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Bye, bye, Studium – Wann die Uni nicht das Richtige ist Von Marie Blöcher

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Selbstdisziplin und Fleiß werden jedem Studenten abverlangt – da
heißt es manchmal Zähne zusammenbeißen. Doch wer sich durch das
gesamte Studium quält, sollte den Traum von der akademischen Karriere
überdenken. Wann ist der Zeitpunkt, einen anderen Weg einzuschlagen?

Berlin/Bonn (dpa/tmn) – Manchen Schülern spukt sie schon vor dem
Abitur durch den Kopf, andere stellen sich erst danach die Frage: Was
mache ich jetzt? Für viele liegt der Schritt an die Uni nahe. Doch
nicht für jeden ist eine akademische Laufbahn der richtige Weg.

«Viele Studienanfänger treffen ihre Wahl für den nächsten Schritt
nach der Schule, ohne sich gründlich zu informieren», sagt
Hans-Werner Rückert, Leiter der Studienberatung an der Freien
Universität Berlin. Was sich hinter einem Hochschulstudium im
Allgemeinen und hinter einem bestimmten Fach verbirgt, merkten sie
erst mittendrin. Gleichzeitig gibt es keinen großen Zeitpuffer, um
sich im Studium zu orientieren. Denn die Studenten haben im
Hinterkopf, dass Prüfungsleistungen im Bachelor von Beginn an für die
Gesamtnote zählen.

Den Zweifeln daran, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben, müssen
sie sich trotzdem stellen, sagt der Psychologe. «Für viele Studenten
ist eine solche Entscheidung die erste Krise im Leben.» Deshalb macht
es Sinn, sich Hilfe zu holen: Im Gespräch mit Kommilitonen, Eltern
oder in der Studienberatung der Universität. Dann gilt es,
herauszufinden, ob es sich bei den Schwierigkeiten um anfängliche
Probleme handelt oder ein Studium insgesamt nicht passt und man
beispielsweise in einer Ausbildung besser aufgehoben ist.

Um sicherzugehen, dass die Zweifel am eingeschlagenen akademischen
Weg nicht nur eine Phase sind, rät die Psychologin Tanja Schuck dazu,
sich ein Ultimatum zu setzen: Einen bestimmten Zeitraum, etwa ein
Semester, wartet man ab, um herauszufinden, wie man mit dem Studium
zurechtkommt. Dabei ist es wichtig, die eigene Motivation für das
Studium zu hinterfragen: «Wollen die Eltern unbedingt, dass man das
Jura-Studium absolviert, ist das nicht die richtige
Entscheidungsgrundlage um die akademische Laufbahn
weiterzuverfolgen.»

Außerdem muss man herausfinden, wie viel Energie man bereit ist in
das Studium zu investieren. «In jedem Studium gibt es Module oder
Fächer, die einem nicht liegen, und Phasen, in denen man sich
durchbeißen muss.» Das bedeutet nicht, dass man aufgeben sollte,
sobald es anstrengend wird, mahnt Schuck. «Indikatoren dafür, dass
die eigenen Grenzen endgültig erreicht sind, sind zum Beispiel
Müdigkeit, Lustlosigkeit und depressive Gedanken, die länger
andauern», erklärt Schuck.

Die Anforderungen eines Studiums gehen über den vermittelten Stoff
hinaus, erklärt Matthias Jaroch vom Deutschen Hochschulverband: «Ein
Studium fordert eine hohe Motivation, Disziplin und vor allem die
Fähigkeit, sich selbst zu organisieren.» Genau wie die fachlichen
Inhalte und eine passende Prüfungsvorbereitung kann man das erlernen
– allerdings nur bis zu einem gewissen Grad. «Studieren kann und darf
anstrengen, aber in der Gesamtbilanz sollte es mehr Lust als Last
sein.» Wer also an den Punkt der permanenten Überforderung kommt, für
den ist ein anderer Werdegang passender. Steht die Entscheidung dem
Studium den Rücken zu kehren fest, sollte man sich zügig nach einer
Alternative wie einer Ausbildung umsehen, rät Jaroch.

Auch wenn das Studium nicht gepasst hat, helfen die gesammelten
Erfahrungen, den Wechsel in eine andere Laufbahn vorzubereiten und
umzusetzen, meint Rückert. Im Gespräch mit einem Studienberater oder
einer Bezugsperson aus dem privaten Umfeld kann man rekapitulieren
und sich fragen: Was hat mir am Studium genau missfallen? Wo liegen
meine Stärken und Schwächen? Welche Themen interessieren mich
besonders?

Geht es in einem nächsten Schritt darum, eine passende Branche zu
finden, kann man sich zum Beispiel über die Handelskammern oder die
Agentur für Arbeit informieren. Außerdem ist es hilfreich, Berufe
auszuprobieren: Ein Praktikum, eine Hospitanz oder auch der kurze
Besuch in einem Betrieb können einen Eindruck vermitteln, wie eine
Ausbildung aussieht, erklärt Rückert.

Wer sich für einen bestimmten Beruf entschieden hat, sollte sich
rechtzeitig informieren, wie eine Bewerbung abläuft. Denn
Bewerbungszeitraum und Anforderungen sind anders als an der
Universität. Wer vor dem Wechsel in die Ausbildung schon länger
studiert hat, sollte sich außerdem erkundigen, ob sich Leistungen aus
dem Studium auf die Ausbildung anrechnen lassen und sich dadurch
beispielsweise die Ausbildungszeit verkürzt.

Auch wenn die Entscheidung, ein Studium abzubrechen, Nerven kostet
und der Wechsel in eine Ausbildung unbequem ist: Einen neuen Weg
einzuschlagen, kann auch etwas Positives sein, sagt Jaroch. «Mit
jedem Umweg im Lebenslauf sammelt man neue Erfahrungen und lernt
etwas dazu. Und häufig zeigt eine Umorientierung auch, dass man sich
mit den eigenen Stärken und Schwächen auseinandergesetzt hat.»

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