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Mit Kopf und Herz: So arbeiten Kaufleute im Gesundheitswesen Von Anke Dankers, dpa

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Sie jonglieren mit Zahlen und Worten, schreiben Rechnungen und
beraten Patienten: Kaufleute im Gesundheitswesen sind echte
Allrounder. Doch der Spagat zwischen Bürokratie und Mitgefühl kann
zur Herausforderung werden.

Hamburg/Hannover (dpa/tmn) – Ein sozialer Beruf sollte es sein. So
viel wusste Lina-Sophie Raabe bereits, als sie nach dem Abitur zur
Berufsberatung der Bundesagentur für Arbeit ging. «Aber den
kaufmännischen Bereich fand ich auch interessant, man kann so viel
damit machen», sagt die 20-Jährige. Schließlich entschied sie sich
für beides: als Kauffrau im Gesundheitswesen.

Rechnungen und Personalstatistiken verfassen, Patienten beraten und
Dienstleistungen dokumentieren – das ist nur ein Teil der vielen
verschiedenen Aufgaben, die Raabe als Auszubildende bei der Techniker
Krankenkasse absolviert. Von Marketing bis hin zum Gesundheitsrecht:
Überall dort, wo wirtschaftliche und gesundheitsspezifische Bereiche
aufeinandertreffen, arbeiten Kaufleute im Gesundheitswesen. «Ich
finde die Vielseitigkeit toll und den Kontakt zu Menschen, sowohl im
Team als auch mit den Kunden», sagt Raabe.

Drei Jahre dauert die duale Ausbildung. Ausbildungsbetriebe können
neben Krankenkassen auch Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser,
Arztpraxen, Wohlfahrtsverbände oder Rehabilitations-Zentren sein.
2001 anerkannt, ist der Ausbildungsberuf vergleichsweise jung.
Geschaffen wurde er laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) als
Reaktion – erstens auf neue wirtschaftliche Anforderungen an
Gesundheitseinrichtungen, und zweitens auf neue Wünsche von Kunden
und Patienten.

«Ich finde gerade jetzt merkt man, dass Gesundheit ein ganz wichtiger
Aspekt in der Gesellschaft ist, beispielsweise an all den
Trendsportarten», sagt Raabe. «Ich finde den Bereich auch
interessant, weil er immer wächst und Zukunft hat.»

Die Zahlen geben ihr Recht: Laut Bundesagentur für Arbeit gab es 2017
rund 4600 Auszubildende im kaufmännischen Gesundheitswesen, 1000 mehr
als im Jahr 2013. Auch die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt sind
rosig: Aktuell werden deutschlandweit 3200 Kaufleute im
Gesundheitswesen gesucht, erklärt Paul Ebsen, Pressesprecher der
Bundesagentur.

Über großen Zulauf an Auszubildenden freut sich auch Steffen Brandt,
Bereichsleiter für den Ausbildungsberuf an der Alice-Salomon-Schule
in Hannover. «Die Anmeldezahlen steigen und steigen, wir habe mit 15
Auszubildenden pro Jahrgang begonnen und sind inzwischen bei 100»,
erklärt er.

Von seinen Schülern erwartet er Zuverlässigkeit und Sorgfalt, gute
Deutsch- und Mathekenntnisse, dazu Kommunikations- und Teamfähigkeit.
«Je nach Ausrichtung der Ausbildungsbetriebe hat man es auch mit
gesundheitsspezifischen Rechtsgrundlagen zu tun», ergänzt er.
Überhaupt – so unterschiedlich wie die Ausbildungsbetriebe sind, so
unterschiedlich bilden sie auch aus. Brandt empfiehlt deshalb jedem
Interessenten: «Schon im Bewerbungsgespräch ganz direkt danach
fragen, wie ausgebildet wird und was man in den drei Jahren konkret
tut.»

Die schulische Ausbildung erklärt Brandt so: «Überwiegend ist es eine
normale kaufmännische Ausbildung mit Themen wie Rechnungswesen,
Marketing, Einkauf, Verkauf, Personalwesen.» Darüber hinaus lernen
die Auszubildenden das Gesundheitswesen im Allgemeinen kennen, genau
wie das Anbieten und Abrechnen von medizinischen Dienstleistungen
sowie diverse Fachbegriffe.

Wer sich bereits für die Ausbildung entschieden hat, wisse vor allem
ihre Vielseitigkeit und die Möglichkeiten der Weiterbildung zu
schätzen, erklärt Brandt. Negativ bewerteten seine Schüler dagegen
eine geringe Anzahl an Berufsschulen, die Kaufleute im
Gesundheitswesen ausbilden. «Das kann unter Umständen zu langen Wegen
zu den Berufsschulen führen.» Auch die Vergütung empfanden einige
Schüler als zu gering: Laut BIBB liegt sie durchschnittlich und über
den gesamten Ausbildungsverlauf bei rund 850 Euro.

Lukrativer erscheinen so manchem die Weiterbildungsmöglichkeiten –
etwa zum Fachwirt im Gesundheits- und Sozialwesen oder zum
Betriebswirt. «Ferner können sich Kaufleute im Gesundheitswesen nach
Abschluss der Ausbildung im Qualitätsmanagement und im Bereich der
Ausbildung qualifizieren», erklärt Gisela Mettin vom BIBB. Auch ein
weiterführendes Studium sei möglich, beispielsweise im
Gesundheitsmanagement oder der Gesundheitsökonomie.

Auch Lina-Sophie Raabe kann sich eine Weiterbildung gut vorstellen.
Bis dahin bleibt ihr aber noch etwas Zeit, den Beruf zur Kauffrau im
Gesundheitswesen kennenzulernen. «Ich war schon überrascht, weil ich
gar nicht genau wusste, was alles dahintersteckt», sagt sie. «Es ist
nicht nur die reine Büroarbeit, man muss den Menschen auch Empathie
entgegenbringen.»

Das Menschliche und Fachliche zu verbinden, sei für sie die größte
Herausforderung. «Wenn ich einem Kunden sagen muss, dass ich etwas
nicht bewilligen kann, fällt mir das manchmal schwer. Einige Dinge
sind an Gesetze gebunden, und trotzdem kann ich mich in meinen
Gegenüber hineinversetzen», erklärt sie. Trotz aller
Herausforderungen – im Gesundheitsbereich will sie bleiben, da ist
sich Raabe sicher: «Ich würde die Ausbildung wieder machen, es bringt
total viel Spaß.»

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