Fremdkörpergefühl, Brennen, Juckreiz: Vor allem in trockener Büroluft
haben viele Menschen Probleme an den Augen. Meistens helfen einfache
Tränenersatz-Tropfen. Bei hartnäckigen Beschwerden sollte man aber
zum Arzt gehen. Eventuell ist eine langwierige Therapie nötig.
Düsseldorf (dpa/tmn) – Die Augen jucken, brennen oder tränen ständig.
Wer mit diesen Beschwerden zum Augenarzt geht, bekommt häufig die
Diagnose «Sicca-Syndrom» oder schlicht: «Trockenes Auge». Das klingt
banal. Doch hinter der simplen Beschreibung verbirgt sich ein
komplexes Krankheitsbild, das verschiedene Ursachen haben kann – von
zu viel Arbeit am Bildschirm bis zu schweren Erkrankungen.
«Grundsätzlich lassen sich zwei Formen des Trockenen Auges
unterscheiden», sagt Gerd Geerling, Direktor der
Universitäts-Augenklinik Düsseldorf. «Im ersten Fall ist generell zu
wenig Tränenflüssigkeit vorhanden. Im zweiten Fall verdunstet die
vorhandene Tränenflüssigkeit zu schnell, weil die Zusammensetzung des
Tränenfilms gestört ist.»
Häufiger kommt die zweite Variante vor. Sie entsteht, wenn die Drüsen
am Lidrand, die Fett für den Tränenfilm produzieren, nicht richtig
funktionieren. Wenn auf der Träne keine Fettschicht schwimmt, kann
die wässrige Flüssigkeit nicht im Auge gehalten werden und fließt
rasch ab. Dabei tränen die Augen häufig, was viele Betroffene
irritiert, da es auf den ersten Blick nicht zur Vorstellung von einem
trockenen Auge passt. Vor allem ältere Menschen und Frauen nach den
Wechseljahren entwickeln ein Trockenes Auge. «Neben
alterungsbedingten Veränderungen vermutet man, dass ein Mangel an
männlichen Sexualhormonen die Störung der Lidranddrüsen verursacht»,
erklärt Geerling.
Auch Entzündungen an der Augenoberfläche oder Erkrankungen wie
Rheuma, Diabetes und Rosacea können für ein Trockenes Auge
verantwortlich sein. Bei manchen Betroffenen spielen Umweltfaktoren
eine wichtige Rolle. Im englischen Sprachraum kennt man das
«Office-Eye-Syndrom» – das «Büro-Auge». Computerarbeit, Heizungsluft,
Gebläse von Klimaanlagen und Staub lassen die Augen austrocknen.
Die möglichen Beschwerden sind vielfältig: Juckreiz, gerötete
Lidkanten, morgendliches starkes Brennen oder Krusten auf den Augen,
Fremdkörpergefühl, Unverträglichkeit von Kontaktlinsen,
Lichtempfindlichkeit und das Gefühl, dass die Augen schnell ermüden.
«Neben solchen Symptomen des Dyskomforts kann es auch zu Sehstörungen
kommen», erklärt Geerling. In den meisten Fällen sei ein Trockenes
Auge aber nicht gefährlich. Nur sehr selten wird die Augenoberfläche
so stark beschädigt, dass die Gefahr einer Erblindung besteht. «Die
Erkrankung hat ein breites Spektrum», erklärt der Augenarzt. Die
meisten Betroffenen fühlen sich zwar eingeschränkt, weil das Trockene
Auge unangenehm ist – «die Veränderungen am Auge sind aber so mild,
dass nur Augenärzte sie bei genauerer Untersuchung feststellen
können.»
Als Lappalie darf man das Trockene Auge trotzdem nicht abtun, warnt
Elisabeth Messmer von der Universitäts-Augenklinik München: «Bei
einem Trockenen Auge handelt es sich nicht um eine
Befindlichkeitsstörung, sondern um eine Erkrankung, die viel mit
einer Autoimmunerkrankung gemein hat.»
Die Behandlung hängt von der genauen Ursache und von der Ausprägung
der Symptome ab. Bei leichten Beschwerden reiche es häufig,
Tränenersatzmittel in die Augen zu tropfen, so die Augenärztin. Diese
Augentropfen sind frei erhältlich, die Kosten werden deswegen nicht
von den Krankenkassen übernommen. Wenn die Beschwerden sich nicht
bessern oder Sehstörungen auftreten, sollte man zum Augenarzt gehen.
Mit strukturierten Fragebögen und Augenuntersuchungen wird dort
geklärt, ob ein Trockenes Auge vorliegt und welche Ursachen infrage
kommen. Je nach Schweregrad der Erkrankung schlagen die Ärzte
unterschiedliche Maßnahmen vor. Ein einziges Mittel, das die Probleme
schnell beseitigt, gibt es nicht. «Die Therapie des Trockenen Auges
ist eine Langzeittherapie mit langsamem Wirkungseintritt», sagt
Messmer.
Vielen Patienten hilft eine Lidrandpflege. Dabei werden die Lidkanten
mit Kompresse erwärmt und im Anschluss mit Wattestäbchen massiert,
die zuvor in eine spezielle Lotion getunkt wurden. Wenn die
Tränenflüssigkeit zu schnell abfließt, ist es möglich, die
Abflusskanäle mit kleinen Silikonpfropfen zu verschließen, um die
Flüssigkeit im Auge zu halten. Außerdem kommen in der Therapie
entzündungshemmende Medikamente oder Augentropfen aus Eigenblut zum
Einsatz. «Aktuell entwickelt sich sehr viel», erklärt Geerling. Er
warnt davor, einfach selbst Mittel auszuprobieren. Alle Maßnahmen
sollten mit dem Augenarzt besprochen werden.
Um einem trockenen Auge vorzubeugen, kann der Einzelne aber durchaus
selbst etwas tun. «Man sollte viel Obst und Gemüse essen, viel
trinken, nicht rauchen und häufig an der frischen Luft spazieren
gehen», rät Georg Eckert, Sprecher des Berufsverbandes der Augenärzte
Deutschland (BVA). Gerd Geerling ergänzt: «Wer viel am Bildschirm
sitzt, kann auch Blinzelübungen machen.» Wenn die Augen ab und an mal
am Abend etwas brennen, sollten sich Betroffene andererseits nicht in
die Beschwerden hineinsteigern. In diesem Fall hilft auch
Gelassenheit.