International weithin sichtbare Leuchttürme der Spitzenforschung soll
die Exzellenzinitiative bringen. Das neue Förderprogramm ist zwar
«nicht ohne», wie Bundesministerin Wanka sagt. Doch auch künftig wird
das Geld nicht auf einige wenige Elite-Unis konzentriert.
Berlin (dpa) – Mit Exzellenz oder Elite ist es im deutschen
Bildungssystem so eine Sache. Schon die Schule tut sich oft schwer
mit der Förderung von Hochbegabten, nur zaghaft ergreifen die dafür
zuständigen Bundesländer – ob von Union, SPD oder Grünen regiert –
die Initiative für «kleine Einsteins». Auch im Wissenschafts- und
Hochschulsektor, in dem es ja nicht zuletzt um die klügsten Köpfe für
Deutschlands Zukunft gehen soll, hat das Wort Exzellenzinitiative
längst nicht bei allen Beteiligten einen elektrisierenden Klang.
Die am Freitag vereinbarte dritte Runde des milliardenschweren
Bund-Länder-Programms für Spitzenforschung ist vom US-amerikanischen
Elite-Denken à la Harvard oder Princeton immer noch so weit entfernt
wie Berlin von Washington. Dass die zumeist rot-grünen Länderchefs
und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrer Sitzung Mitte Juni
stärker als die Wissenschaftsminister auf einige wenige
Uni-Leuchttürme setzen, ist nicht zu erwarten. Bund und Länder als
Geldgeber der Exzellenzinitiative hoffen, dass mit 533 Millionen Euro
Zuschuss pro Jahr ein Aufbruch Richtung Weltklasse möglich ist.
Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) lässt sich die
überwiegend aus ihrem Hause kommende Summe auf der Zunge zergehen:
«Eine halbe Milliarde hinzulegen ist nicht ohne.» Sie beginnt ihre
Präsentation der neuen «Ex-Ini»-Pläne demonstrativ begeistert: «Ich
freue mich. Und freuen können sich die deutschen Universitäten.»
Mehrfach spricht Wanka von «international sichtbarer Spitzenforschung
in Deutschland» – eine Art Mantra der Elite-Befürworter.
Die Exzellenzinitiative wird künftig also besser ausgestattet sein
als bisher (4,6 Milliarden Euro von 2006 bis 2017). Das Geld soll zu
fast drei Vierteln (385 Millionen Euro) in bis zu 50
«Exzellenzcluster», also hochwertige Verbundforschungsprojekte,
fließen. Weitere 148 Millionen Euro gehen an acht bis elf besonders
profilierte Unis oder Hochschulverbünde – wer zwei bis drei
Top-Cluster besitzt, wäre reif für den lukrativen Elite-Status.
CDU/CSU und auch wichtige Wissenschaftsmanager hatten einst von nur
drei bis fünf Exzellenz-Hochschulen geträumt. In die sollte dann
richtig viel Geld gepumpt werden, um sie international stark zu
machen. Diese Pläne waren bei der SPD und in den meisten
Bundesländern unpopulär – und spätestens mit dem Gutachten einer
Expertenkommission vom Tisch, die genau auf jene nun tatsächlich
angestrebten acht bis elf Elite-«Förderfälle» kam. Gießkannen-Politik
ist das zwar nicht, aber eben auch keine zielgerichtete Ausrichtung
auf wenige Leuchttürme. Ein Bund-Länder-Kompromiss halt, sagt Wanka.
Deutschland habe mit seinem «egalitären Ansatz» gute Erfahrungen
gemacht, also mit Studiengebühren-Freiheit, staatlichen Unis, freiem
Hochschulzugang, betont der stellvertretende Vorsitzende der
Bildungsgewerkschaft GEW, Andreas Keller. Dagegen sei das
Elite-System in den USA «über Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte
gewachsen», und es solle Deutschland nicht übergestülpt werden.
Auch SPD und Grüne warnen vor Übertreibungen. «Die von der Union
geforderte «Elite-Liga» wird es nicht geben», freut sich
SPD-Forschungsexperte Hubertus Heil. Sein Grünen-Kollege Kai Gehring
sekundiert: «Die Förderfantasien der Union von drei bis fünf
deutschen Harvards sind vom Tisch.»
Es wird also auf absehbare Zeit bei einer sehr moderaten deutschen
Exzellenz-Politik von Bund und Ländern bleiben – mit Harvard und
Princeton in weiter Ferne. Dafür hätten an der Gesamtfördersumme
«ohnehin ein paar Nullen gefehlt», wie der Präsident der
Hochschulrektorenkonferenz, Horst Hippler, gern frotzelt. Immerhin
gebe es jetzt angesichts eines dauerhaften Bundeszuschusses auf Jahre
Kontinuität und Planbarkeit, und das sei für Wissenschaftler doch
eigentlich «das Wichtigste», zeigt sich Ministerin Wanka zufrieden.