SDS-newsline Onlinezeitung

David Camerons Rücktrittsrede in Auszügen

| Keine Kommentare

London (dpa) – Der britische Premierminister David Cameron, der für
einen Verbleib seines Landes in der EU geworben hatte, will bis
spätestens Oktober zurücktreten. Der konservative Politiker
versicherte zudem, dass Regierung und Parlament den Volkswillen
respektieren und mit der EU den Austritt aushandeln werden. Seine
Rücktrittsrede in Auszügen:

«Das Land hat gerade an einer gigantischen demokratischen Übung
teilgenommen, vielleicht der größten unserer Geschichte. Mehr als 33
Millionen Menschen aus England, Schottland, Wales, Nordirland und
Gibraltar haben ihre Meinung gesagt. Wir sollten stolz darauf sein,
dass wir auf diesen Inseln den Menschen trauen, solche großen
Entscheidungen zu treffen. (…)

Das britische Volk hat dafür gestimmt, die Europäische Union zu
verlassen, und wir müssen seinen Wunsch respektieren. (…) Der Wille
des britischen Volkes ist ein Befehl, der ausgeführt werden muss. Es
war keine leichtfertige Entscheidung, nicht zuletzt deshalb, weil so
viele verschiedene Organisationen so viele Dinge über die Bedeutung
dieser Entscheidung gesagt haben. (…)

Ich möchte den Märkten und Investoren versichern, dass die britische
Wirtschaft grundsätzlich stark ist. Und ich möchte auch den Briten,
die in kontinentaleuropäischen Ländern leben, sowie europäischen
Bürgern, die hier leben, versichern, dass sich ihre Situation nicht
sofort ändern wird. Die Art und Weise, wie unser Volk reisen kann,
wie unsere Güter bewegt oder wie unsere Dienstleistungen verkauft
werden können, wird sich zunächst nicht ändern.

Wir müssen uns jetzt auf eine Verhandlung mit der Europäischen Union
vorbereiten. Dazu brauchen wir den vollen Einsatz der Regierungen von
Schottland, Wales und Nordirland, um sicherzustellen, dass die
Interessen aller Teile des Vereinigten Königreiches geschützt und
gefördert werden.

Dafür ist vor allem eine starke, entschiedene und engagierte Führung
nötig. Ich bin sehr stolz und sehr geehrt, sechs Jahre lang der
Premierminister dieses Landes gewesen zu sein. Ich glaube, wir haben
große Schritte getan. Mehr Menschen denn je in unserer Geschichte
haben Arbeit. Wir haben den Wohlfahrtsstaat und das Bildungswesen
reformiert. Wir haben den Menschen mehr Möglichkeiten für ihr Leben
gegeben und eine größere und stärkere Gesellschaft geschaffen. Wir
haben unsere Versprechen an die ärmsten Menschen der Welt gehalten
und denen, die sich lieben, unabhängig von ihrer sexuellen Identität
ermöglicht zu heiraten. Vor allem haben wir aber die wirtschaftliche
Stärke Großbritanniens wiederhergestellt. Ich bin all denen dankbar,
die dazu beigetragen haben.

Ich war auch immer der Meinung, dass wir uns großen Entscheidungen
stellen müssen, statt ihnen auszuweichen. (…) Deshalb haben wir ein
faires, rechtmäßiges und entscheidendes Referendum in Schottland
durchgeführt. Und aus diesem Grund habe ich auch versprochen, die
Rolle Großbritanniens in der Europäischen Union neu zu verhandeln
sowie das Referendum über unsere Mitgliedschaft abzuhalten, und diese
Dinge auch ausgeführt.

Ich habe diese Kampagne auf die einzige Art und Weise geführt, die
ich kenne: direkt und leidenschaftlich für das, was ich denke und
fühle – mit Kopf, Herz und Seele. Ich habe mich nicht zurückgehalten.
Ich habe meine Überzeugung, dass Großbritannien innerhalb der
Europäischen Union stärker, sicherer und besser dran ist, absolut
klargemacht. Und ich habe klargestellt, dass es in dem Referendum nur
allein darum ging, und nicht um die Zukunft eines einzelnen
Politikers, auch nicht meine eigene.

Aber das britische Volk hat eine sehr klare Entscheidung getroffen,
einen anderen Weg zu gehen. Und deshalb glaube ich, dass das Land
eine neue Führung braucht, um diese Richtung zu verfolgen. Als
Premierminister werde ich alles mir Mögliche dafür tun, das Schiff in
den kommenden Wochen und Monaten auf stabilem Kurs zu halten. Aber
ich glaube nicht, dass es richtig wäre, der Kapitän sein zu wollen,
der unserer Land auf sein nächstes Ziel zusteuert.

Es ist keine Entscheidung, die ich leichtfertig getroffen habe. Aber
ich glaube, es ist im Interesse der Nation, eine stabile Phase zu
haben, und danach die nötige neue Führung.

Wir müssen heute keinen konkreten Zeitplan festlegen, aber meiner
Ansicht nach sollten wir darauf hinarbeiten, zum Beginn des
Parteitags der Konservativen im Oktober einen neuen Premierminister
im Amt zu haben. Es wird wichtig sein, Stabilität zu garantieren, und
ich werde als Premierminister mit meinem Kabinett für die nächsten
drei Monate im Amt bleiben. (…)

Die Verhandlung mit der Europäischen Union muss unter einem neuen
Premierminister beginnen, und ich halte es für richtig, dass dieser
neue Premierminister die Entscheidung trifft, wann er auf Artikel 50
zugreifen möchte, um den offiziellen rechtlichen Austrittsprozess aus
der EU in Gang zu setzten. Ich werde in der nächsten Woche im
Europäischen Rat sein, um sowohl die Entscheidung des britischen
Volkes als auch meine eigene zu erklären.

Das britische Volk hat eine Entscheidung getroffen, die wir nicht nur
respektieren müssen. Diejenigen auf der Verliererseite –
einschließlich mir selbst – sollten zur ihrer Umsetzung beitragen.
(…) Auch wenn ein Austritt aus Europa nicht der Weg war, den ich
empfohlen habe, bin ich der erste, der unsere unglaublichen Stärken
lobt.

Ich habe schon zuvor gesagt, dass Großbritannien außerhalb der
Europäischen Union überleben kann, und dass wir tatsächlich einen Weg
finden könnten. Jetzt, da die Entscheidung für einen Austritt
gefallen ist, müssen wir den besten Weg finden, und ich werde alles
mir Mögliche tun, zu helfen.»

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.