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Kita-Lunch statt Abendkarte: Als Koch-Azubi im Catering

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Wer Koch werden will, muss seine Lehre nicht zwingend im Restaurant
absolvieren. Eine Alternative ist das Catering, ob für Events oder
für Kitas. Die Ausbildung dort ist dieselbe wie in der klassischen
Küche – die Herausforderungen sind aber andere.

Berlin/Grafschaft (dpa/tmn) – Köche arbeiten bis spät in die Nacht,
in ständiger Hektik und unter hohem Druck. In der Lehre schneiden sie
ein Jahr nur Zwiebeln. Ob das stimmt oder nicht, ist umstritten. Auf
jeden Fall hat dieses weit verbreitete Klischee aber dafür gesorgt,
dass der Koch regelmäßig traurige Spitzenplätze auf den Ranglisten
der unbeliebtesten Ausbildungsberufe belegt.

Dabei kann Nick Grabert die Horrorgeschichten aus der Küche gar nicht
bestätigen. «Ich habe ganz normale Arbeitszeiten von 8.00 Uhr bis
16.30 Uhr», sagt er. Und: «Dass man hier angeschrien wird, hab ich so
noch nicht mitgekriegt, kann ich mir aber auch nicht vorstellen.» Das
mag allerdings auch an seinem Arbeitsplatz liegen. Denn der
28-Jährige absolviert eine Ausbildung zum Koch nicht klassisch in
Hotel- oder Restaurantküche, sondern beim Berliner Caterer Optimahl.

Statt dem Lunch für Hotelgäste oder dem Abendessen für
Restaurantbesucher kocht Grabert also Mittagessen für Kitas und
Schulen, Menüs für Staatsempfänge oder Buffets für
Großveranstaltungen. Im Kern ist das Handwerk aber dasselbe wie in
jeder anderen Küche. «Die Azubis lernen das Kochen hier ganz normal
und von Grund auf», erklärt Graberts Ausbilder Maik Heptner. «Wir
fangen also wirklich mit der Jus und der Brühe an.»

Doch natürlich gibt es auch Unterschiede. «Die Mengen sind natürlich
teilweise riesig», sagt Nick Grabert. «Wenn man hier für
Veranstaltungen mit 2000 Leuten kocht, ist das schon was anderes als
im Restaurant.» Die dafür nötigen Berge an Gemüse zu schnippeln, das
ist Schwerstarbeit – und nur im Team zu schaffen.

Dafür gibt es aber auch jede Menge Abwechslung, je nach Kunde und
Saison. «Von der Hollandaise, die wir im Frühjahr und im Sommer viel
machen, bis zum Advent, wo es dann zum Beispiel an den Pfefferkuchen
geht», zählt Grabert auf. Und natürlich gelten fürs Kita-Essen andere
Voraussetzungen als bei einem Buffet für Gäste in Abendgarderobe.

Vor allem geht es beim Catering aber nicht nur ums Kochen, sondern
auch um das ganze Drumherum – Logistik und Organisation, Absprachen
und natürlich das Putzen der Großküche spielen eine Rolle. «Es ist
uns sehr wichtig, dass die Auszubildenden nicht denken, dass die
Arbeit beendet ist, wenn das Essen die Küche verlässt», erklärt
Ausbilder Heptner. «Präsentation, Auf- und Abbau – das gehört alles
auch dazu.» Im dritten Lehrjahr dürfen die Azubis sogar ein
komplettes Catering alleine betreuen, von der Planung bis zur
Umsetzung.

Von solchen Besonderheiten abgesehen, ist die duale Ausbildung zum
Koch im Eventcatering aber formell dieselbe wie in Restaurant oder
Hotel. Das bedeutet: Drei Jahre in Lehrbetrieb und Berufsschule, bei
einer Ausbildungsvergütung zwischen 459 und 755 Euro im ersten sowie
680 und 950 Euro im dritten Lehrjahr. Das geht aus den
Beispiel-Richtwerten der Bundesagentur für Arbeit hervor. Das
Einkommen schwankt dabei je nach Wohnort und Ausbildungsbetrieb.

Ein bestimmter Schulabschluss ist für den Start in die Koch-Lehre
nicht vorgeschrieben. Und im Gegensatz zu vielen anderen
Ausbildungsberufen, die dann in der Praxis doch nur Schulabgänger mit
mittlerer Reife oder Abitur einstellen, ist das hier Realität. «Wir
gucken zurzeit jede Bewerbung an, was anderes können wir uns auch gar
nicht leisten», sagt Heiko Becker, der beim Verband der Köche
Deutschlands (VKD) für die Ausbildung zuständig ist.

Denn die Branche hat ein Riesenproblem mit dem Nachwuchs. Das ist
zumindest teilweise hausgemacht – zu schrecklich waren jahrelang wohl
die Horrorgeschichten aus den Küchen. «In der Branche gibt es da aber
schon ein Umdenken, wenn es zum Beispiel um die Arbeitszeiten geht»,
sagt Becker. Auch der Umgangston am Herd bessere sich langsam. «Da
mag es noch ein paar Küchenchefs alter Schule geben, aber insgesamt
hat die Branche definitiv begriffen, dass sie sich ändern muss.»

Die Kehrseite der Medaille sind gute Aufstiegschancen. «Es suchen
gerade fast alle Betriebe nach Köchen, ob Hotel oder Restaurant»,
sagt Becker. «Vom Tellerwäscher zum Küchenchef zu kommen ist aktuell
definitiv möglich.» Und das gilt auch für Azubis, die ihre Lehre im
Catering oder zum Beispiel in der Betriebsgastronomie gemacht haben –
in der Kantine also. Denn der Wechsel zwischen den Fächern ist dank
gleicher Ausbildungsgrundlagen nicht nur möglich, sagt Becker. Um den
Erfahrungshorizont zu erweitern, sei das sogar sehr sinnvoll.

Auch für Nick Grabert steht noch nicht fest, ob er sein ganzes
Berufsleben im Catering verbringen will. «Später würde ich schon
gerne ein eigenes Restaurant haben wollen. Das ist aber noch so weit
weg, das kann ich mir noch gar nicht richtig vorstellen», sagt er.
Schließlich steht er noch ganz am Anfang seiner Ausbildung.
«Vielleicht bleib ich ja auch hier.»

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