Mehr als zwei Jahre nach dem rätselhaften Verschwinden des Tores mit
der Aufschrift «Arbeit macht frei» ist das Symbol für die
Schreckensherrschaft der Nazis zurück in der KZ-Gedenkstätte Dachau.
Es bekommt dort einen sicheren Platz.
Dachau (dpa) – Es ist Punkt 12.14 Uhr, als zwei Mitarbeiter einer
Spedition die Türen des Lasters öffnen. Sie lösen die Gurte, mit
denen die sorgfältig verpackte Ladung gesichert ist. Als die Männer
das Paket behutsam anheben und wie zerbrechliches Glas auf ein
Gestell legen, herrscht andächtige Stille. Die Ladung sind 100 Kilo
rostiges Eisen – mit hohem Symbolwert. Es ist das vor mehr als zwei
Jahren spektakulär gestohlene und in Norwegen wiedergefundene Tor der
KZ-Gedenkstätte Dachau mit der zynischen Aufschrift «Arbeit macht
frei», das am Mittwoch an seinen Ursprungsort zurückgekehrt ist.
Unter Beobachtung von Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) und
des Direktors der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Karl Freller,
packen die Arbeiter das Tor sorgfältig aus. Dann ist das Symbol für
die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten wieder zu sehen.
Spaenle spricht von einem «bedeutenden Tag für die Gedenkstätte». Den
Diebstahl des Tores nennt er eine Aggression gegen den Ort des
Erinnerns, die durch die Rückkehr aber nun ein Stück weit gelindert
worden sei. Das Tor stehe für die Erniedrigung jedes einzelnen
Menschen durch die NS-Diktatur.
Für Freller ist das zurückgeholte Tor «ein Beweismittel für den
Zynismus der Nazis». Er verteidigt den Beschluss der Stiftung
Bayerische Gedenkstätten, es künftig gesichert im Museum
auszustellen. «Wir werden ein Auge darauf werfen.»
Der Präsident des Internationalen Dachaukomitees, Jean-Michel Thomas,
sagt, er sei «nach wie vor äußerst bestürzt über die Schändung der
Gedenkstätte». Es handele sich ebenso wie im Vernichtungslager
Auschwitz um einen abscheulichen Angriff auf den Ort der Erinnerung.
Dort war im Dezember 2009 der Schriftzug «Arbeit macht frei» über dem
Eingangstor gestohlen worden. Die Ermittlungen zum Diebstahl des
Dachauer Tores müssten fortgeführt werden, wünscht sich Thomas.
Bei der Feier zum 72. Jahrestag der Befreiung des KZ Dachau am 30.
April wird das Tor erstmals in der Dauerausstellung der Gedenkstätte
zu sehen sein. Bis dahin soll es fachmännisch konserviert werden. Der
Erosionsprozess solle aber lediglich aufgehalten werden, erläutert
die Leiterin der KZ-Gedenkstätte, Gabriele Hammermann. Die
Abnutzungsspuren blieben weiterhin sichtbar. Um das Tor vor einem
erneuten Diebstahl zu schützen, wird es künftig in einer
klimatisierten und alarmgesicherten Vitrine zu sehen sein.
Das Tor war gut zwei Jahre nach seinem Verschwinden Ende November
2016 in der Nähe der norwegischen Küstenstadt Bergen aufgetaucht. Es
hatte einen anonymen Hinweis auf den Fundort gegeben. Bis heute sind
die Umstände des Diebstahles nicht geklärt. Die Tat hatte weltweit
Aufsehen erregt.
Das Konzentrationslager Dachau war das erste große, dauerhaft
angelegte KZ der Nationalsozialisten. Zwischen 1933 und 1945 waren
dort mehr als 200 000 Menschen aus ganz Europa inhaftiert, 41 500
starben. Die Parole «Arbeit macht frei» an Eingängen von
Konzentrationslagern symbolisiert den Zynismus der NS-Diktatoren im
Umgang mit den Opfern. Am Sonntag hatte US-Vizepräsident Mike Pence
die KZ-Gedenkstätte besucht.