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Die Politikerin: Von Selters statt Sekt und Vorurteilen

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«Wie arbeiten Sie denn?» – Jeder Berufstätige kann über seine Zunft
eine Geschichte erzählen. Doch die wirklich spannenden Fragen wagen
viele nicht zu stellen. Dabei ist kaum ein Job langweilig. Diesen
Monat: drei Fragen an die Politikerin.

Berlin (dpa/tmn) – Nadine Schön (34) sitzt seit 2009 für die CDU im
Deutschen Bundestag. Vorher war die gebürtige Saarländerin
Abgeordnete im Landtag ihrer Heimat. Über das Leben als Politikerin.

Mal ehrlich, wie glamourös ist dieses Politikerleben wirklich?

Naja, das hält sich doch sehr in Grenzen. Gerade die Berliner
Sitzungswochen sind mit Terminen und Sitzungen gut durchgetaktet und
sehr arbeits- und zeitintensiv. Wenn ich abends mal keinen Termin,
keine Sitzung oder Besprechung habe, nutze ich meistens die
Abendstunden für Büroarbeit. Also eher Selters statt Sekt, zumal am
nächsten Morgen der Wecker um 6.00 Uhr klingelt. Es gibt natürlich
auch zahlreiche aufwendig gestaltete «Parlamentarische Abende». Die
besuche ich aber nur, wenn es einen fachlichen Bezug gibt. Dann sind
sie eine angenehme und willkommene Abwechslung. Und in
Wahlkreiswochen zu Hause in der Heimat führt man ein relativ normales
Leben und ist froh, wenn man Zeit für Familie und Freunde hat.

Derzeit gibt es in einigen Teilen unserer Gesellschaft eine große Wut
auf Politiker. Bekommen Sie das auch zu spüren?

Das ist leider nicht motivierend. Gerade unsere Kommunalpolitiker,
die sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich für ihre Heimat einsetzen,
verdienen deutlich mehr Respekt und Anerkennung. Aber auch für uns
Abgeordnete ist es manchmal frustrierend zu sehen, dass in der
Öffentlichkeit gelegentlich ein völlig falsches Bild von unserer
Arbeit herrscht und man sehr vorurteilsbeladenen Beschimpfungen
ausgesetzt ist. Teilweise wird Politikern ja sogar abgesprochen,
etwas bewegen zu wollen. Die Hemmschwelle in den sozialen Medien ist
in der Tat gesunken, ein gewisses Maß an Verrohung eingetreten. Dem
müssen wir entgegentreten, denn das ist eine Gefahr für die
politische Auseinandersetzung. Ich will, dass auch in Zukunft
Menschen Freude daran haben, sich politisch zu engagieren, in harter,
aber fairer inhaltlicher Auseinandersetzung um den richtigen Weg.
Denn davon lebt unsere Demokratie.

Politik kennt keine Freunde, heißt es. Ist man als Politikerin oft
einsam?

Politik ist sehr zeitintensiv und familienunfreundlich. Das birgt
schon die Gefahr, dass man andere wichtige Dinge des Lebens wie
Familie und Freundschaften vernachlässigt. Die Freiräume muss man
sich ständig neu erarbeiten. Und wenn Ihre Frage auf das Klischee der
«Parteifreunde» abzielt: Ellenbogenmentalität gibt es sicherlich auch
im Politikbetrieb. Aber ich glaube nicht mehr oder weniger als in
anderen Bereichen auch. Ich jedenfalls habe auch in der Politik
Freunde und Vertraute gefunden.

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