesamt mit dem Thema umgehen, darüber hat aber
selbst die Kultusministerkonferenz keinen Überblick.

Vor allem die vermittelten Inhalte stoßen bislang oft auf Kritik –
und was kritisiert wird, hängt vom Blickwinkel ab: Den Gewerkschaften
sind die Themen zu unternehmerfreundlich, auf Seiten der Arbeitgeber
ist es genau umgekehrt.

Die oft marktskeptische Darstellung – gerade in Geografie- und
Geschichtsbüchern – sei bedenklich, kritisierte etwa der Verband der
Familienunternehmer im Frühjahr. In seinem Auftrag hatten Forscher
der Universität Siegen untersucht, wie Marktwirtschaft und
Unternehmertum in deutschen Schulbüchern dargestellt werden. Und
zwar, so das Ergebnis, meist eher negativ, wenn diese Themen nur am
Rande in anderen Fächern abgehandelt werden. Der Verband fordert
deshalb die flächendeckende Einführung eines Schulfachs Wirtschaft in
ganz Deutschland.

Grundsätzlich ist auch der Deutsche Gewerkschaftsbund für die
wirtschaftliche Bildung in der Schule. Wie das neue Fach in
Baden-Württemberg nun ausgestaltet ist, gefällt ihm aber nicht so
gut. Unter anderem hätte sich der DGB eine breitere Ausrichtung und
die Einbindung des Politikunterrichts gewünscht.

Auch die Lehrergewerkschaft GEW würde sich eine stärkere
Differenzierung wünschen. «Wir wollen eine sozioökonomische Bildung,
die auch Probleme der Wirtschaft beinhaltet», sagt die Leiterin des
Vorstandsbereichs Schule, Ilka Hoffmann. Diese Themen, zum Beispiel
Fluchtursachen oder die Prekarisierung der Arbeit, würden aber
ausgeblendet. «Es wird so getan, als werde jeder Unternehmer.» Das
hält die GEW für zu kurz gesprungen.

Wie der Unterricht nun aussehen wird, kann so genau noch niemand
sagen. Zum Teil liefen noch die Fortbildungen der Lehrer, heißt es
aus dem Ministerium. Die Fragen zu Döner, Handy und Sparbuch stammen
erst einmal nur aus einem Beispiel-Lehrplan, den die Lehrer umsetzen
können – aber nicht müssen.

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