Düsseldorf (dpa) – Am «Turbo-Abitur» nach nur zwölf Schuljahren
scheiden sich die Geister. Nachdem sich fast alle Bundesländer in den
vergangenen 15 Jahren dem internationalen Standard von acht Jahren
Gymnasium (G8) angeschlossen hatten, rumort es jetzt vielerorts
wieder. Erste Regierungen gehen oder erwägen den Schritt zurück zu G
9, andere erproben Mischformen – ein deutscher Flickenteppich.
BAYERN plant, den Gymnasien die Rückkehr zu G9 freizustellen.
Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) erwägt dies aber erst ab dem
Schuljahr 2018/19. Den Schulen soll bei der Entscheidung keine
Vorgabe gemacht werden. Weder zum Zeitpunkt noch zur Art. Auch beide
Varianten an einer Schule sollen demnach möglich sein.
BADEN-WÜRTTEMBERG bleibt auch unter grün-schwarzer Landesregierung
grundsätzlich bei G8 und bei 44 Schulversuchen mit G9. Die Schulen
mit neun Klassen sind überfüllt. Eine Petition des
Philologenverbandes für die freie Wahl der Schulen für G8 oder G9 war
nicht erfolgreich. Dabei hatte sich die CDU im Wahlkampf noch für die
Ausweitung neunjähriger Züge ausgesprochen.
BERLIN/HAMBURG: Eltern, die 13 Schuljahre bis zum Abitur
bevorzugen, können ihre Kinder an integrierten Schulformen wie
Stadtteilschulen anmelden. An Gymnasien wird das Abitur nach 12
Jahren abgelegt.
BREMEN: An den Gymnasien wird in der Regel der G8-Bildungsgang
angeboten. Ein Gymnasium im kleinsten Bundesland bietet G9 an. An den
Oberschulen besteht die Möglichkeit, alle allgemeinbildenden
Abschlüsse zu erlangen, auch das Abitur in der G8- oder G9-Form.
Abitur können Schüler zudem an Freien Waldorfschulen erwerben, dort
sind es neun Jahre – wenn man vier Jahre Grundschulzeit abzieht.
HESSEN hat mit dem Schuljahr 2013/14 Wahlfreiheit der Gymnasien
zwischen G8 und G9 eingeführt. Durchgängig gilt sie derzeit aber nur
für Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 7. Für ältere Schüler ist G8 an
Gymnasien noch weitgehend verpflichtend. Rund 75 Prozent der neuen
Gymnasiasten in Hessen werden das Abitur wieder nach neun Jahren
ablegen. Es gibt derzeit noch 29 Gymnasien und drei kooperative
Gesamtschulen mit G8-Angebot.
NIEDERSACHSEN kehrte nach den Sommerferien 2015 als erstes Bundesland
komplett zum Abi nach 13 Schuljahren zurück. Leistungsstärkeren
Schülern soll aber weiter die Möglichkeit eingeräumt werden, schon
nach 12 Jahren das Abitur zu machen.
NORDRHEIN-WESTFALEN bietet beide Optionen: Neben 612 Gymnasien mit 12
Schuljahren gibt es ähnlich viele Alternativen an über 500 weiteren
Schulen für das Abi nach 13 Jahren – etwa an 203 Gesamtschulen, 223
Berufskollegs sowie 12 Gymnasien im Modellversuch.
RHEINLAND-PFALZ war als einziges West-Bundesland nicht auf den Zug
aufgesprungen, G8 flächendeckend als einzige Gymnasialform
einzuführen. Es gibt dort G8-Ganztagsgymnasien,und schon immer gab es
für gute Schüler die Möglichkeit, das Abitur nach 8 Gymnasialjahren
an einem 9-jährigen Gymnasium abzulegen. Die Regel sind aber 9 Jahre.
SAARLAND hat ein Zwei-Säulen-Modell: Am Gymnasium gibt es das Abitur
nach 12 Schuljahren, an der Gemeinschaftsschule nach 13 Jahren.
SCHLESWIG-HOLSTEIN bietet Wahlfreiheit für die Schulträger, meist die
Kommunen. In der Regel bieten die Gymnasien das Turbo-Abi an.
NEUE BUNDESLÄNDER: Hier wird das Abitur an den Gymnasien in der Regel
nach 12 Schuljahren abgelegt.