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Berufswünsche von Jugendlichen richtig übersetzen

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«Ich werd‘ Youtuber!» Wenn Eltern diesen Berufswunsch von ihren
Kindern hören, dürften viele die Augen verdrehen und denken: Bitte
nicht! Doch allzu schnell sollten sie so etwas auch nicht als
Spielerei abtun. Es gilt vielmehr, die Berufswünsche zu übersetzen.

«Was mit Medien»: So lautete früher oft die
Antwort von Jugendlichen auf die Frage, was sie eines Tages beruflich
machen wollen. Heute heißt es dagegen eher «was mit social media».
Oder gleich «was mit Youtube». Denn damit wachsen die sogenannten
Digital Natives heute auf. Nur: Nicht jeder kann ein Youtube-Star
werden, «und Influencer ist kein dualer Ausbildungsberuf», sagte
Andreas Pieper vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) auf der
Bildungsmesse Didacta in Hannover (noch bis 24. Februar).

Viele Eltern dürften daher erstmal den Kopf schütteln, wenn sie so
etwas von ihren Töchtern und Söhnen hören. Doch was sollten sie in
solch einem Fall tun? Ganz einfach, sagt Pieper: Sie sollten die
Wünsche ein wenig übersetzen und ergründen, was dahintersteckt. Und
dann können sie mit den Kindern nach passenden Ausbildungen suchen.

Die Palette ist breit: Im IT-Bereich gibt es mehrere Ausrichtungen,
vom Techniker über den Entwickler bis hin zum Kaufmann. Ein Beispiel
für Jugendliche, die als Antwort auf den Berufswunsch «was mit
Internet» sagen: Zum 1. August 2018 startet die neue Ausbildung für
Kaufleute im E-Commerce, sagt Pieper. Hier lernen Azubis alles rund
um die Gestaltung von Online-Shops und die Warenbestellung im Netz.

Wenn Teenager sich für Software und Spiele interessieren, ist eine
Lehre als Fachinformatiker zum Beispiel mit der Ausrichtung
Anwendungsentwicklung ein guter Anfang. «Das ist ein Beruf, der
boomt», sagte Pieper. Für Youtube-Fans ist eine Ausbildung zum
Mediengestalter eine gute Basis. Und bei Schmink-Tutorials ist die
naheliegende Frage: Warum nicht erstmal Kosmetikerin werden?

Klar ist: Moderne Technik bietet viele Berufschancen. «IT ist eine
Zukunftsbranche», sagt Pieper. Und sie ist heute wichtiger denn je –
nicht nur in der Hightechbranche. «Die Digitalisierung macht sich in
fast allen Berufen bemerkbar.» Der Schreiner von heute macht längst
Pläne am PC und nutzt Apps zum virtuellen Einrichten und Ausmessen
von Flächen. Der Dachdecker prüft das Dach, indem er Fotos davon mit
einer Drohne macht. Und der Schornsteinfeger kommt zum Heizungscheck
mit dem Laptop.

IT-Berufe sind aber weiter eine Männerdomäne. Das spiegelt sich auch
in der Lehre wider: Bei den meist gewählten Ausbildungsberufen
tauchte 2016 bei den Frauen der erste IT-Beruf erst an Rang 21 auf,
bei den Männern schon an zweiter Stelle. Dabei ist der Bedarf da:
Viele Branchen in Deutschland leiden inzwischen unter einem
Fachkräftemangel – das gilt auch für die sogenannten MINT-Berufe
(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik).

Frauen seien in Technikberufen nach wie vor unterrepräsentiert – das
habe vielfältige Ursachen, etwa überholte Rollenbilder und die
fehlende Förderung von Mädchen in den MINT-Fächern, erklärt Juliane
Petrich vom IT-Verband Bitkom. Um daran etwas zu ändern, muss man
früh beginnen. «Mädchen müssen in der Schule so früh wie möglich für
MINT-Fächer begeistert werden.» Dafür brauche es eine gezielte
Förderung durch Lehrer und weibliche Vorbilder in diesem Bereich.
Positive Erfahrungen gebe es etwa mit speziellen Frauenstudiengängen
im MINT-Bereich.

Die gute Nachricht dabei: Im Studienbereich Informatik ist die Zahl
der weiblichen Studienanfänger 2016 gegenüber dem Vorjahr um fast
sieben Prozent gestiegen. Damit liege der Anteil von Frauen unter den
Erstsemestern erstmals bei über 25 Prozent – so hoch wie nie, wie die
Initiative «Komm, mach MINT» erläutert. 2008 lag der Anteil noch bei
unter 20 Prozent.

Eltern sollten Mädchen also ruhig Mut machen, wenn diese sich für
Technik interessieren, rät Pieper. Dann ist es im ersten Schritt
ratsam, in Selbsttests zu prüfen, ob dieser Bereich einem liegt. Und
dann ist es wichtig, in der Praxis in den Bereich hineinzuschnuppern
– etwa bei einem Praktikum oder bei Aktionstagen wie dem Girls‘ Day.

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