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Pflanzentechnologen züchten besondere Sorten

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Sie arbeiten bei Wind und Wetter auf dem Feld, aber auch im Labor:
Pflanzentechnologen. Ihre Aufgaben sind vielfältig. Sie vermehren
Saatgut, bauen Pflanzen an und ernten diese und werten ihre Versuche
aus. Ziel ist die Zucht von Sorten mit bestimmten Eigenschaften.

Einbeck/Bonn (dpa/tmn) – Säen, kreuzen, pflegen, ernten, analysieren:
Pflanzentechnologen betreuen den ganzen Lebenszyklus einer Pflanze.
Oft müssen sie lange warten, ehe sich die Ergebnisse ihrer Arbeit
zeigen: «Wenn man einen Spross setzt, sieht man ja nicht zwei Tage
später die Pflanze», sagt Denise Korsawe. Die 21-Jährige ist im
zweiten Lehrjahr ihrer dualen Ausbildung beim Saatgutbetrieb KWS Saat
SE im niedersächsischen Einbeck.

In den ersten beiden Jahren arbeitet sie im Kulturlabor, einem ihrer
Schwerpunktbereiche. Dort beschäftigt sie sich mit Nutzpflanzen wie
Zuckerrüben, Raps und Weizen. Das Ziel: Neue Linien züchten, die
bestimmte Eigenschaften haben. Die beispielsweise an kalte oder warme
Regionen angepasst sind, einen besonders hohen Ertrag bringen oder
resistent gegenüber Pilzkrankheiten oder Schädlingen sind. Die
nachhaltige Züchtung von Pflanzen sei ihr besonders wichtig, sagt
Korsawe. Ein faszinierendes Beispiel sei die Zuckerrübe. «Durch
jahrelange Züchtung ist der Zuckerertrag immer höher geworden.»
Gleichzeitig sei der Einsatz von Düngemitteln verringert worden.

Zur Arbeit im Labor gehören auch DNA-Analysen. Dafür eignen sich die
Auszubildenden tiefgehendes biologisches Fachwissen an. «Die
Ausbildung finde ich sehr komplex», sagt Korsawe. Durch einen
Ferienjob bei einer Saatzuchtfirma hat sie den Beruf kennengelernt.
In der Berufsschule für Pflanzentechnologen lernt sie nun mit anderen
junge Menschen aus ganz Deutschland, wie sie Saatgut vermehrt,
Versuche plant, durchführt und auswertet.

Besonders attraktiv sei die Vielseitigkeit der Ausbildung, sagt Armin
Töpperwien, Lehrer an den Berufsbildenden Schulen Einbeck. «Wer Lust
auf Natur hat und Spaß an der Arbeit mit Pflanzen, Zuverlässigkeit
mitbringt, für den ist das der Beruf», erklärt er. Es sei wichtig,
dass Versuche, die oft über mehrere Jahre angelegt sind, gewissenhaft
ausgeführt werden. Für die Arbeiten mit Pinzette und Skalpell müssen
die Auszubildenden außerdem fingerfertig sein.

Töpperwien betont, dass in der Pflanzenzucht Experten gebraucht
werden. Die Branche entwickele sich so schnell weiter. Innerhalb von
drei bis fünf Jahren könnten Pflanzen neue Resistenzen entwickeln,
erklärt er. «Es gibt immer wieder neue Herausforderungen, die weiter
erforscht werden müssen und einen permanent beschäftigen.»

Arbeit finden Pflanzentechnologen bei Saatgutfirmen, bei privaten
Pflanzenzucht-Unternehmen, in Untersuchungs- und Forschungsanstalten
sowie an Instituten und Hochschulen. Ausgebildete Pflanzentechnologen
können zum Teamleiter aufsteigen oder ihren Meister machen. Einige
nutzen die Ausbildung auch als Grundlage für ein Studium, erzählt
Töpperwien. Gefordert wird mindestens ein Hauptschulabschluss, die
meisten Bewerber haben mittlere Reife.

Der Saatgutbetrieb KWS ist mit elf Pflanzentechnologie-Azubis pro
Jahrgang der bundesweit größte Ausbildungsbetrieb im dem Bereich. Er
hat die Entwicklung einer bundesweit gültigen Ausbildungsordnung
angestoßen. Bis diese im August 2013 in Kraft trat, gab es den
Vorgängerberuf des landwirtschaftlich-technischen Laboranten (LTL).
Dessen Ausbildungsordnung war veraltet und zudem in drei
Bundesländern auf Kammerebene geregelt, erklärt Markus Bretschneider
vom Bundesinstitut für Berufsbildung in Bonn. Der neue Beruf des
Pflanzentechnologen wurde entwickelt, weil aus der Praxis heraus
Bedarf angemeldet wurde, erklärt Bretschneider.

Das rein schulische Pendant zu der dualen Ausbildung ist der
Landwirtschaftlich-technische Assistent, der sich eher an Absolventen
mit höherem Bildungsabschluss richtet. In zwei Jahren werden sowohl
Pflanzen- als auch Tierzucht behandelt. Inhaltlich seien sich beide
Berufe im Bereich der Pflanzenzucht ähnlich, sagt Bretschneider. Doch
die Zahl der Abschlüsse als Pflanzentechnologen ist jedes Jahr etwas
gestiegen. 2015 waren es 36. Das zeige, dass ein kontinuierlicher
Bedarf bestehe, betont Bretschneider.

Die Pflanzenzucht sei keine Riesenbranche, bestätigt Bettina Sánchez
Bergmann, Referentin für Nachwuchsförderung beim Bundesverband
Deutscher Pflanzenzüchter, der ebenfalls an der Entwicklung der
Ausbildung beteiligt war. Doch die Aussichten sind gut: Die ersten 22
Absolventen seien ihres Wissens nach direkt übernommen worden.

«Es ist immer schwierig, Fachkräfte zu finden, die sich spezifisch
mit der Pflanzenzüchtung auskennen», erklärt sie. Neben
Agrartechnischen Assistenten hätten in der Vergangenheit deshalb auch
oft Quereinsteiger aus der Landwirtschaft oder dem Gartenbau in dem
Bereich gearbeitet. Mit dem Pflanzentechnologen könne man nun eine
weitere qualifizierte Ausbildung für die Branche anbieten.

Bei der KWS verdienen Auszubildende in den verschiedenen Lehrjahren
zwischen 780 und 890 Euro brutto. Fertige Pflanzentechnologen starten
bei 2527 Euro brutto. Nach zwei Jahren im Labor wird Korsawe in ihrem
letzten Lehrjahr im Zuchtgarten arbeiten. Sie schätzt die
Abwechslung: «Ich bin gerne draußen, aber arbeite auch gerne im
Labor.» Ihr Plan für die Zukunft: Als Pflanzentechnologin bei ihrem
Ausbildungsbetrieb übernommen zu werden.

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