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Mehr als Achterbahnfahren: Ausbildungen im Freizeitpark

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Arbeiten im Freizeitpark? Das ist mehr, als im Plüschkostüm Kindern
zu winken und Achterbahnbügel zu prüfen. Wer hier seine Lehre macht,
wird umfangreich ausgebildet und hat später viele Möglichkeiten.
Eines aber sollte klar sein: Dauer-Karussellfahren ist nicht drin.

Bottrop/Rust (dpa/tmn) – Bei Freizeitparks denken die meisten an
Achterbahnen und bunte Kulissen. Dass man hier seine Ausbildung
machen kann, kommt vielen Jugendlichen nicht in den Sinn. Dabei gibt
es jede Menge Möglichkeiten – ein Überblick:

DIE BRANCHE: «Freizeitparks bieten eine große Breite von Tätigkeiten,
für die unterschiedliche Ausbildungen erforderlich sind», sagt Janine
Engel vom Verband Deutscher Freizeitparks und Freizeitunternehmen
(VDFU), in dem 83 Parks organisiert sind. Das Besondere: Man könne
sich weiterentwickeln, also etwa als Veranstaltungskauffrau starten
und später ins Marketing wechseln. «Und es ist ein relativ sicherer
Job», erklärt Engel. «Die Besucherzahlen wachsen kontinuierlich.»
2015 zählten die Parks des Verbandes rund 36 Millionen Gäste, 2016
waren es rund 38 Millionen.

DIE AUSBILDUNGSBERUFE: Der Europa-Park in Rust (Baden-Württemberg)
bietet mehr als 30 Ausbildungsberufe und Studiengänge an. «Das teilt
sich auf in das Handwerklich-Technische, Kaufmännische und
Gastronomische», sagt die Ausbildungsleiterin Birgit Bachimont. Am
meisten gebraucht würden Köche und Fachleute für Systemgastronomie.
Daneben können junge Leute eine Lehre zur Fachkraft für
Veranstaltungstechnik beginnen. Sie kümmern sich zum Beispiel um die
Technik bei Tagungen. Oder sie warten als Industriemechaniker die
Fahrgeschäfte.

Schreiner-Azubis arbeiten an den Inneneinrichtungen in den
Themenwelten. «Und manchmal muss im Märchenwald ein neues Guckloch
für die Hexe her», sagt Bachimont. Lackierer richten die
Außenfassaden. Angehende Schneider erproben sich an außergewöhnlichen
Kostümen. Ein duales Studium mit Praxiseinsätzen im Europa-Park ist
zum Beispiel in den Fächern Freizeitwirtschaft, Tourismus, Facility
Management, International Business Management oder Hotel- und
Gastronomiemanagement möglich.

Charleen Gedanitz lernt seit 2016 im Movie Park Germany in Bottrop
(Nordrhein-Westfalen) Kauffrau für Büromanagement. «Das Coole ist,
dass man öfters aus dem Büro rauskommt. Bei Events im Sommer bin ich
manchmal tagelang im Park unterwegs», sagt die 22-Jährige. Sie hat
vorher Digital Film Making studiert, doch das Organisatorische lag
ihr mehr. Jetzt hilft sie bei Promotions, betreut Dreharbeiten und
entwickelt Führungen. So hat sie die «The Walking Dead Breakout
Fan-Tour» konzipiert, bei der sie Anhänger der Zombie-Serie durch ein
Horror-Labyrinth geleitet. Drei Tage pro Woche arbeitet Gedanitz im
Filmpark, an zwei Tagen geht sie zur Berufsschule.

Im Phantasialand in Brühl bei Köln werden Köche, Hotel- und
Restaurantfachleute ausgebildet. Neben dem Parkgeschäft gibt es
Events, eine Dinnershow und zwei Themen-Hotels. «Grundsätzlich bilden
wir genau so aus, wie es die Rahmenpläne der Industrie- und
Handelskammer vorgeben», sagt die Personalentwicklerin Julia Köster.
Den Unterschied mache die außergewöhnliche Kulisse.

DIE KARRIEREMÖGLICHKEITEN: Die Chance zur Übernahme ist in vielen
Parks groß. «Wir wollen eigene Fachkräfte heranziehen», sagt
Bachimont. Deshalb bildet der Europa-Park nur nach Bedarf aus.
«Dadurch haben wir eine Übernahmequote von mehr als 90 Prozent.» In
dem Park arbeiten derzeit 130 Azubis und Studenten – bei 3700
Mitarbeitern. Jedes Jahr werden 40 bis 50 Lehrlinge gesucht.

Auch das Phantasialand übernimmt laut Köster die meisten Azubis.
«Viele bleiben über Jahre und sammeln Erfahrung. Oder sie gehen ins
Ausland und kommen später zurück.» Der Park beschäftigt mehr als 500
Festangestellte, darunter 30 Lehrlinge. In Hochphasen der Saison sind
es bis zu 1300 Mitarbeiter. Nach der Aus- ist eine Weiterbildung
möglich, etwa zum Hotelbetriebswirt.

Der Movie Park hat rund 100 Angestellte und 12 Azubis. Mit den
Saisonkräften sind es bis zu 1000 Mitarbeiter zusätzlich. «Eine
Übernahme können wir nicht garantieren», sagt die Personalleiterin
Silke Estner. «Aber wenn wir die Möglichkeit haben, machen wir das.»

DER EINSTIEG: Klassisch läuft er über einen Saisonjob. So arbeiten
etwa Ingenieurstudenten als «Operatoren» an den Fahrgeschäften. Oder
man kommt über ein Praktikum rein. Laut Estner wird gerne intern
rekrutiert: «Wir greifen oft auf Leute zurück, die schon hier
arbeiten und das mögen.» Ansonsten werden die Stellen normal
ausgeschrieben. Der Mindestlohn gilt überall. Wie die Azubi-Vergütung
ausfällt, ist unterschiedlich. Teilweise greifen Tarifverträge, teils
gibt es auch Haustarife.

DIE SAISONARBEIT: Auch Charleen Gedanitz kam über einen Saisonjob an
ihre Lehrstelle im Movie Park. Saisonale Arbeit gibt es zuhauf: am
Eisstand, als Shop-Verkäufer, als Kostümdarsteller, an der
Bügelkontrolle der Fahrgeschäfte, als Reinigungs-Mitarbeiter für
Straßen und Sanitäranlagen, als Einlasshilfe bei Shows. Wer nach der
Lehre nicht gleich übernommen wird, kann als Saisonkraft überbrücken.

DIE ANFORDERUNGEN: «Wir suchen zuverlässige Leute», sagt Estner. «Die
Azubis arbeiten sehr selbstständig und haben viele Freiheiten.»
Vertrauen sei da unerlässlich. Bachimont betont: «Wer im Freizeitpark
arbeiten will, sollte dafür brennen.» Wichtig ist, mobil zu sein,
denn viele Parks liegen außerhalb der großen Städte. Und man muss die
Arbeitszeiten vertragen: Events dauern schon mal etwas länger, es
gibt Früh- und Spätdienste. Angehende Azubis sollten zudem bedenken:
Es ist eine Ausbildung. «Unsere Köche stehen genauso in der Küche wie
anderswo auch», sagt Bachimont.

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