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Helfer in Krisenzeiten – Bestatter müssen psychisch stabil sein

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Einen Toten anfassen: Was so manchen Angehörigen viel Überwindung
kostet, ist für Bestatter ganz normal. Sie begleiten Menschen, die
eine schwere Zeit durchmachen. Der ständige Umgang mit Trauernden ist
eine Herausforderung. Trotzdem brechen nur wenige die Ausbildung ab.

Reutlingen (dpa/tmn) – Gerade für junge Menschen ist der Tod häufig
ein weit entferntes Thema. Dennoch ist das Interesse am Beruf des
Bestatters groß. Jedes Jahr machen etwa 150 Jugendliche die
Ausbildung zur Bestattungsfachkraft – die Zahl der Bewerber liegt
deutlich höher. «Ich gehe jeden Morgen gern zur Arbeit», erzählt
Carolin Dumbeck. Sie hat einen der Ausbildungsplätze bekommen und im
Herbst ihre dreijährige, duale Ausbildung begonnen. Sie lernt im
Bestattungshaus Unter den Linden in Reutlingen. Dort lernt sie,
Gespräche mit Angehörigen zu führen, Trauerfeiern zu organisieren und
Särge herzurichten. Sie muss die Verstorbenen ankleiden und
zurechtmachen – das Ganze so würdevoll wie möglich, um dem Toten die
letzte Ehre zu erweisen. «Ich habe keine Angst, einen Toten
anzufassen», erzählt Dumbeck.

Die 17-Jährige musste sich mit dem Thema Trauer früh beschäftigen.
Als sie neun Jahre alt war, starb ihr Vater. «Ich habe mir mein
ganzes Leben lang immer wieder Gedanken über den Tod gemacht»,
erzählt sie. Dadurch könne sie sich in Kunden hineinversetzen. «Ich
möchte Menschen in einer Phase helfen, die ich selbst erlebt habe.»
Gleichzeitig weiß sie, dass sie Grenzen ziehen muss. «Man darf den
Beruf nicht mit nach Hause nehmen.»

Den theoretischen Teil der Ausbildung absolviert Dumbeck an der
staatlichen Berufsschule im unterfränkischen Bad Kissingen. Das ist
eine von drei Schulen für angehende Bestatter in Deutschland. Viele
der angehenden Bestattungsfachkräfte kämen aus Familienbetrieben,
sagt Klaus Werner, der die Fachrichtung an der Schule betreut und den
Rahmenlehrplan für die Ausbildung miterarbeitet hat. Andere Azubis
hätten selbst jemanden verloren – wie Carolin Dumbeck. «Sie haben
erlebt, was das bedeutet: Tod, Sterben und Trauer», sagt Werner.
Meist sei die Berufswahl daher eine sehr bewusste Entscheidung.

Das zeige auch die niedrige Abbrecherquote in Bad Kissingen von fünf
bis sechs Azubis pro Jahr. «Das ist sehr wenig für die Belastung, die
dieser Beruf mit sich bringt», erklärt Werner. Emotional, psychisch,
aber auch von den Arbeitszeiten ist der Beruf eine Herausforderung:
Bestatter müssen rund um die Uhr einsatzbereit sein. Carolin Dumbeck
macht das nichts aus. Sie wolle für die Angehörigen da sein – egal,
um welche Uhrzeit. «Man kann sich ja nicht aussuchen, dass die
Menschen zwischen 8.00 und 18.00 Uhr sterben», sagt sie.

Voraussetzung sei neben der psychischen Stabilität eine gute
körperliche Konstitution, erläutert Werner. Denn nicht immer liegt
die Wohnung des Toten im Erdgeschoss. Andererseits spiele auch
Kreativität eine Rolle. «Bei den Trauerfeiern muss man die
Vorstellungen der Angehörigen umsetzen können.» Außerdem wichtig: ein
guter Umgangston. «Man arbeitet mit Menschen, die in
Krisensituationen sind.» In der Berufsschule geht es um kaufmännische
Inhalte, aber auch um Fakten rund um das Friedhofswesen, um den
Umgang mit Hinterbliebenen und um das Thema Trauerpsychologie.

Wer Bestatter werden will, müsse sowohl die Neigung als auch die
Eignung mitbringen, solch einen existenziellen Job auszuüben. «Wir
brauchen gefestigte Persönlichkeiten», sagt Oliver Wirthmann,
Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur und
Pressesprecher des Bundesverbands Deutscher Bestatter. Die Arbeit sei
deswegen so erfüllend, weil sie ermögliche, in einer ganz konkreten
Situation Menschen zu helfen.

Bestattungsfachkräfte in Ausbildung verdienen nach Angaben der
Bundesagentur für Arbeit im ersten Ausbildungsjahr 400 Euro im
Bestattungsgewerbe. Im öffentlichen Dienst ist es deutlich mehr.
Bestatter arbeiten nicht nur bei privaten Bestattungsinstituten,
sondern auch bei Friedhofsverwaltungen. In den darauffolgenden Jahren
kommen jeweils 50 Euro dazu. Die Ausbildungsbetriebe beteiligen sich
außerdem unterschiedlich stark an Fahrtkosten und Unterbringung. Die
Gehälter ausgebildeter Bestattungsfachkräfte lägen zwischen 2000 und
2300 Euro brutto, erläutert Oliver Wirthmann. Es kann im Einzelfall
aber auch deutlich weniger sein.

Möglich sei, angestellt zu arbeiten oder sich selbstständig zu
machen. Wer einen neuen Betrieb gründen will, brauche einen langen
Atem, warnt Wirthmann. Er ist sicher, dass der Markt in Deutschland
weiterhin von mittelständischen Betrieben geprägt sein wird, von
denen viele in Familienhand sind – trotz der zunehmenden Konkurrenz
durch Billiganbieter. Bestatter sei kein geschützter Beruf, erklärt
Wirthmann. Jeder darf sich so nennen. Ausgebildete
Bestattungsfachkräfte können unter anderem einen Meistertitel
erwerben.

Die Auszubildende Carolin Dumbeck hat konkrete Pläne für die Zeit,
wenn sie mit der Lehre fertig ist. Sie würde sich gerne zur
Einbalsamiererin (Thanatopraktikerin) weiterbilden lassen, erzählt
sie.

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