Berlin (dpa) – Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hat
sich in einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) besorgt über die
Ausstiegsdebatte aus der Braunkohleverstromung geäußert. «Unsere
Stabilität in der Energieversorgung wird fahrlässig riskiert, wenn
Gutachten wie das der Agora Energiewende suggerieren, die
Versorgungssicherheit könnte auch ohne Braunkohleverstromung in jedem
Fall gewährleistet werden», heißt es in dem Schreiben vom Montag, das
der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. «Diese Aussagen beruhen auf
nicht haltbaren Annahmen.»
Einer Studie der Denkfabrik Agora Energiewende zufolge würde das
Abschalten der 20 ältesten Braunkohlekraftwerke, wie dies die Grünen
fordern, die Stromversorgung nicht gefährden. Deutschland würde sich
dadurch nicht von Stromimporten abhängig machen, es müsste lediglich
seine Stromexporte reduzieren, hatte die «Bild»-Zeitung berichtet.
Tillich schrieb nun an die Kanzlerin: «Zum einen wird in der Debatte
oft unterstellt, zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit könne
einfach im Bedarfsfall Strom von unseren europäischen Nachbarn
importiert werden. Tatsächlich ist es jedoch so, dass für den
deutschen Strommarkt insgesamt nach 2020 ein Leistungsbilanzdefizit
erwartet werden muss.» Bereits jetzt seien Länder wie Frankreich oder
Großbritannien auf Stromimporte angewiesen. Diese und andere Länder
würden in europaweiten Spitzenlastzeiten keinen Strom zur Verfügung
stellen können.
«Zum anderen werden in dem Gutachten potenzielle Produktionsmengen
systematisch überschätzt, während der Strombedarf methodisch
unterschätzt wird.» Agora gehe von einer bis 2023 gleichbleibenden
Spitzenlast aus. Dies widerspreche aller Erfahrung. Tillich schloss
mit der Warnung, «die Versorgungssicherheit in Deutschland auf Basis
interessengeleiteter Gutachten zu riskieren».