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Von Arbeitszeit bis Abbruch: Das Wichtigste rund ums Praktikum

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Mal freiwillig, mal als Pflichterfüllung: Mit Praktika sammeln
Studierende Berufserfahrung. Aber wie finden sie das richtige
Praktikum? Welche Rechte haben sie dabei? Und was, wenn sich die
erhoffte Schnupperei als Reinfall erweist?

Überlingen/Berlin (dpa/tmn) – Ob Geistes- oder Naturwissenschaften,
Jura oder Lehramt: Praktika sind in vielen Studiengängen Pflicht. Und
selbst ohne Zwang nutzen viele Studierende ihre vorlesungsfreie Zeit,
um den Arbeitsalltag kennenzulernen. Die wichtigsten Fragen und
Antworten dazu im Überblick:

Warum sind Praktika sinnvoll?

«Ein Praktikum dient vor allem dazu, praktische Arbeitserfahrungen zu
sammeln, die im eher theoretischen Studium nicht vermittelt werden»,
erklärt Birgit Adam. Sie ist Autorin des Ratgebers «Chance Praktikum»
der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Im besten Fall lernt man
in einem Praktikum den ganz normalen Arbeitsalltag kennen, sagt sie –
mit allen positiven und negativen Seiten. Praktika sind zudem eine
gute Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen: «Wer in einem Unternehmen
schon einmal einen guten Eindruck gemacht hat, hat später bei der
Stellensuche bereits einen Fuß in der Tür.»

Wo finde ich das richtige Praktikum?

Jutta Boenig empfiehlt dafür vor allem Messen. Denn dort können
Interessenten direkt mit einem Unternehmen in Kontakt kommen, erklärt
die Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für
Karriereberatung (DGfK). Alternativ wenden sie sich ans Career Center
ihrer Hochschule. Gerade für Geisteswissenschaftler lohnt sich auch
ein Blick in die Newsletter von Unternehmen, auch Plattformen wie
Xing und Linkedin können weiterhelfen. Generell gelte: «Praktika
kommen nicht von alleine.»

Worauf kommt es in der Bewerbung und beim Vorstellungsgespräch an?

«Ganz klar: Man muss über die Firma Bescheid wissen, bei der man sich
bewirbt», sagt Boenig. Bewerber sollten in ihren Unterlagen und dem
Gespräch außerdem ihre Persönlichkeit und ihre Motivation zeigen
sowie möglichst den Mehrwert, den sie für das Unternehmen mitbringen.
«Ein Geisteswissenschaftler möchte vielleicht das theoretische Wissen
aus dem Studium mit der Praxis verknüpfen. Dazu kann er das
Unternehmen mit dem Denken der jungen Generation bereichern.»

Bekomme ich Geld für ein Praktikum?

Generell gilt der Mindestlohn von 8,84 Euro auch für Praktikanten. Es
gibt aber Ausnahmen: Handelt es sich etwa um ein Pflichtpraktikum im
Rahmen des Studiums, müssen Unternehmen keinen Mindestlohn zahlen.
Was für ihr Praktikum gilt, können Studierende mit einem Online-Test
des Bundesarbeitsministeriums herausfinden. Achtung: Geld für ein
Praktikum zählt als Einkommen, etwa beim Bafög. Um Rückzahlungen im
Nachhinein zu vermeiden, rät der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB),
das zuständige Amt im Voraus über die Einnahmen zu informieren.

Welche Rechte habe ich?

Für Praktikanten gilt wie für andere Arbeitnehmer auch das
Arbeitszeitgesetz: Pro Tag dürfen sie demnach höchstens acht, in
Ausnahmefällen auch bis zu zehn Stunden arbeiten, dazu kommt ein
grundsätzliches Recht auf Pausen. Und wie andere Arbeitnehmer haben
Praktikanten ebenfalls das Recht auf ein qualifiziertes Zeugnis.

Bin ich während meines Praktikums versichert?

Wie und in welcher Form man im Praktikum sozialversicherungspflichtig
wird, hängt nicht nur vom Verdienst ab. Auch hier macht es einen
Unterschied, ob das Praktikum Pflicht oder freiwillig ist, erklärt
Adam. Es lohnt sich also, vorher beim Arbeitgeber nachzufragen. Immer
Pflicht ist dagegen die Krankenversicherung. «Hier empfiehlt es sich,
die Versicherungslage vor Beginn eines Praktikums mit der jeweiligen
Krankenkasse durchzusprechen», rät Adam deshalb.

Was muss ich bei einem Auslandspraktikum beachten?

Vor allem muss man mit der Planung rechtzeitig beginnen, sagt Adam.
«Mindestens ein Jahr Vorlaufzeit sollte man hier einkalkulieren.» In
Ländern, die nicht zur EU gehören, sind zum Beispiel
Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis Pflicht – das muss erst
organisiert werden. «Auf keinen Fall sollte man mit einem
Touristenvisum zum Beispiel in die USA einreisen und dann dort auf
eigene Faust einen Praktikumsplatz suchen. Das ist streng verboten
und kann zu einer sofortigen Ausweisung und einem späteren
Einreiseverbot führen», warnt die Expertin.

Wie viele Praktika sind überhaupt sinnvoll?

Pauschal könne man diese Frage nicht beantworten, sagt Boenig.
«Wichtig ist, sich nicht zu verzetteln.» Am Anfang seien Praktika
gut, um sich auf dem Arbeitsmarkt zu orientieren, später sollte ein
roter Faden im Lebenslauf erkennbar sein. Das kann dann auch
bedeuten, nicht mehr jedes Praktikum mitzunehmen. «Nach jedem
Praktikum sollte man reflektieren: Was habe ich gelernt? Was ist der
nächste Schritt?»

Was muss ich zum Start ins Praktikum beachten?

«Am ersten Tag gilt: gucken, gucken, gucken», sagt Boenig.
«Besserwisser kommen in keinem Betrieb gut an. Deshalb sollte man
sich mit Sätzen wie «Das habe ich in der Uni ganz anders gelernt»
zurückhalten.» Fragen seien dagegen schon erwünscht. Und auch ein
Ein- oder Ausstand komme bei den Kollegen meist gut an.

Was, wenn es gar nicht läuft – abbrechen?

«Durchhaltevermögen ist im Praktikum schon gefragt», sagt Boenig.
«Man sollte sich auf den Betrieb einlassen und kann immer etwas
lernen.» Trotzdem kann es vorkommen, dass ein Praktikum überhaupt
nichts ist und man abbrechen möchte. Vorsicht: Während freiwillige
Praktika auch bei der Kündigung wie normale Arbeitsverhältnisse
behandelt werden, sind Studenten im Pflichtpraktikum zusätzlich an
die Studienordnung gebunden. Deshalb sollten sie sich laut DGB bei
einem Abbruch mit ihrem Studierendensekretariat in Verbindung setzen.

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