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Industrie 4.0 im Maschinenbau – Bedeutungsverlust für den Meister?

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Wie sieht der Job der Zukunft in der Industrie 4.0 aus? Was müssen
Beschäftigte können? Die deutschen Maschinenbauer wollten es genauer
wissen und gaben eine Studie in Auftrag. Insbesondere ein Ergebnis
dürfte überraschen.

Frankfurt/Main (dpa) – Roboter, selbstlernende Maschinen,
kommunizierende Bauteile: Wo bleibt der Mensch, wenn Arbeitsbereiche
automatisiert werden und intelligente Maschinen die Fertigung
übernehmen? Nach einer Studie des Weltwirtschaftsforums in Davos
könnten bis 2020 weltweit mehr als fünf Millionen Arbeitsplätze durch
Industrie 4.0 vernichtet werden. Andere sagen gar einen Verlust von
50 Prozent der Jobs voraus. «Wir haben in der Vergangenheit keinen
Zusammenhang zwischen Automatisierung und Jobverlust festgestellt»,
hält Hartmut Rauen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des
Maschinenbauverbandes VDMA dagegen.

Im Gegenteil: «Durch die Automatisierung werden neue Berufsbilder
entstehen», sagt Rauen. Die Digitalisierung hat in der
mittelständisch geprägten Schlüsselindustrie mit mehr als einer
Million Beschäftigten bereits in vielen Bereichen Einzug gehalten.

So können Kunden Anforderungen an Produkte im Netz festlegen, die
Daten fließen in die Gestaltung, Planung und Produktion beim
Hersteller ein. In manchen Maschinenbau-Unternehmen helfen
Technologien, die Beschäftigte am Körper tragen, sogenannte
Wearables, bei der Montage. Ein smarter Handschuh meldet
beispielsweise auf einem Display, wenn das falsche Teil montiert
wird. Dennoch ist die Zahl der Beschäftigten beim größten
industriellen Arbeitgeber Deutschlands in den letzten Jahren
gestiegen.

Auch bei deutschen Mittelständlern wächst nach anfänglicher Skepsis
die Zuversicht. Nach einer Befragung im Auftrag der Commerzbank
erwarten inzwischen lediglich 8 Prozent der Unternehmen negative
Effekte für die Beschäftigung durch die Digitalisierung. Im
vergangenen Jahr waren es noch 40 Prozent. 43 Prozent der Firmen
rechnen mittlerweile mit einem steigenden, 48 Prozent mit einem
gleichbleibenden Personalbestand. Das Fazit: Der Bedarf an Fachleuten
dürfte weiter steigen. Die eher einfacheren, standardisierten
Tätigkeiten könnten dagegen zunehmend von vernetzten Maschinen
erbracht werden.

Doch wie qualifiziert sind die Beschäftigten tatsächlich für den
rasanten Wandel? Die Maschinen- und Anlagenbauer wollten es genauer
wissen. Eine Studie der Universität Hohenheim im Auftrag des VDMA
bescheinigt den Beschäftigten der exportorientierten Branche eine
hohe formale Qualifikation. 96,3 Prozent der Mitarbeiter haben
mindestens eine berufliche Ausbildung. Nur 3,7 Prozent haben keinen
Berufsabschluss, bei allen Beschäftigten in Deutschland sind 6,9
Prozent. «Die sehr gute formale Qualifikation ist ein extremer
Vorteil», sagt die Leiterin der Studie, Sabine Pfeiffer.

«Die Belegschaften sind gut aufgestellt und mit komplexen Prozessen
und Veränderungen vertraut», sagt auch Jörg Friedrich Leiter der
Abteilung Bildung beim VDMA. «Die für Aus- und Weiterbildung
Zuständigen in den Betrieben sollten jedoch früher mit einbezogen
werden, wenn es um neue Produktionsprozesse und Strategien im Zuge
von 4.0 geht».

Verlierer des Wandels könnte aus Sicht der befragten Unternehmen der
Meister werden. Sie erwarten, dass seine Bedeutung sinken wird. Eine
Einschätzung, die Pfeiffer so nicht teilt: «Der Meister ist wichtig
als «Scharnier» zwischen Facharbeiter und Ingenieur. Diese Funktion
wird in Zeiten von 4.0 noch an Bedeutung gewinnen».

Im Maschinenbau dominieren der Studie zufolge die klassischen
Metallberufe und der Mechatroniker. Aus Sicht der Experten ist vor
allem der Job des Produktionstechnologen für die Anforderungen von
4.0 geeignet. Seine Aufgabe ist es, den gesamten Prozess von der
Entwicklung eines Produktes, über die Herstellung bis zur
Auslieferung im Auge zu behalten. Bisher bilden etwa 10 Prozent der
Unternehmen Produktionstechnologen aus, lediglich die Berufsschulen
in Baden-Württemberg und Thüringen bieten die Qualifikation an. Der
VDMA wirbt daher dafür, dass auch die Berufsschulen anderer
Bundesländer das Thema aufgreifen.

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