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Ohne uns läuft nichts: Arbeiten bei den Wasserwerken

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Den Hahn auf, den Hebel hoch, und schon fließt Wasser aus der
Leitung. Kaum einer denkt über diesen Handgriff nach – sauberes
Trinkwasser ist in Deutschland eine Selbstverständlichkeit. Doch
dahinter steckt eine Menge Arbeit von vielen verschiedenen Profis.

Berlin (dpa/tmn) – Rund eine Badewanne voller Wasser verbraucht jeder
Bundesbürger im Schnitt pro Tag. 123 Liter waren es 2015, sagt Daniel
Wosnitzka, Pressesprecher des Deutschen Vereins des Gas- und
Wasserfaches (DVGW). Damit dieses ganze Wasser in einwandfreier
Qualität aus der Leitung fließt, sind die Mitarbeiter von
Wasserwerken und Wasserversorgern Tag und Nacht im Einsatz –
überwiegend in technischen, aber auch in kaufmännischen Berufen. Das
Spektrum der Jobs reicht von klassischen Lehrberufen bis zu
Studiengängen.

Das Rückgrat der Belegschaft bilden meistens die Fachkräfte für
Wasserversorgungstechnik: Beim Zweckverband Landeswasserversorgung in
Stuttgart (LW) stellen sie mit einem knappen Drittel zum Beispiel
einen Großteil der Beschäftigten. «Es ist ein sehr vielfältiger
Beruf», sagt Unternehmenssprecher Bernhard Röhrle. Unter anderem sind
die Fachkräfte dafür zuständig, dass immer hygienisch einwandfreies
Wasser in den Leitungsrohren ankommt. Sie bedienen, überwachen und
warten die Anlagen, die Wasser fördern, aufbereiten oder verteilen.

Mitunter sitzen sie auch in der Zentrale am Computer, der das
Wasserversorgungssystem steuert. «Wenn beispielsweise nach einem
spannenden Fußballspiel alle Menschen auf die Toilette springen,
müssen sie schauen, dass der Betrieb weiterläuft und genügend Wasser
nachfließt», erläutert Röhrle.

Die Fachkraft für Wasserversorgungstechnik ist ein klassischer
Ausbildungsberuf. Bei den meisten Wasserwerken gibt es aber noch
andere Azubis – darunter der Bauzeichner, der Chemielaborant, der
Elektroniker für Betriebstechnik oder der Kaufmann für
Büromanagement. Auch Hochschulabsolventen arbeiten in den Betrieben –
vor allem Bauingenieure, aber auch IT-Betreuer, Elektro- und
Vermessungsingenieure.

Jenseits des Fachwissens sind dort vor allem die berühmten Soft
Skills gefragt. «Man sollte im Team arbeiten können», sagt Dana
Buchholz, Leiterin des Bereichs Personalmanagement bei den Berliner
Wasserbetrieben. «Man muss für das Unternehmen brennen – unsere
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind alle stolz darauf, für die
Wasserbetriebe arbeiten zu dürfen.» Mit fast 4500 Beschäftigten sind
die Berliner Betriebe das größte städtische
Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland.

Für sauberes und gesundes Trinkwasser zu sorgen, ist eine große
Verantwortung. Hohe Motivation und Zuverlässigkeit sind deshalb in
allen Tätigkeitsbereichen Voraussetzung. Aber auch fundierte
Fachkenntnisse werden immer wichtiger – auch in scheinbaren Nischen.
«Die Struktur in der Wasserversorgung verändert sich seit den letzten
Jahren deutlich, weil die Anforderungen immer komplexer werden»,
erklärt Röhrle. «Bei den heutigen Anforderungen an Wasserqualität und
Aufbereitung müssen sich die Leute mehr und mehr spezialisieren.»

Das bestätigt auch Dana Buchholz: «Die Aufgabengebiete sind viel
komplexer und umfangreicher geworden. Vorrangig haben sich die
Bereiche Technologie und Innovation herausgebildet, dazu gehören
Automatisierung, Digitalisierung und Steuerungstechnik.»

Ole Braukmann, Pressesprecher bei Hamburg Wasser, sieht in der
Digitalisierung eine große Herausforderung. «Wir können noch gar
nicht so recht vorhersagen, wo das in unserem Arbeitsumfeld überall
eine Rolle spielen wird», sagt er. «Aber klar ist: Alles, was
digitalisiert werden kann, wird irgendwann digitalisiert.» Bisher
haben zum Beispiel vier Mitarbeiter in einem Betrieb überprüft, ob
die Gullis verstopft sind. Das übernehmen in Zukunft vielleicht
internetfähige Sensoren. «Dann bräuchten wir einen weniger zum
Reinigen, dafür aber einen mehr, der den digitalen Prozess steuert.»

Bei Hamburg Wasser wird sich laut Braukmann im Jahr 2030 die Hälfte
der jetzigen Belegschaft im Ruhestand befinden. Kein Einzelfall: Auch
andere Wasserversorger müssen kräftig nachbesetzen. «Der Wettbewerb
um talentierte junge Mitarbeiter wird sich zukünftig auch für die
Unternehmen der Wasserwirtschaft verschärfen», prognostiziert
DVGW-Sprecher Wosnitzka. Bei den Berliner Wasserbetrieben gebe es
zwar noch keinen Bewerbermangel, sagt Buchholz. Dennoch rücke auch
hier das Problem des Fachkräftemangels näher.

Eine Herausforderung dabei: Viele Arbeitgeber in der freien
Wirtschaft zahlen besser als öffentliche Wasserversorger. Dafür
punkten die Betriebe mit weichen Faktoren, sagt Ole Braukmann. «Wer
dort arbeitet, tut etwas Gutes für seinen Heimatort, diese lokale
Verankerung ist vielen Mitarbeitern sehr wichtig.»

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