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Mit den Händen heilen: Masseure sind gesucht

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Muskeln kneten, Bäder bereiten, Schlammpackungen auftragen: Die
Arbeit des Masseurs ist gefragt. Aber weil sie auch oft schlecht
bezahlt ist, herrscht großer Fachkräftemangel. Dabei bietet der Beruf
durchaus Perspektiven.

Berlin (dpa/tmn) – Riesige Wannen stehen in dem blau gefliesten Raum,
dazwischen mehrere Liegen, ein Anatomieplakat hängt an der Wand.
Viele Stunden hat Sophie Marx hier im vergangenen Jahr ihre
Mitschüler massiert, sie mit einem Wasserstrahl behandelt,
Moorpackungen verabreicht und Bäder vorbereitet. «Man darf keine
Scheu vor Berührungen haben, schließlich gehört das später zum
Arbeitsalltag», sagt die 27-Jährige. An der Akademie für Gesundheit
im Berliner Ortsteil Buch macht sie eine Ausbildung zur Masseurin und
medizinischen Bademeisterin. Sie wollte mit Menschen arbeiten, ihnen
langfristig helfen.

Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt stehen gut. Schon seit längerem
beklagt die Branche einen Fachkräftemangel. Denn obwohl es reizvoll
ist, nah am Patienten zu arbeiten, schreckt viele junge Menschen die
schlechte Bezahlung des Masseurs ab. «Die Anfangsgehälter liegen in
niedergelassenen Praxen oft nur knapp über dem Mindestlohn», sagt
Bernd Liebenow vom Landesverband Berlin-Brandenburg des
VDB-Physiotherapieverbandes. Das liege daran, dass die Krankenkassen
den Praxen für eine 15- bis 20-minütige Massage nur 11 bis 12 Euro
zahlten.

Doch nicht überall ist die Bezahlung gleich schlecht. «Viele Masseure
und medizinische Bademeister sind auch in Kliniken und Hallenbädern
angestellt, die von Kommune, Bezirk oder Land unterhalten werden»,
erklärt Paul Ebsen von der Bundesagentur für Arbeit. Hier würden die
Löhne nach den Tarifen des öffentlichen Dienstes bezahlt. Über alle
Beschäftigten- und Altersgruppen hinweg – also nicht nur im
öffentlichen Dienst – kann der Verdienst laut Ebsen zwischen 2232 und
3109 Euro liegen. Für Berufseinsteiger kann es aber deutlich weniger
sein.

Die Einsatzmöglichkeiten sind breit. «Gerade im Wellnessbereich, also
in Hotels, Saunen und Fitnesscentern, werden derzeit viele Masseure
benötigt», sagt Katja Stahl, Schulleiterin an der Akademie der
Gesundheit in Berlin-Buch. Auch in Reha-Kliniken steige der Bedarf.
Insgesamt gebe es in vielen Schulen eine 100-prozentige
Vermittlungsquote.

Wer sich für die Ausbildung zum Masseur entscheidet, muss in der
Regel einen Hauptschulabschluss haben und mindestens 16 Jahre alt
sein. «Man sollte Bewegung mögen und bereit sein, Kräftigungsübungen
zu machen, um sich für den Beruf fit zu halten», sagt Stahl. Daneben
sollten die angehenden Masseure den Kontakt zu Menschen mögen und
«ein Lächeln auf dem Gesicht haben, selbst wenn man mal einen
schlechten Tag hat».

Besonders gut gefällt Schülerin Marx, dass die Arbeitstechniken der
Masseure so vielfältig sind. Bei der Hydrotherapie bekommen die
Patienten beispielsweise Fußbäder oder werden unter Wasser mit einem
Wasserstrahl massiert. Bei der Elektrotherapie bringt der Masseur
Elektroden auf dem Muskel des Patienten an, um diesen anzuspannen
oder zu entspannen.

Auch in der Gesundheitsförderung kann der Masseur tätig sein und mit
Gruppen etwa Wirbelsäulen-Gymnastik machen – allerdings nur im
präventiven Bereich. Hier liegt auch der große Unterschied zur Arbeit
des Physiotherapeuten: Der Masseur darf keine Krankengymnastik
machen. Das kann ein Nachteil sein. «In vielen Kliniken stellt man
lieber Physiotherapeuten ein, sie sind breiter einsetzbar», sagt
Liebenow.

Oft wird auch als Nachteil empfunden, dass die Ausbildung nicht
vergütet wird, sondern mit Gebühren an den Berufsfachschulen
verbunden ist. 10 000 bis 12 000 Euro kostet die Ausbildung in der
Regel. «Sie ist aber über Bafög förderbar», sagt Stahl. Auf die zwei
Ausbildungsjahre an der Berufsfachschule folgt ein halbjähriges
Anerkennungspraktikum. Bei diesem können die jungen Masseure im
öffentlichen Dienst mit einem Praktikumsgehalt von etwa 1400 Euro pro
Monat rechnen. Es kann aber auch hier weniger sein.

In der Schule wechseln sich Theorie und Praxis ab. Es stehen Fächer
wie Anatomie und Physiologie auf dem Stundenplan. Während der
praktischen Einheiten werden Massagen, Packungen, Hydro- und
Elektrotherapie im Tandem geübt.

Nach der Schule ist es wichtig, sich ständig weiterzubilden. Wer
beispielsweise die manuelle Lymphdrainage beherrscht, hat auf dem
Arbeitsmarkt bessere Chancen. Eine Weiterqualifizierung zum
Physiotherapeuten ist ebenfalls möglich.

Marx hat schon in der Schule mit der Zusatzqualifikation angefangen
und einen Kurs für schamanische Zupfmassage gemacht. Ihr
Anerkennungspraktikum wird sie in einer Reha-Klinik machen. Es macht
ihr Spaß, den Fortschritt der Patienten zu sehen. Das merkt sie auch
jetzt schon: An ihrer Oma, die Rheuma hat, übt sie regelmäßig die in
der Schule erlernten Techniken. Die fühlt sich danach oft besser.

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