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Servicefahrer haben den direkten Draht zum Kunden

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Ankommen, abliefern, abfahren: So läuft es bei Servicefahrern nicht.
In ihrem Job geht es auch darum, Kontakt zu Kunden zu halten. Die
Zahl der Auszubildenden geht allerdings zurück, unter anderem weil es
reichlich Konkurrenz gibt – aus anderen Branchen und der Zukunft.

Hameln/Bonn (dpa/tmn) – Den ganzen Tag drinnen zu sitzen, das ist
nichts für Andreas Bernacisko. Er ist gerne unterwegs und kommt mit
Menschen ins Gespräch. Die Ausbildung als Servicefahrer bei MEWA in
Hameln bietet beides: Einerseits geht es darum, Waren pünktlich
auszuliefern. Anderseits haben Servicefahrer die Aufgabe,
Kundenkontakte auf- und auszubauen. Bernaciskos Arbeitgeber ist der
MEWA Textil-Service in Hameln. Das Unternehmen mit Hauptsitz in
Wiesbaden liefert Berufskleidung, Putztücher, Handtuchrollen und
Fußmatten an Unternehmen, wäscht und pflegt diese.

Aufgabe der Servicefahrer bei MEWA ist es, einmal pro Woche dreckige
Textilien abzuholen und saubere auszuliefern. «Da kann eine geniale
Kundenbindung entstehen», sagt Jens Edler, Ausbilder und Leiter der
MEWA-Fuhrparklogistik in Hameln. Die Servicefahrer haben zwar einen
engen Zeitplan: «Das sind keine Kaffeetrink-Termine.» Aber die Zeit
reicht, um sich akuter Bedürfnisse anzunehmen und auch mal zu sagen:
«Da könnte noch eine Fußmatte von uns liegen.»

In den ersten Monaten seiner Ausbildung hat Bernacisko unter anderem
die Putztuchhalle, den Bekleidungsbereich und die Werkstatt
kennengelernt. Nun fiebert er seinem zweiten Ausbildungsjahr
entgegen: Dann wird der 24-Jährige seinen Lkw-Führerschein machen und
kann alleine fahren.

Die Azubis lernen Touren zu planen, Waren zu prüfen, Fahrzeuge sicher
zu beladen und Lieferscheine sowie Reklamationen anzunehmen. «Draußen
ist kein Tag wie der andere», sagt Edler. Manchmal gerate man etwa an
unzufriedene Kunden. «Dann ist man als Servicefahrer der, der es als
Erster abbekommt. Wichtig ist dann, dass man das nicht persönlich auf
sich bezieht.» Solche Herausforderungen zu meistern, gehört dazu –
genauso wie der Spaß am Fahren.

Aber Kilometer zu schrubben, ist nicht alles. «Derjenige, der
eigentlich nur Lust hat zu fahren, sollte Berufskraftfahrer werden»,
sagt Edler. Bei Servicefahrern seien die Touren in der Regel kürzer
als bei Kraftfahrern. «Der Trucker wohnt quasi in seinem Fahrzeug»,
sagt Edler. Ein Servicefahrer bei MEWA sei nur ein bis zwei Tage
unterwegs und werde nachts im Hotel untergebracht. «Damit er auch am
zweiten Tag sauber, rasiert und vernünftig wieder vor den Kunden
stehen kann.»

Auch die Bezahlung der Servicefahrer sei besser, betont Edler: Bei
MEWA verdienen sie als Berufseinsteiger im ersten Jahr laut
Tarifvertrag zwischen 2200 und knapp 2600 Euro. In der Ausbildung
bekommen Servicefahrer laut Bundesagentur für Arbeit und je nach
Bundesland zwischen 619 und 675 Euro im ersten und 688 bis 745 Euro
im zweiten Lehrjahr.

Meist arbeiten Servicefahrer bei mittelständischen Unternehmen:
Sanitätshäuser, Anbieter von Tiefkühlkost, Lebensmittelhändler oder
Wäschereien. Die Ausbildung gibt es seit 2005. Mit 60 neu
abgeschlossenen Ausbildungsverträgen im Jahr 2016 ist der
Servicefahrer einer der kleineren Ausbildungsberufe – Tendenz
sinkend. 2008 waren es noch 213, berichtet Johanna Telieps vom
Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn. Sie vermutet, dass
die sinkenden Zahlen mit der Konkurrenz durch andere Ausbildungswege
zu tun haben – unter anderem gibt es die wesentlich schneller zu
absolvierende Prüfung Grundqualifikation an der IHK.

Im Vergleich zum dreijährigen Weg zum Berufskraftfahrer ist die
Ausbildung zum Servicefahrer mit ihren zwei Jahren aber wiederum
spürbar kürzer. Dadurch, dass die Ausbildung nicht so theorieintensiv
ist, sei sie auch für eher praktische begabte Schüler geeignet, so
Telieps.

Vor allem größere, international aktive Systemlogistiker, die nur
geringe Löhne zahlen wollen, suchen ihre Mitarbeiter jedoch eher im
ungelernten Bereich, sagt Reinhard Kuhn, Geschäftsführer von Optimal
Kurier in Freiberg am Neckar. Er ist Mitglied des Bundesverbands der
Kurier-Express-Post-Dienste (BdKEP) und engagiert sich dafür, dass
Arbeitsbedingungen verbessert und Mitarbeiter besser qualifiziert
werden. «Die Branche hat keinen guten Ruf», erklärt Kuhn.

Gerade im Bereich der Kurier-, Express- und Post-Dienste seien jedoch
Spezialisten gefragt, die sich mit den aktuellen Herausforderungen
beschäftigen. In den vergangenen zehn Jahren sei durch die rasante
Entwicklung des Online-Handels die Zahl der Einzelsendungen
gestiegen. Der klassische Speditionsbetrieb sei darauf nicht
ausgerichtet. Hinzu komme die Digitalisierung der Branche: Fahrer
müssen mit Scanner, Smartphone und digitalisierten Systemen umgehen
können. Einzelne Lieferungen digital zu verfolgen, sei die große
Herausforderung, sagt Reinhard Kuhn. «Die Praxis hat sich extrem
verändert.»

Fachkräfte in der Branche müssen daher flexibel bleiben und sich
weiterentwickeln – alleine schon, falls irgendwann ein
selbstfahrender Lkw den eigenen Job bedroht. Entsprechende
Möglichkeiten gibt es auch für Servicefahrer: Jens Edler von MEWA
berichtet etwa, dass einige seiner Absolventen inzwischen als
Kundenberater arbeiten. So etwas wie eine Meisterausbildung gibt es
zwar nicht, sagt Stefan Huth, Leiter der Fuhrparklogistik bei MEWA in
Wiesbaden. «Aber uns gelingt es, den Absolventen eine betriebliche
Karriere zu ermöglichen.

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