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Schulden für das Studium: So läuft die Bafög-Rückzahlung

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Mit Bafög finanzieren viele junge Leute zumindest Teile von Studium
oder Ausbildung. Geschenkt gibt es das Geld aber nicht: Fünf Jahre
später will der Staat bis zu 10 000 Euro davon zurück. Und dann
sollte man reagieren – sonst wird es teurer.

Köln (dpa/tmn) – 44 100 Euro. Mehr Bafög gibt es zurzeit nicht. Der
Höchstsatz liegt nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bei 735
Euro pro Monat, die maximale Dauer sind in der Regel 60 Monate. Doch
das bedeutet nicht, dass Bafög-Empfänger mit gut 40 000 Euro Schulden
ins Berufsleben starten. «Bafög wird zur Hälfte als Darlehen und zur
Hälfte als Zuschuss gezahlt», sagt Bernhard Börsel, Experte für das
Thema beim Deutschen Studentenwerk in Berlin. Und wenn es an die
Rückzahlung geht, ist der Betrag gedeckelt: Maximal 10 000 Euro
müssen an das Bundesverwaltungsamt überwiesen werden, längstens über
20 Jahre – wenn die Förderung nach dem 28. Februar 2001 begonnen hat.

Zurückzahlen müssen alle, die als Studenten Bafög bezogen haben und
an einer Hochschule, einer höheren Fachschule oder einer Akademie
eingeschrieben waren. Derzeit sind das rund 500 000 Menschen. Ähnlich
verhält es sich beim Meister-Bafög, nur das Schüler-Bafög wird als
sogenannter Vollzuschuss gewährt – ganz ohne Rückzahlung also. Die
Studentenwerke zahlen das Geld für eine Höchstdauer. Sie richtet sich
nach der Regelstudienzeit, die in der Studien- oder Prüfungsordnung
des jeweiligen Studienfachs festgelegt ist.

Nach den Prüfungen ist aber erstmal Ruhe. Niemand muss direkt mit der
Abschlussfeier die erste Rate abstottern: Erst viereinhalb Jahre nach
Ende des ersten Studiums, also in der Regel nach dem Bachelor-Examen,
bekommen die Absolventen einen Brief aus Köln. Das dortige
Bundesverwaltungsamt (BVA) ist in Deutschland die zentrale Stelle für
die Rückzahlung des zinslosen Darlehens.

«Und das kann auch schon das erste Problem sein», sagt der dortige
Bafög-Experte Thorsten Rolfes. Denn nicht selten sind die
Studierenden unbekannt verzogen. «Wenn wir sie erst ermitteln müssen,
fällt gleich eine Gebühr von 25 Euro an», sagt er. Darum rät er
Bafög-Empfängern, das Amt immer über die aktuelle Adresse zu
informieren.

Gegen den Feststellungsbescheid können die Empfänger einen Monat lang
Widerspruch einlegen. Machen sie das nicht, ist er gültig. «Die
Absolventen sollten vom Bafög-Antrag an alle ihre Bescheide abheften
und dann die Darlehenssumme überprüfen, wenn der Brief aus Köln
kommt», rät Börsel.

Und dann gibt es verschiedene Varianten, das Geld zurückzuzahlen. Am
günstigsten fährt, wer die maximal 10 000 Euro auf einen Schlag
zurückzahlen kann. Denn dann gewährt das BVA einen Nachlass von 28,5
Prozent. «Auch bei kleineren Beträgen wird in 500-Euro-Schritten ein
Nachlass gewährt. Der Tilgungsplan und ein Angebot zur vorzeitigen
Tilgung liegen dem Feststellungsbescheid bei», erklärt Rolfes.

Wer sich aufgrund seiner Einkommenssituation für eine Rückzahlung in
Raten entscheidet, hat dafür bis zu 20, in besonderen Fällen sogar
bis zu 30 Jahre Zeit. Arbeitslosigkeit, ein geringes Einkommen oder
Kinder sind mögliche Gründe, aus denen ein Bafög-Empfänger die
Zahlungen für einen befristeten Zeitraum aussetzen oder reduzieren
kann. Wer in Insolvenz gehen muss, ist zudem verpflichtet, das
Bundesverwaltungsamt in die Gläubigerliste aufzunehmen.

Normalerweise verlangt das Amt Raten von 105 Euro pro Monat – 315
Euro im Quartal also. Wer mit seinen Zahlungen in Verzug ist, muss
sich auf deftige Verzugszinsen einstellen. «Dann werden sechs Prozent
Zinsen fällig, und zwar auf die Gesamtschuld des Darlehens», sagt
Rolfes.

Streitfälle gibt es so gut wie nicht mehr, weil in den vergangenen
Jahren zahlreiche Sonderregelungen abgeschafft wurden. «Die
Teilerlässe für besonders schnelle oder besonders gute Studierende
gibt es nicht mehr», sagt Wilhelm Achelpöhler, der als Rechtsanwalt
auf Fälle der Ausbildungsförderung spezialisiert ist. Auch dass der
Brief vom Bundesverwaltungsamt tatsächlich nicht ankommt, ist recht
unwahrscheinlich – selbst wenn die Studentenwerke keine korrekte
Adresse mehr haben.

Streit um die finanzielle Unterstützung der Ausbildung gibt es
inzwischen eher zwischen Eltern und Kindern – nämlich dann, wenn
erstere sich als nicht unterhaltspflichtig ansehen. «Das haben wir
gar nicht so selten, vor allem wenn Vater und Mutter getrennt sind»,
sagt Achelpöhler. Für Studierende gibt es dann die Möglichkeit,
sogenanntes Bafög im Wege der Vorausleistung zu beantragen. «Damit
wird der Unterhaltsanspruch an die Eltern dem Bundesland übertragen»,
erläutert der Anwalt. Zurückzahlen müssen Studenten dieses Bafög dann
eventuell nicht.

Der Grund: Das Amt für Ausbildungsförderung versucht in solchen
Fällen, den Unterhaltsanspruch gegen die Eltern durchzusetzen,
erklärt Achelpöhler. Gelingt das, reduziert sich automatisch auch die
Darlehensschuld – die Vorausleistung müssen Studierende später also
nicht zurückzahlen. Ist das Amt allerdings zurückhaltend beim
Durchsetzen des Unterhaltsanspruchs, könne der Student dies dem
Rückforderungsanspruch entgegenhalten. «Dafür muss er natürlich gegen
den Festsetzungsbescheid Widerspruch einlegen.»

Alles ganz einfach also? Für Studierende offenbar nicht: Noch immer
scheuen sich junge Leute, Schulden für ein Studium aufzunehmen. Das
hat die aktuelle Sozialerhebung des Studentenwerks ans Licht
gebracht. Doch das braucht beim Bafög niemand, betont Börsel. Die
Rückzahlung der Ausbildungsförderung unterliege klaren, transparenten
Regeln – und hat nur noch wenig Streitpotenzial. Und nach wie vor ist
das Bafög als Darlehen zinslos. «So günstig bekommt man nirgendwo
sonst eine Finanzierung, wenn man sie braucht.»

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