Gewalt unter Schülern: Davon haben viele schon gehört. Dass aber auch
Lehrer zu Opfern von Gewalt an Schulen werden – darüber wird seltener
gesprochen. Dabei ist es für viele Alltag. Was können Betroffene tun?
Düsseldorf/Hannover (dpa/tmn) – Lehrer tragen viel Verantwortung und
müssen sich großen Herausforderungen stellen – große Klassen und
Schüler mit unterschiedlichen Bedürfnissen gehören dazu. Eine Umfrage
hat jetzt gezeigt, dass ein Viertel der befragten Lehrkräfte in
Deutschland bereits Opfer von psychischer Gewalt geworden ist, sechs
Prozent gar von körperlicher Gewalt. Fragen und Antworten dazu, was
Lehrer in so einer Situation tun können und was sie wissen müssen:
Was gilt, wenn Lehrer sich gegen physische Gewalt verteidigen wollen?
Wie jeder andere, hat ein Lehrer das Recht, sich gegen Angriffe zu
verteidigen. «Wer angegriffen wird, darf in der Weise reagieren, dass
er den Angriff erfolgversprechend abwehrt», sagt der Rechtsanwalt
Rolf Tarneden aus Hannover, der sich unter anderem auf Schulrecht
spezialisiert hat. Die Verteidigung muss aber immer in angemessenem
Verhältnis zum Angriff stehen, und der Lehrer müsse dabei nicht aus
Rücksicht auf den Schüler verschiedene Verteidigungsstrategien
ausprobieren. Wird ein Lehrer zum Beispiel von einem Erstklässler
angegriffen, muss er beachten, dass der Schüler viel schwächer ist
als er. Man dürfe nicht «mit Kanonen auf Spatzen schießen», warnt
Tarneden. Auch das ergibt sich aus dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit, der immer gilt.
Wie sollten sich Lehrer verhalten, nachdem sie Opfer von Gewalt
geworden sind?
«Nicht einfach runterschlucken, das ist ganz gefährlich», warnt
Christian Otto. Der Sozialpädagoge aus Düsseldorf bietet bundesweit
Deeskalationstrainings zum Thema «Gewalt am Arbeitsplatz» an. Ob
körperliche oder psychische Gewalt: Otto empfiehlt, diese Erfahrung
psychologisch nachzuarbeiten. «Da können noch Jahre später Traumata
auftreten.» Meist werden Schüler erst gewalttätig, wenn sie sonst
nichts zu verlieren haben, wie Otto vermutet. Auch das sollten sich
Lehrer immer vor Augen halten – besonders wenn sie unter dem Gefühl,
Opfer geworden zu sein, leiden oder sich zu Unrecht dafür schämen.
An wen können Lehrer sich in einer solchen Situation wenden?
Zunächst sollten Lehrer sich an die Schulleitung wenden, rät Udo
Beckmann, Bundesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung
(VBE). Dort sollten sie darum bitten, dass die Schulaufsicht
eingeschaltet wird. «Solche Fälle dürfen nicht totgeschwiegen
werden», warnt Beckmann. Es dürfe nicht zum Privatproblem der
betroffenen Lehrer werden, die offensiv Hilfe einfordern sollten.