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Entgrenzte Arbeitswelt: Wie Berufstätige Grenzen setzen können

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Kaum jemand möchte ohne sein Smartphone leben. Doch die ständige
Erreichbarkeit versetzt gerade Berufstätige in
Daueralarmbereitschaft. Doch nur wer Grenzen setzt, kann auch
produktiv arbeiten.

Berlin (dpa/tmn) – Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt –
und macht sie flexibler. In vielen Jobs ist das Büro dank moderner
Technik dort, wo man selbst ist – in der Bahn, zu Hause oder
eventuell auch im Urlaub. Die Grenzen zwischen Arbeits- und
Privatleben verschwimmen.

Können Berufstätige trotzdem noch Grenzen setzen?

«Nicht die Maschine bestimmt, was geschieht, sondern der Mensch»,
sagt Organisationspsychologe Stefan Poppelreuter aus Bonn. Der Mensch
müsse die Oberhand behalten. «Es hängt von uns selbst ab, ob der
positive Wert, der in diesen Erfindungen steckt, genutzt wird, oder
ob wir uns unterjochen lassen», so der Experte. Mit der Freiheit, die
moderne Technik bringen kann, komme auch eine größere Verantwortung
auf den einzelnen zu.

Was gibt es für praktische Tipps?

Mit dem Smartphone haben Berufstätige oft ihr ganzes Büro dabei. «Ich
rate zu unterschiedlichen Geräten», sagt Arbeitspsychologe Prof. Tim
Hagemann von der Fachhochschule der Diakonie in Bielefeld. Wer
dasselbe Gerät für Privates und Berufliches nutzt, könne schwer
trennen. Das gleiche gelte für Telefonnummer und Mailadresse. «Wir
sind soziale Wesen, extrem neugierig. Kommt eine Nachricht, wollen
wir auch wissen, was drinsteht.» Hagemann vergleicht das mit dem
Briefträger: «Würde der am Tag drei Mal klingeln, würden wir auch
jedes Mal aufmachen.» Wer keine zwei Geräte hat, könne stattdessen
ein sogenanntes Dual-Sim-Handy und getrennte Mailpostfächer nutzen.

Wie funktioniert das mit dem Arbeitgeber?

Wer mobil arbeitet, etwa von daheim, braucht das Vertrauen des
Vorgesetzten. «Wer mal kurz im Bad ist, darf keine Angst haben, dass
der Chef in der Zwischenzeit anruft, und denkt, man würde gar nicht
arbeiten, weil man nicht direkt rangeht», sagt Hagemann. Wichtig sei
hier vor allem die Kommunikation: «Man sollte immer den Chef und das
Team einbinden, informieren, wann man wie erreichbar ist – und auch,
wann nicht.»

Wie kann ich trotz Ablenkung durch Technik konzentriert arbeiten?

«Man sollte vormittags konzentriert arbeiten», rät Hagemann. Das
heißt: Auch mal offline gehen, Mails eher am frühen Nachmittag
beantworten. «Auch eine entsprechende Abwesenheitsnotiz im
Mailprogramm kann sinnvoll sein.» Darin kann etwa stehen, dass man
erst ab 14 Uhr wieder erreichbar ist. Telefonkonferenzen sollten
ebenfalls nicht vormittags stattfinden. Auch Organisationspsychologe
Poppelreuter findet: «Von uns sind bessere Absprachen und
Selbstorganisation gefragt.»

Was habe ich sonst noch für Möglichkeiten?

«Nicht der Beruf wählt mich, sondern ich wähle den Beruf», sagt
Poppelreuter. Wer nicht in einem Beruf arbeiten möchte, der ständige
Erreichbarkeit fordert oder schnelle Reaktion, könne sich
umorientieren. «Denn wer in bestimmten Jobs gar nicht flexibel
arbeiten möchte, wird das nur schwer durchsetzen können.»
Poppelreuter setzt auf die persönliche Verantwortungsübernahme. Jeder
müsse sich über seine eigenen Grenzen klar werden und diese auch
setzen. «Wenn es im Job einfach nicht passt oder funktioniert, dann
muss ich mein Leben selbst anders gestalten.»

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