Finanzbeamten eilt ein schlechter Ruf voraus: Sie seien träge,
angestaubt, hätten eine Ärmelschonermentalität. Doch das sind bloß
Vorurteile. Wie sieht der so trocken klingende Ausbildungsberuf
tatsächlich aus?
Lüneburg (dpa/tmn) – Für Abenteurer ist der Beruf des Finanzwirts
womöglich nicht die erste Wahl. Zu krisensicher. Das macht den Beruf
aber noch lange nicht langweilig, findet zumindest Christopher
Ruttmann, angehender Finanzwirt im ersten Lehrjahr. «Das Berufsbild
hat sich in den letzten Jahren geändert, die Meinungen aber nicht»,
sagt er. «Es ist nicht so, dass man den ganzen Tag in seinem grauen
Büro vor dem Computer sitzt.» Es sei sogar ein abwechslungsreicher
Beruf. Das gelte gerade in der Ausbildung, wenn man zwischen den
verschiedenen Steuerstellen wechseln und unterschiedlichste Aufgaben
kennenlernen dürfe – wie die Annahme der Steuererklärungen.
Genau das tut Ruttmann derzeit beim Finanzamt Lüneburg. Aber auch die
Verwaltungs- und Bearbeitungsstellen durchläuft der 18-Jährige in
seiner Ausbildung. «So bekommt man einen Überblick über alle
Tätigkeiten, die im Finanzamt verrichtet werden», erklärt er.
Wie genau sein Arbeitsalltag aussehen würde, wusste er nicht, als er
sich vor über einem Jahr für den Ausbildungsplatz bewarb. Nach seinem
Fachabitur im Bereich Wirtschaft stieß Ruttmann über eine
Zeitungsannonce auf die Stellenausschreibung. Das Thema Steuern
faszinierte ihn, auch weil die meisten anderen Menschen es am
liebsten mieden: «Steuer ist ein Thema, mit dem sich nicht viele
Menschen gern auseinandersetzen. Ich sehe es als Herausforderung, das
gibt mir einen gewissen Ansporn.»
Ansporn braucht es, denn mit nur zwei Jahren ist die Ausbildung
vergleichsweise kurz. Für die Beamtenanwärter bedeutet das: Sie
müssen viele Informationen in kurzer Zeit lernen und verstehen.
Finanzwirte im mittleren Dienst arbeiten in erster Linie den Kollegen
des gehobenen Dienstes zu. Sie prüfen und bearbeiten
Steuerunterlagen, führen Akten, erlassen Steuerbescheide oder
kontrollieren die Buchführung in anderen Unternehmen. Auch das
Erteilen von Auskünften rund um das Thema Steuern und – mit genug
Berufserfahrung – die Steuerveranlagung, Bilanzierung und Buchführung
können zum Tätigkeitsbereich eines Finanzfachwirts zählen.
Verwirrend: Für das Berufsbild haben sich unterschiedliche Namen
etabliert. Aber egal, ob sie Finanzwirt, Steuersekretär oder
Beamtenanwärter in der Steuerverwaltung genannt werden – die
Ausbildungen gleichen sich. Der praktische Teil findet in einem
Finanzamt einer Landesfinanzverwaltung statt, gibt das
Bundeszentralamt für Steuern an. Der fachtheoretische Teil der
Ausbildung findet an der jeweiligen Landesfinanzschule statt.
Auf dem Stundenplan stehen Mathematik, Buchführung, Wirtschaft und
natürlich das Steuerwesen. Die Einstellungsvoraussetzungen zwischen
den einzelnen Bundesländern variieren, doch im Allgemeinen
gilt: Bewerber müssen einen Realschulabschluss oder gleichwertigen
Bildungsstand haben, eine EU-Staatsangehörigkeit und gesundheitliche
Eignung sind ebenfalls gefordert.
Wer alle Bedingungen erfüllt, erhält laut der Bundesagentur für
Arbeit abhängig vom Bundesland während der Ausbildung ein monatliches
Grundgehalt von ungefähr 1170 Euro. Abgeschlossen wird der
Vorbereitungsdienst mit einer Laufbahnprüfung. Mit Bestehen werden
die Auszubildenden zu sogenannten Beamten auf Probe. Unter bestimmten
Voraussetzungen bietet sich dann die Möglichkeit, in den gehobenen
Dienst aufzusteigen oder sich in einem Studium weiterzubilden. Nach
drei Jahren Berufserfahrung erfolgt in der Regel die Ernennung zum
Beamten auf Lebenszeit.
Reizvolle Aussichten, findet Bernd von Karchowski, Ausbildungsleiter
im Finanzamt Lüneburg. Er schränkt jedoch ein: «Es ist eine tolle
Geschichte, sicher beim Staat unterzukommen, aber nur diese
Motivation hilft nicht weiter.» Azubis sollten sich für Wirtschaft
interessieren und ein Verständnis für Zahlen mitbringen. Und sie
sollten bereit sein, im Büro zu arbeiten. Ihm sei wichtig, dass die
Beamtenanwärter sich in ihrem Beruf wohlfühlen, sich mit ihrem Amt
identifizieren können. Dann dürfen sie sich über einen
zukunftssicheren Beruf freuen. «Allein durch die mitunter monatlichen
Steuerrechtsänderungen haben wir immer Gesprächsstoff.»
Gespräche, die für Christopher Ruttmann den Berufsalltag ausmachen.
«Die Arbeit mit den Kollegen macht mir Spaß, gerade im Finanzamt muss
man sich häufig austauschen», erzählt er. «Wenn man versucht Aufgaben
immer nur auf eigene Faust zu bewältigen, geht das häufig schief.»
Denn einfach sei das Thema Steuern nun wirklich nicht – und so fallen
auch die Zukunftswünsche des 18-Jährigen eher bescheiden aus: «Ich
möchte die Ausbildung auf jeden Fall gut abschließen. Und ich hoffe,
dass der Ausbildungsinhalt nicht noch komplizierter wird, als er
schon ist.»