Bei der Studienwahl stehen Schulabgänger vor der Frage:
Fachhochschule oder Universität? Auf den ersten Blick sind sie
manchmal gar nicht so leicht auseinanderzuhalten. Einige Unterschiede
sollten Studienbewerber aber kennen.
Berlin (dpa/tmn) – FH und Uni – das waren einmal zwei getrennte
Welten. Heute sind die Grenzen etwas fließender geworden. Das fängt
schon beim Namen an. Denn Fachhochschulen heißen heute nicht mehr
Fachhochschulen. Viele nennen sich «Hochschule für angewandte
Wissenschaften» oder gleich neudeutsch «University of Applied
Sciences». Das macht die Sache für Schulabgänger bei der Studienwahl
nicht einfacher. «Vielen Schülern ist nicht so klar, worin die
Unterschiede liegen», sagt Astrid Schipper, Berufsberaterin von der
Arbeitsagentur Berlin. Die wichtigsten Punkte im Überblick:
– Praxis oder Forschung: Traditionell galt der Grundsatz: An der FH
lernen die Praktiker, an der Uni die Theoretiker. Ganz so
schwarz-weiß ist das Bild heute nicht mehr. Von der Tendenz her
stimmt die Aussage aber immer noch. Wer lieber in die Forschung will,
sei an der Uni richtig – die FH sei dagegen das passende Modell für
Studenten, die mehr Anwendung wollen, erklärt Schipper, die Schüler
zu akademischen Berufen berät. Angehende Ingenieure im Maschinenbau
zum Beispiel müssten an der Uni anfangs viel Mathe pauken. «Da
braucht man einen langen Atem. Und manchen geht da schnell die Puste
aus.» An der FH sei die Verknüpfung mit der Praxis oft gelungener.
Dadurch sei Studenten häufig klarer, wofür sie lernen.
Die Unterschiede seien aber kleiner geworden, ergänzt Cort-Denis
Hachmeister vom Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh. Ein
Grund sei die Bachelorumstellung: So gehöre der Anwendungsbezug nun
auch an der Uni dazu – schließlich soll der Bachelor für den Beruf
qualifizieren. Und Praktika seien auch im Uni-Studium oft vorgesehen.
Ein ganzes Praxissemester sei aber nach wie vor ein typisches Merkmal
der FH. Ein weiteres sei, dass alle Professoren Berufspraxis
mitbringen müssen.
– Studienangebot: An einer FH ist das Fächerspektrum deutlich
kleiner. Traditionell hatte sie im Wesentlichen nur
Betriebswirtschaftslehre (BWL), Ingenieurwissenschaften und Soziale
Arbeit im Programm, erläutert Hachmeister. Auf der anderen Seite
stand die Universität mit breiter Auswahl. Heute gebe es zum einen
die Entwicklung, dass Unis sich verstärkt profilieren und sich auf
eine Auswahl von Fächern beschränken. Zum anderen sind an
Fachhochschulen neue Fächer wie Kommunikations- oder Pflegemanagement
entstanden. Geisteswissenschaften sind aber weiter die Domäne der
Unis, sagt Schipper. Germanistik etwa sucht man an der FH vergeblich.
– Zulassung: Einen Unterschied gibt es weiter bei den Regeln für die
Zulassung: Für ein FH-Studium reicht die Fachhochschulreife,
Universitäten verlangen in der Regel das Abitur, erläutert
Hachmeister. An Universitäten gibt es dafür einen geringeren Anteil
an zulassungsbeschränkten Studiengängen (40,1 Prozent) als an
Fachhochschulen (45,8 Prozent), wie eine CHE-Auswertung für das
Wintersemester 2016/17 zeigt.
– Abschlüsse: Den Diplom-Ingenieur gibt es zwar vereinzelt noch –
unter anderem an der HTW Dresden mit Zusatz «FH», an der TU Dresden
ohne den Zusatz. In der Regel vergeben beide Hochschultypen heute
aber den Bachelor und Master und sind damit gleichgestellt. Auch ein
Wechsel von der FH zur Uni und umgekehrt ist im Prinzip möglich. «Die
Anschlussfähigkeit ist formal gegeben», erklärt Hachmeister. Auch in
der Wertigkeit der Abschlüsse gebe es keinen Unterschied mehr. In der
Praxis kann es bei einem Wechsel zwar Hürden geben. Das liegt aber
nicht unbedingt an Hochschulbarrieren, sondern auch daran, dass sich
unterschiedliche Bachelor- und Masterprogramme nicht immer
reibungslos verbinden lassen.
– Doktortitel: Als erste Fachhochschule in Deutschland hat die
Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Fulda im vergangenen Jahr
das Promotionsrecht erhalten. Sie darf damit ihren Studenten einen
Doktortitel verleihen. In der Regel ist das aber nach wie vor
Universitäten vorbehalten.
– Zufriedenheit: An der Fachhochschule gibt es im Vergleich zur Uni
etwas mehr Studenten, die insgesamt zufrieden mit den Bedingungen im
Studium sind. Das hat das Deutsche Zentrum für Hochschul- und
Wissenschaftsforschung (DZHW) ermittelt. So schneidet die FH in dem
Punkt etwas besser ab als die Uni (69 zu 64 Prozent). Überfüllte
Hörsäle sind dabei an Unis ein größeres Problem als an der FH. Laut
DZHW fühlt sich an der Uni rund jeder Fünfte (21 Prozent) dadurch
beeinträchtigt – an der FH nur jeder Zehnte (10 Prozent). Auch Klagen
über Anonymität sind an der Uni verbreiteter.
Berufsberaterin Schipper wundert das nicht: «Wenn Sie in einer
Vorlesung über Algebra mit 300 anderen Leuten sitzen, da kann man
sich schon verloren vorkommen.» Für Studenten, die nicht so
kontaktfreudig sind, bestehe daher gerade an großen Massenunis die
Gefahr, dass sie sich einsam fühlen. An einer kleineren FH komme man
schneller ins Gespräch.
– Betreuung: An der FH sei die Betreuung häufig intensiver, und die
Gruppen seien kleiner, sagt Schipper. Das sei ein Vorteil für
Studenten. Ihre Einschätzung spiegelt sich auch in den Werten des
DZHW wider: So wird die FH leicht besser von Studenten bewertet als
die Uni, wenn es etwa um Kontaktmöglichkeiten zu Lehrenden außerhalb
von Sprechstunden geht (66 zu 64 Prozent).
Info-Kasten: FH-Studenten fühlen sich besser auf Beruf vorbereitet
An Fachhochschulen fühlen sich Studenten besser für die Berufswelt
gewappnet als an der Uni. Das zeigen Daten des Deutschen Zentrums für
Hochschul- und Wissenschaftsforschung. Demnach findet jeder Zweite
(50 Prozent) an der FH, dass er eine gute Berufsvorbereitung erhält.
An der Uni sagt das nur knapp jeder Dritte (31 Prozent). Auch für den
Praxisbezug der Lehrveranstaltungen geben deutlich mehr Studenten an
der FH als an der Universität gute Noten (76 zu 49 Prozent).
Info-Kasten: Anteil der FH-Studenten steigt
Die Zahl der FH-Studenten ist stark gestiegen: 957 511 gab es laut
Statistischem Bundesamt im Wintersemester 2016/17 – damit hat sich
der Wert in den vergangenen 15 Jahren mehr als verdoppelt. Auch ihr
Anteil an allen Studenten wächst stetig: Heute ist jeder dritte
Student (34 Prozent) an der FH, 10 Jahre zuvor war es erst jeder
Vierte (27 Prozent). Zugleich sind die Studenten an den Unis weiter
klar in der Mehrheit. Im vergangenen Wintersemester waren
es 1 773 551. Noch immer lernen also im Vergleich zur FH fast doppelt
so viele Studenten an der Uni.