Sie verlegen Estrich, ziehen Wände hoch und hängen Decken ab: Auf der
Baustelle machen Stuckateure harte Arbeit. Trotzdem brauchen sie
Fingerspitzengefühl. Ein Stuckateur ist ein Stück weit immer auch
Kunsthandwerker.
Düsseldorf (dpa/tmn) – David Reingen hat einen Beruf erlernt, der
sich in den vergangenen Jahrzehnten stark gewandelt hat – vielleicht
so stark wie kaum ein anderer handwerklicher Beruf. Der Düsseldorfer
hat jüngst seine Ausbildung zum Stuckateur abgeschlossen. Früher
waren die Fachleute vor allem für filigrane Stuckarbeiten an Decken
von Räumen und Fassaden von Gebäuden zuständig. Heute ist das jedoch
nur noch ein Teilbereich des Jobs. «Der Schwerpunkt liegt klar auf
Trockenbauarbeiten, Altbausanierungen und Restaurierungsarbeiten»,
erklärt Wolfram Kümmel vom Fachverband der Stuckateure für Ausbau und
Fassade Baden-Württemberg.
Sobald der Rohbau eines Gebäudes steht und die Elektronik installiert
ist, legen Stuckateure Hand an. Sie ziehen Wände hoch, hängen Decken
ab und verputzen Außenfassaden. Auch Estrich zu legen, fällt in ihren
Arbeitsbereich, genauso Brand- und Schallschutzanlagen zu
installieren. «Im Prinzip beherrscht ein Stuckateur ein
Generalhandwerk», sagt Kümmel. «Wir sind dafür zuständig, aus einem
Rohbau ein bewohnbares Zuhause zu schaffen.» Zunehmend spiele dabei
auch die Installation von Technik eine Rolle: «Wir müssen mit der
Zeit gehen und uns anpassen», sagt er. Er sieht den Stuckateur der
Zukunft als einen Dienstleister, der viele verschiedene Handwerke in
sich vereint.
Der Wandel des Berufs hat viele Gründe. «In modernen Gebäuden wird
immer weniger Stuck verbaut, das ist mittlerweile eher etwas für
Liebhaber», erklärt Daniel Schreiber vom Bundesinstitut für
Berufsbildung (BIBB). Außerdem legten immer mehr Heimwerker beim
Thema Stuck selber Hand an. Trotzdem – das Entwerfen, Herstellen und
Anbringen von Stuckelementen ist nach wie vor ein Bestandteil des
Berufes.
«Ein bisschen Kunsthandwerk neben der Arbeit auf der Baustelle»,
erklärt Stuckateur Reingen. Es sei eine willkommene Abwechslung für
ihn, ab und an im Betrieb zu stehen und aus Gips die filigranen
Stuckelemente zu machen. Ganz individuell stimmen Stuckateure mit
ihren Kunden die Wünsche ab. Bei Neubauten seien solche Verzierungen
selten geworden, bei der Restaurierung von Altbauten sind sie aber
immer noch gefragt.
Handwerklich werden Azubis breit ausgebildet. «Im ersten Lehrjahr ist
die Ausbildung zum Stuckateur identisch mit der eines Fliesenlegers,
Maurers oder Zimmermannes», erklärt Schreiber. Erst in den letzten
beiden Jahren der dreijährigen Ausbildung spezialisieren sich die
Azubis. Diese zuerst allgemein gehaltene handwerkliche Ausbildung
ermögliche später einfache Wechsel zwischen den Berufen: «Ein guter
Azubi kann nach abgeschlossener Ausbildung auch im gesamten
Ausbaubereich tätig werden», sagt der Experte. Im zweiten und dritten
Ausbildungsjahr befassen Jugendliche sich etwa damit, Stuckprofile
anzusetzen, Stuckarbeiten auszuführen sowie Stuck und Putz zu
sanieren.
Den Großteil seiner Arbeitszeit verbringt David Reingen auf
Baustellen. Trotzdem sei der Beruf abwechslungsreich: «Keine
Baustelle ist wie die andere», erzählt der 22-jährige Düsseldorfer.
«Ich sehe jeden Tag etwas anderes.» Über eines sollte sich jeder
Berufsanfänger bewusst sein, sagt er: «Das ist ein schweißtreibender
Beruf, bei dem man kräftig mit anpacken muss.»
Deswegen müssen angehende Stuckateure körperlich belastbar sein.
«Aber auch räumliches Vorstellungsvermögen und eine kreative Ader
sollten Azubis mitbringen», sagt Wolfram Kümmel. Wichtige Schulfächer
seien beispielsweise Mathematik, Physik und Technik.
Ein Großteil der Azubis beginnt die Ausbildung nach dem
Hauptschulabschluss. Frauen gibt es in dem Beruf kaum. 2014 gab es
laut Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) 504
Auszubildende, die sich für den Job neu entschieden haben. Darunter
waren nur neun Frauen.
Da es zwei Tarifverträge gibt, verdienen Azubis in Ostdeutschland
nicht das Gleiche wie im Westen. In den alten Ländern liegt die
Vergütung im ersten Lehrjahr deswegen bei etwa 700 Euro brutto, in
denen neuen Bundesländern bei rund 630 Euro. Ist die Firma nicht
tarifgebunden kann es auch deutlich weniger sein. Generell zähle der
Beruf des Stuckateurs aber zu den Berufen, die relativ gut bezahlt
werden, erklärt Daniel Schreiber.
David Reingen ist nach seiner Ausbildung in den Stuckateurbetrieb
seines Vaters eingestiegen, will aber noch eine Weiterbildung zum
Betriebswirt machen. Ein kleiner Ausgleich zu der körperlichen Arbeit
auf der Baustelle – «ich komme trotzdem immer dreckig nach Hause»,
sagt er.