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CSU-Grabenkämpfe um Seehofers Erbe

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Die CSU sieht sich selbst gerne als große politische Familie. Doch
das Hauen und Stechen im Machtkampf um Horst Seehofers Erbe zeigt:
Die Spaltung in zwei zerstrittene Familienteile wird immer tiefer.

München (dpa) – Horst Seehofer kann eigentlich nichts tun. Nur
zuschauen. Während der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident in
Berlin derzeit quasi Tag und Nacht über ein mögliches Jamaika-Bündnis
verhandelt, hat der Machtkampf um sein Erbe zu Hause in Bayern einen
neuen und – man muss es so sagen – schmutzigen Höhepunkt erreicht.
Der Machtkampf zwischen den Anhängern des aussichtsreichsten
Seehofer-Nachfolgers als Regierungschef, Finanzminister Markus Söder,
und dessen Gegnern.

Was ist passiert? Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner hat im
Gespräch mit Parteifreunden eine Idee geäußert, die von außen
betrachtet eigentlich gar nicht so abwegig ist: eine Urwahl des
Spitzenkandidaten für die so wichtige Landtagswahl im Herbst 2018.
Nur: Irgendwie hat diese Überlegung den Weg in die Öffentlichkeit
gefunden, pünktlich zum entscheidenden Jamaika-Wochenende. Und:
Aigner hat offenbar kundgetan, dass sie selber dann antreten würde.
Die Nachricht in verkürzter Fassung: Aigner will Seehofer ablösen.

Die Folge des Manövers ist: Der Riss, der seit dem CSU-Fiasko bei der
Bundestagswahl, seit Beginn des Machtkampfs um Seehofers Erbe, durch
die Partei geht, ist nun zu einer tiefen Schlucht geworden. Zwar ging
es in der Geschichte der CSU nie zimperlich zu, wenn Spitzenämter neu
verteilt wurden. Doch die Art und Weise, wie die Attacken nun geführt
werden, ist jedenfalls in der jüngeren Vergangenheit ohne Beispiel.

Da wirft Kultusminister Ludwig Spaenle, ein Vertrauter Söders, seiner
Kabinettskollegin Aigner öffentlich «politisches Leichtmatrosentum»
vor. Da sagt der oberbayerische Landtagsabgeordnete Florian Herrmann
über seine Bezirksvorsitzende, deren Tun sei «parteischädigend, weil
nicht irgendwelche Möchtegerns Ministerpräsident werden können,
sondern nur jemand, der das Zeug dazu hat». Und ein weiterer
Oberbayer sagt schlicht: «bemerkenswert dumm». Die öffentliche
Unterstützung für Aigners Vorschlag hält sich dagegen in Grenzen.
Ex-Staatskanzleichefin Christine Haderthauer etwa sagt, sie könne der
Idee «einiges abgewinnen» – wenn Seehofer nicht mehr antreten will.

Fakt ist: In der CSU-Landtagsfraktion hätte Söder seit längerer Zeit
eine klare Mehrheit hinter sich. Und auch auf einem Parteitag dürfte
er breite Unterstützung bekommen, heißt es quer durch die CSU – erst
recht dann, wenn Seehofer noch einmal Parteichef bliebe oder es auf
eine Doppelspitze etwa aus Söder und Alexander Dobrindt hinausliefe.
Aigner kam in den meisten Planspielen dagegen lange nicht mehr vor.

Nur: Als uneingeschränkter Sympathieträger gilt Söder sicher nicht.
Insofern gehen viele führende CSU-Politiker davon aus, dass es Söder
bei einer Mitgliederbefragung durchaus schwerer haben würde – was
wiederum die harschen Aigner-Attacken seiner Anhängerschaft erklärt.
«Bei einer Mitgliederbefragung hätte Söder sicher schlechtere Chancen
als in der Fraktion oder auf dem Parteitag», sagt ein CSU-Vorstand.
Wittert Aigner, lange außen vor, tatsächlich noch einmal Morgenluft?

Söders Problem ist, dass er in der CSU-Führung viele Gegner hat:
CSU-Vize Manfred Weber beispielsweise, aber auch Aigner. Und Seehofer
sowieso. Was, wenn der 68-Jährige die Urwahl-Idee am Ende aufgreift?

Fraglich ist, was eine Befragung der Mitglieder bringen würde. Könnte
dies die CSU befrieden? Das sagen die einen in der Partei. Oder würde
das die Spaltung nur noch weiter vertiefen – weil Sinn und Zweck der
Urwahl dann nur sei, Söder zu verhindern? Das sagen die anderen.
Nicht nur Söder-Anhänger warnen zudem vor einem Binnen-Wahlkampf und
reiner Selbstbeschäftigung, und das zu Beginn des Wahljahres. Als
wahrscheinliches Szenario galt eine Urwahl deshalb erst einmal nicht.

Zunächst aber heißt es sowieso: Warten auf Seehofer. Der will nach
dem Ende der Jamaika-Sondierungen endlich sagen, wie er sich die
künftige personelle Aufstellung der Partei vorstellt. Schmeißt er
hin? Will er weitermachen? Und, wenn ja, in welchem Amt? Klar ist:
Bei den Sitzungen von Fraktion und Parteivorstand, die wegen der
andauernden Jamaika-Gespräche vertagt wurden, dürfte es zur Sache
gehen. «Die Fronten sind unversöhnlicher geworden», ist zu hören.

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