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Baggern mit Gefühl: Baugeräteführer bewegen schwere Maschinen Von Verena Wolff

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Ohne sie geht auf einer Baustelle nichts: Baugeräteführer steuern
Bagger, Kräne, Raupen und anderes schweres Gerät – und verdienen
damit schon als Auszubildende gutes Geld. Ohne Feingefühl und
Durchsetzungsvermögen geht in dem Job aber nichts.

Bebra (dpa/tmn) – Sein Job ist der Traum eines jeden Mannes, sagt
Johannes Erdtmann. Denn der 21-Jährige arbeitet und fährt als
angehender Baugeräteführer den ganzen Tag mit großen, schweren
Maschinen. Eine Ausbildung zum Verfahrenstechniker hat er bereits
absolviert. «Aber den ganzen Tag im Büro zu sitzen, das ist nichts
für mich.»

Also besann sich der Thüringer darauf, was ihm schon sein ganzes
Leben lang Spaß macht: Bagger, Radlader, Planierraupen, Kräne. Und
begann eine zweite Ausbildung bei der Strabag, einem Unternehmen für
Verkehrswegebau mit Hauptsitz in Österreich.

Einen Beruf ergreifen, weil man Baustellen als Kind cool fand? Das
klingt naiv, ist aber genau die richtige Motivation, sagt Cornelia
Vater. Sie ist die Leiterin der Abteilung Berufsbildung im
Zentralverband Deutsches Baugewerbe. «Wer schon als kleines Kind
gerne mit Spielzeugbaggern gespielt hat und heute an Baustellen
stehen bleibt, weil ihn die Maschinen faszinieren, der sollte seine
Leidenschaft zum Beruf machen.»

Leute wie Johannes Erdtmann werden gesucht, sagt Rupert
Hammerschmidt, Sprecher der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt
(IG BAU). «Es gibt einen großen Mangel von Fachkräften, die diese
Maschinen bedienen können.» Im Inland genauso wie im Ausland, auf
kleinen Baustellen genauso wie auf den riesigen, wo Berge durchstoßen
und Autobahnen gebaut werden. «Die Facharbeiter haben viel spezielles
Wissen, das dort gebraucht wird.»

Dass sie dieses Wissen erlangen und den Umgang mit den schweren – und
teuren – Geräten erlernen, dafür sorgt zum Beispiel Christian Weise.
Er ist Ausbilder bei der Strabag und hat im hessischen Bebra 88 000
Quadratmeter Fläche, auf denen Baustellen simuliert werden. «Hier
kann auch mal ein Fehler passieren, ohne dass das gleich eine
Katastrophe ist», sagt er. Auf die echten Geräte kommen die
Auszubildenden aber ohnehin erst, wenn sie die ersten Fertigkeiten im
Simulator erworben haben.

Denn es geht in der Ausbildung auf den tonnenschweren Maschinen vor
allem darum, wie man sie mit Gefühl bedient. «Die jungen Leute müssen
die Angst verlieren und Routine bekommen.» Von kleinen Baggern, die
nur ein paar wenige Tonnen wiegen, geht es zu dem richtig schweren
Gerät. «Und wenn man 30 Tonnen unter sich hat, dann sollte man damit
auch umgehen können.»

Wichtig ist laut Weise ein gutes Auge und räumliches Denkvermögen.
Denn die Maschine ist der verlängerte Arm des Arbeiters. Um das ganze
Ausmaß zu überblicken, braucht es zudem Wissen in Mathematik und
Physik, vor allem in der Kräfteberechnung. «Der Beruf ist in der
Theorie sehr umfangreich und anspruchsvoll», sagt Johannes Erdtmann.
Einen guten Hauptschulabschluss setzt die Strabag bei ihren Anfängern
voraus, besser noch die Mittlere Reife.

Doch außer den Schulnoten und dem Abschlusszeugnis sind noch andere
Eigenschaften wichtig, sagt Weise. «Man muss Spaß am Arbeiten haben
und sollte keine Angst davor haben, sich schmutzig zu machen.»
Ängstliche und schüchterne Typen hätten es auf den Baustellen schwer,
denn als Baugeräteführer «hat man einen Job mit Verantwortung und
muss sich durchsetzen». Und auch wenn es erstmal nicht so klingt: Es
gibt auch Frauen in dem Job, «und die sind meist sehr gut», sagt
Weise.

Eigenbrötler sind dagegen auf Baustellen nicht so gut zu gebrauchen,
denn es wird immer im Team gearbeitet. «Ich bin nie allein, darum
muss ich schon Interesse an der Kommunikation haben.» Auch die
Maschinen selbst sollten für angehende Baugeräteführer interessant
sein: «Zu den Aufgaben eines Baugeräteführers gehören auch die
Kontrolle der Maschinen und das Beheben von Störungen und Fehlern»,
erklärt Cornelia Vater.

Viel Zeit verwenden Azubis in den Lehrjahren für das Sammeln von
Scheinen. Denn für jedes Baugerät gibt es eine Art Führerschein, so
wie bei den verschiedenen Lastwagen-Typen. «Jede Maschine hat ihre
Besonderheiten», erläutert Weise. Und die muss man mit der Zeit
lernen. Jeder Schein folgt dabei einer europäischen Norm, so dass die
Fachleute überall einsetzbar sind.

Ein Mindestalter für den Beginn der Ausbildung gibt es nicht, auch
ein regulärer Führerschein ist keine Pflicht. «Wenn sie fertig sind,
sind sie auf jeden Fall volljährig», sagt Weise. Und auf dem Weg
dahin verdienen angehende Baugeräteführer gutes Geld: Im ersten
Ausbildungsjahr gibt es laut den Beispielwerten der Bundesagentur für
Arbeit 705 bis 785 Euro, im dritten und letzten dann 1130 bis 1410
Euro.

Und beim Facharbeiter ist noch nicht Schluss: Fertige Azubis können
sich zum Polier oder Baumaschinenmeister weiterbilden oder einen
Techniker machen. Auch ein Studium ist möglich, bei einem Unternehmen
oder unabhängig davon. Eine weitere Variante ist laut Hammerschmidt,
sich auf ein Gerät zu spezialisieren und es zu kaufen – und dann als
Freiberufler auf Baustellen im Einsatz zu sein.

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