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Fulminante Aufholjagd der SPD – reicht es sogar für Rot-Grün?

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Im Wahlkampf drehte er auf, seine SPD überholte in wenigen Wochen die
CDU. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil triumphiert am
Wahlabend. Fraglich nur, ob es für Rot-Grün wieder reicht.

Hannover (dpa) – Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ist der
Gewinner der Landtagswahl in Niedersachsen. Zum ersten Mal seit fast
zwanzig Jahren sind die Sozialdemokraten wieder stärkste politische
Kraft in dem Bundesland. Damit ist der SPD nach einer Serie von
Niederlagen in diesem Wahljahr ein lang ersehnter Triumph gelungen.
Zwischenzeitlich schien es am Wahlabend sogar so, dass es für eine
Fortsetzung von Weils rot-grüner Regierungskoalition reichen könnte.
Außerdem bleibt ihm die Option einer großen Koalition. Die Variante
einer Ampel aus SPD, Grünen und FDP haben die Freidemokraten klar
ausgeschlossen.

Nach einem miserablen Wahljahr für die SPD ist es dem 58-jährigen
Weil gelungen, den Negativ-Trend für seine Partei zu drehen. Noch im
August führte die CDU in Niedersachsen in Umfragen mit 40 Prozent,
die SPD lag acht Punkte dahinter. Seitdem hat sich die SPD mit der
CDU eine spannende Aufholjagd geliefert. Die gelang am Ende auch
deshalb, weil nach der Bundestagswahl der negative Schulz-Faktor
wegfiel. Weil habe davon profitiert, dass der SPD-Kanzlerkandidat
nach seiner Niederlage so aufrecht in die Opposition gegangen ist,
sagt der Politologe Karl-Rudolf Korte.

Ausgezahlt hat sich die starke Personalisierung des Wahlkampfs: Weil
setzte auf Gespräche mit Bürgern, Kundgebungen mit Berliner Prominenz
gab es nur wenige. Und als früherer Oberbürgermeister von Hannover
wirkte der SPD-Politiker bei diesen direkten Begegnungen überzeugend.
«Ich kann Wahlkampf», sagt er selbstbewusst.

Alle Attacken der CDU auf Weil und die SPD prallten mehr oder minder
wirkungslos ab. Auf die ständige Kritik an der rot-grünen
Schulpolitik reagierte Weil mit dem Hinweis auf die politische
Vergangenheit seines Kontrahenten Althusmann: Dieser war bis 2013
Kultusminister. Auch Althusmanns Kritik an Weils Verhalten im
VW-Abgasskandal verfing nicht. Zu sehr sorgen sich die Wähler in
Niedersachsen um das Wohl des Autokonzerns, von dem so vieles im Land
abhängt. Am Ende bliebt der CDU nur eine Rote-Socken-Kampagne: Sie
warnte vor einem rot-rot-grünen Bündnis. Doch die Linke verpasste den
Einzug in den Landtag.

Die CDU hat mit ihrem Spitzenkandidaten Althusmann ihr schlechtestes
Ergebnis seit fast 60 Jahren eingefahren. Die Wahl-Klatsche für die
Union bei der Bundestagswahl, der Richtungsstreit, die Ungewissheit
über die bevorstehenden Jamaika-Verhandlungen: Das alles dürfte einen
großen Anteil am Absacken der CDU gehabt haben. Mehrfach hat
Althusmann im Wahlkampf gesagt, dass er sich aus Berlin mehr
Rückenwind gewünscht hätte.

Dazu kommen hausgemachte Probleme der niedersächsischen CDU.
Althusmann war in den Jahren vor der Wahl ganz raus aus der
Landespolitik: Der Ex-Kultusminister leitete das Büro der
Konrad-Adenauer-Stiftung in Namibia. Dem Wiedereinsteiger ohne
Abgeordneten-Mandat fehlte der Landtag als Arena. Und durch die
vorgezogene Neuwahl blieben ihm am Ende drei Wochen für seine
Kampagne. Das war zu wenig.

Dazu kommt der Fall Elke Twesten. Dass die grüne Landtagsabgeordnete
im August zur CDU überlief und damit die rot-grüne Landesregierung zu
Fall brachte, empfanden viele Niedersachsen als ruchbar. Was zunächst
aussah wie ein gelungener Coup der CDU, wurde für sie zur moralischen
Belastung.

Nun liegt der Ball im Feld von Stephan Weil. Reicht es nicht für sein
Wunschziel, Rot-Grün fortzusetzen, muss er ein tragfähiges Bündnis
mit der CDU schmieden. Althusmann hat bereits angekündigt, dass er
den Fraktionsvorsitz im Landtag anstrebt. Und damit seine Niederlage
indirekt eingestanden.

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