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Schornsteinfeger: Abwechslungsreicher Job für Schwindelfreie Von Verena Wolff

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Schornsteinfeger sorgen für saubere Kamine – aber sie haben auch eine
Reihe anderer Aufgaben. Dabei arbeiten sie in luftiger Höhe,aber auch
in Häusern und Kellern. Und wenn sie dann Meister sind, können sie
sogar einen ganzen Bezirk betreuen.

Berlin (dpa/tmn) – Selina Reimers liebt es, hoch oben unterwegs zu
sein, über die Dächer Berlins zu schauen und dabei ihren Job zu
lernen. Die 21-Jährige wird Schornsteinfegerin. «Das Tollste an dem
Beruf ist eigentlich die Abwechslung, denn man verbringt ja nicht die
ganze Zeit beim Kaminkehren», sagt sie.

Ein Schornsteinfeger ist viel unterwegs und berät Menschen, erledigt
auch Büroarbeit – und kümmert sich natürlich um die Schornsteine. Das
Säubern der Kamine gewährleistet die Sicherheit der Menschen und
schont die Umwelt. Selina Reimers liebste Arbeit: das Ausbrennen
eines Kamins. «Da sorgen wir mit einer 1000 Grad heißen Flamme dafür,
dass alle Verschmutzungen weggebrannt werden», sagt sie.

Früher galten Schornsteinfeger als Glücksbringer. Sie sorgten dafür,
dass keine Rußbrände ausbrachen und zu Feuersbrünsten führten. Daraus
ist ein Aberglaube erwachsen, der bis heute anhält – sogar in
Großstädten wie Berlin. «Immer wieder bleiben Leute stehen, wenn sie
uns in unserem Kehranzug sehen und wollen uns die Hand schütteln»,
erzählt Selina Reimers.

Im schwarzen Anzug ist sie allerdings nur etwa sechs bis sieben
Wochen im Jahr unterwegs. Sonst trägt sie einen modernen, schwarzen
Messanzug oder eine Jeans in der Berufsschule. Jede Woche geht Selina
Reimers in Berlin zur Schule. Auszubildende außerhalb der Großstädte
haben dagegen meistens Blockunterricht.

Die Fächer Chemie, Mathe und Deutsch spielen in der Berufsschule eine
große Rolle. Das seien die Fächer, in denen man in der Schule nicht
allzu schlecht gewesen sein sollte, sagt Stephan Langer, Vorstand des
Bundesverbandes des Schornsteinfegerhandwerks (ZIV).

Neben diesen Fächern gibt es noch die sogenannte überbetriebliche
Lehrlingsunterweisung. Dabei erkunden die Auszubildenden Bereiche,
die bei ihrer täglichen Arbeit nicht direkt eine Rolle spielen. Dabei
geht es auch um Gifte und Altlasten wie Asbest. Auch mit
Energieberatung sollten sich «Schlotfeger» inzwischen auskennen.

Angehende Schornsteinfeger brauchen laut Stephan Langer vor allem
Kommunikationsfähigkeit und -willen: «Den Großteil unserer Zeit
verbringen wir in den Häusern und Wohnungen von Menschen.» Sie
sollten außerdem offen, ehrlich und zuverlässig sein, sagt Henry
Vinke, Regionalsekretär Nord des Zentralverbandes Deutscher
Schornsteinfeger. «Und sie sollten nicht auf den Mund gefallen sein»,
ergänzt er.

Rund 20 000 Schornsteinfeger gibt es in Deutschland, gut 2000 junge
Leute lernen den Beruf. «Wir haben einen Frauenanteil von 10 bis 15
Prozent, das gehört zu den höchsten in den Bauberufen im Handwerk»,
sagt Stephan Langer. Und: Der Schornsteinfeger ist einer von jenen
Berufen, bei denen ein Meistertitel beim Eröffnen einer eigenen Firma
zwingend notwendig ist.

Soziale Handlungskompetenz, technische Fähigkeiten und
Schwindelfreiheit – das sind Fähigkeiten, die jeder Schornsteinfeger
braucht. «Fit wird man in dem Job automatisch, wenn man auf Dächer
geht, sich durch Dachfenster zwängen muss und dann eine
Fünf-Kilo-Kugel durch den Schornstein lässt», sagt Langer.
Allerdings: So schwierig wie früher sei der Beruf nicht mehr.

Der Verdienst während der Ausbildung ist nicht üppig: 429 Euro
monatlich im ersten Jahr, 486 im zweiten und 567 Euro im dritten
Ausbildungsjahr verdienen angehende Schornsteinfeger
durchschnittlich. Das zeigen Daten des Bundesinstituts für
Berufsbildung.

Nach der bestandenen Prüfung stehen den Gesellen verschiedene Wege
offen: Sie können in einem Schornsteinfeger-Meisterbetrieb ihrem
Handwerk nachgehen oder die Meisterprüfung in Angriff nehmen. «Das
kann man theoretisch sofort nach der bestandenen Gesellenprüfung
machen. Sinnvoll ist aber, erst eine Weile Praxis im Betrieb zu
sammeln», sagt Langer.

Auch Selina Reimers denkt darüber nach, einen Meister zu machen. Doch
zunächst will sich die Auszubildende auf ihre Prüfungen
konzentrieren. Untergebracht werden nach Henry Vinkes Worten so gut
wie alle Gesellen. Auch Unternehmen, die Öfen, Kamine oder
Schornsteine bauen, suchen Fachleute.

Ein paar Prozent verliere das Handwerk an die Hochschulen, sagt
Stephan Langer. In einigen Bundesländern gibt es Klassen, in denen
man mit der Ausbildung die Fachhochschulreife erlangt. Wer die
Meisterprüfung bestanden hat, kann ohnehin an jeder Hochschule
studieren. «Die meisten gehen dann Richtung Ingenieurwissenschaft,
einige studieren Umwelt- oder Versorgungsingenieur, andere
Maschinenbau», sagt Langer.

Meister können sich um einen ganzen Bezirk bewerben, vergeben werden
die für sieben Jahre. «Dann ist man bevollmächtigter Schornsteinfeger
und gleichzeitig eine Behörde, denn man erlässt einen
Feuerstättenbescheid», so Langer. Und auch ein Meister lernt nie aus.
Weiterbildungen sind Pflicht für Schornsteinfeger, damit sie in
Sachen Umweltschutz und Energietechnik auf dem Laufenden bleiben.

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