Viele glauben, dass Kinderspielzeug aus China oder Taiwan kommt. Doch
das stimmt nur bedingt. Auch in Deutschland wird es produziert.
Holzspielzeugmacher ist sogar ein altes Handwerk. In dem Beruf sind
die Übernahmechancen nach der Lehre gut.
Seiffen (dpa/tmn) – Die Bauklötze, mit denen man hohe Türme gebaut
hat oder die Puppe, ohne die man nicht einschlafen konnte: Jeder
erinnert sich noch an sein Lieblingsspielzeug aus der Kindheit. Doch
wie kommt man dazu, Spielsachen herzustellen? Eine Möglichkeit ist
die Ausbildung zum Holzspielzeugmacher.
Großes Interesse an Malen und Basteln hat Julia Niezel seit ihrer
Kindheit. Auch Holz hat sie seit jeher fasziniert: «Mein Ur-Ur-Opa
hat einen selbstgemachten Leuchter hinterlassen, der an Weihnachten
bei uns aufgehängt wird – der hat die Begeisterung für Holzkunst bei
mir entfacht.» Den Ausbildungsberuf zur Holzspielzeugmacherin hat sie
zufällig auf der Webseite der Arbeitsagentur gefunden. «Ich habe nach
einer Ausbildung gesucht, die mit Holz zu tun hat, aber kreativ ist
und künstlerische Ansprüche hat. Ich wollte auch gern etwas
Traditionelles machen.»
Seit September 2015 lernt die 18-jährige in dem sächsischen Kurort
Seiffen Drechseln, Schnitzen und Malen. Die Lehre erfolgt im dualen
System: Die theoretischen Grundlagen erlernt die Auszubildende in der
Holzspielzeugmacher- und Drechslerschule Seiffen, der einzigen in
Deutschland. Die praktische Ausbildung macht sie im Unternehmen.
Viele Betriebe sind im Erzgebirge und in anderen Teilen Sachsens.
Etwa 200 Firmen gibt es in der Branche.
Der Holzspielzeugmacher ist als Berufsbezeichnung in den 1930er
Jahren entstanden. Klassisches Holzspielzeug wie Bauklötze und
Hampelmänner erstellt man in der dreijährigen Ausbildung heute kaum
noch. «In erster Linie ist die Ausbildung ausgerichtet auf
Erzeugnisse des Erzgebirges, wie etwa Pyramiden, Miniaturen und
Figuren», sagt Dieter Uhlmann. Er ist Geschäftsführer des Verbandes
Erzgebirgischer Kunsthandwerker und Spielzeughersteller.
«In der Ausbildung lernt man Drechseln, das ist die hauptsächliche
Holzbearbeitungsmethode», sagt er. Doch vom Sägen über das Feilen bis
hin zum Leimen erarbeiten sich die Jugendlichen auch viele
Fertigkeiten, die ein Tischler beherrschen muss. Die Auszubildenden
beschäftigen sich auch damit, CAD-Zeichnungen zu erstellen
oder CNC-Maschinen zu programmieren.
Wer sich für den Beruf interessiert, sollte neben Interesse am
Handwerken Geduld mitbringen, rät Lehrling Niezel. «Talent zum
Schnitzen und Drechseln ist gut, braucht es aber nicht unbedingt, das
kann man lernen.» Wichtig sei außerdem Interesse an der Tradition.
Für die Ausbildung ist kein bestimmter Schulabschluss vorgeschrieben.
«Die Bewerbungen schickt man direkt an den Betrieb, nicht an die
Schule», rät Niezel. Meist gebe es neben dem Bewerbungsgespräch noch
einen Eignungstest. «Da wurde zum Beispiel das Interesse am
kulturellen Erbe der Region geprüft und ob der Bewerber wirklich
Interesse am Handwerk hat», erklärt Niezel.
Die Jobaussichten sind gut. Die Ausbildungsbetriebe übernehmen in der
Regel den Nachwuchs nach der Lehre, sagt Uhlmann. Die Bezahlung
während der Ausbildung ist nicht über einen Tarifvertrag geregelt.
«Die Betriebe können frei entscheiden, wie viel Lohn sie den
Auszubildenden zahlen», erläutert Uhlmann. Die gesetzliche
Untergrenze liege bei 400 Euro monatlich im ersten Lehrjahr. Einige
Unternehmen zahlten bis zu 600 Euro im ersten Jahr. Im dritten
Lehrjahr liege die Spanne zwischen 550 bis 900 Euro.
Nach der Ausbildung kann man sich spezialisieren. «Man kann später
als Maschinenarbeiter tätig werden oder sich für die Malerei
entscheiden», sagt Uhlmann. Möglich ist auch, seinen Schwerpunkt auf
das Drechseln oder Montieren zu legen. Ebenso ist eine
Spezialisierung zum Spritzer möglich. Diese Fachkräfte behandeln
größere Oberflächen.
Die Ausbildung zum Holzspielzeugmacher ist nicht der einzige Weg zum
Spielzeugmacher. Zum Beispiel wird auf Burg Giebichenstein in Halle
der Studiengang Spiel- und Lerndesign angeboten. Außerdem gebe es für
Handwerker die Möglichkeit, eine Zusatzausbildung zum Spielzeugmacher
an der staatlichen berufsbildenden Schule Sonneberg zu absolvieren,
sagt Nadja Lüders. Sie ist Vorstand im Verein für
Spielzeugmanufakturen Wir machen Spielzeug. Auch Quereinsteiger
hätten Chancen. «Es gibt viele Kleinhersteller und Start-ups in
diesem Bereich, die in Heimarbeit ihr Spielzeug herstellen und es
dann auf Internet-Plattformen verkaufen.»
Eine handwerkliche Ausbildung oder ein Produktdesign-Studium sei in
jedem Fall von Vorteil, sagt Lüders. Die Gesetzgebung ist in den
vergangenen Jahren strenger geworden. Für Kinderspielzeug gebe es
hohe Qualitätsanforderungen. Einfach sei es nicht für
Kleinhersteller, erklärt Lüders. Dennoch gebe es Möglichkeiten.
«Start-ups können mit etablierten Spielwarenherstellern
zusammenarbeiten. Manche Unternehmen bringen pro Jahr mehrere hundert
neue Spielzeugmodelle auf den Markt. Dazu braucht man viele Ideen.»