Das erste Praktikumszeugnis, die Abinote und ausführliche Infos zur
Diplomarbeit – in der Bewerbung eines 55-jährigen Geschäftsführers?
Wohl eher nicht. Auch für Bewerbungsunterlagen gibt es ein
Verfallsdatum. Wo es genau liegt, ist aber schwer zu sagen.
Nürnberg/Berlin (dpa/tmn) – Es gibt Situationen im Leben, in denen
das Motto «Viel hilft viel» richtig ist. Und es gibt Situationen, in
denen eher «Mut zur Lücke» gilt. Die Bewerbung ist eine davon. Denn
nicht alles, was man seinen Unterlagen beilegen kann, gehört dort
auch rein. Und wer die Mappe oder den Mail-Anhang überfrachtet,
mindert vielleicht sogar seine Chancen auf den Job. Andersherum darf
manches aber auch nicht fehlen – und was das ist, unterscheidet sich
je nach Stelle und Karriereverlauf.
– Der Einsteiger: 16 Jahre alt, gerade fertig mit der Realschule –
viel Material für den Lebenslauf gibt es da noch nicht. Hier geht es
also weniger ums Aussortieren, mehr ums Zusammensuchen. Nebenjobs
oder ehrenamtliche Tätigkeiten sollten angehende Azubis deshalb im
Lebenslauf immer angeben, rät die Bundesagentur für Arbeit auf
«Planet-Beruf.de», im Idealfall mit einer schriftlichen Bestätigung
in den Anlagen. Das gilt auch dann, wenn die Jobs auf den ersten
Blick nichts mit der Ausbildung zu tun haben – Teamfähigkeit oder
Disziplin zum Beispiel lassen sich so trotzdem demonstrieren.
– Der Absolvent: Praktika, Nebenjobs, Auslandssemester und Projekte:
Spätestens nach dem Masterabschluss haben viele Studenten eine
stattliche Anzahl von Lebenslauf-Stationen beisammen. Die sollte man
Personalern nicht einfach unsortiert hinwerfen. «Den Lebenslauf
müssen Sie für jeden Job neu gestalten», sagt Bewerbungscoach Jürgen
Hesse. Er rät: Die Bewerbung als Werbeprospekt in eigener Sache
begreifen, mit individuell zugeschnittenen Infos. Das Wichtigste
gehört dabei nach oben in den Lebenslauf, nicht nur ins Anschreiben.
«Das wird nämlich sonst eventuell gar nicht gelesen.»
– Der Wechsler: Mitte 30, die ersten Stufen der Karriereleiter sind
geschafft, neue Aufgaben winken. Spätestens jetzt haben Abizeugnis
und Grundschulname in der Bewerbung nichts mehr verloren. «Das ist
dann sogar Anti-Werbung in eigener Sache», sagt Hesse. «Weil es
zeigt, dass Sie keinen Blick für das Wesentliche haben.» Stattdessen
gilt: Konsequent sortieren – also nur die letzten fünf bis zehn Jahre
berücksichtigen und Anlagen auf höchstens zehn Seiten begrenzen.
«Wenn Sie wirklich sehr viel haben, legen Sie besser nur die
wichtigsten bei und schicken Sie dann ein Anlagenverzeichnis.»
– Der Aufsteiger: Was für reguläre Mitarbeiter gilt, gilt für
zukünftige Führungskräfte umso mehr – und geht noch weiter. «Da geht
es dann nicht nur darum, was sie gemacht haben», sagt Prof. Brigitte
Witzer, Coach für Führungskräfte. «Sondern auch um das, was sie
können.» Bewerber sollten also nachweisen können, dass sie sich zum
Beispiel mit Innovations- oder Change Management auskennen. Und sie
sollten im Idealfall schon etwas Führungserfahrung haben, als
Teamleiter zum Beispiel. «Da geht es dann auch darum, wie viele Leute
sie geführt haben – ob 10 oder 100 ist ein Unterschied.»
– Der Rückkehrer: Nicht jeder Bewerber hat mit Mitte 40 mehrere
Stationen für seinen Lebenslauf – zum Beispiel, weil er sich
zwischendurch um die Kinder gekümmert hat. Die Fünf- bis
Zehn-Jahres-Regel zum Aussortieren gilt dann nicht mehr, sagt
Hesse: Was man vor der Pause gelernt und gemacht hat, gehört in die
Bewerbung. Dazu sollten Bewerber aber auch Aushilfsjobs oder
Ehrenämter aus der jüngsten Vergangenheit angeben – vom Kassenwart im
Sportverein bis zum Vorsitz der Elternvertretung. «Auch das zeichnet
ein Bild von Ihnen.»
– Der Beinahe-Rentner: 40 Jahre bei einem Unternehmen – das war
früher eher die Regel als heute. Blöd nur, wenn man dann plötzlich
noch mal auf Jobsuche gehen muss, wegen Insolvenz des Arbeitgebers
zum Beispiel. «Auch da geht es dann im Lebenslauf darum, eine
Entwicklung zu zeigen», sagt Hesse. Also zum Beispiel, indem man die
Tätigkeit beim Langzeit-Arbeitgeber detailliert nach Positionen und
Aufgaben aufschlüsselt – und den Lebenslauf so etwas anfüttert.
– Der Vorstand: Für die Chefetage gelten wieder andere Regeln – vor
allem auf dem C-Level, also bei der Spezies CEO, CFO, CTO und so
weiter. «Das läuft dann fast nur noch über Netzwerke und Headhunter»,
erklärt Witzer. Wer sich für solche Aufgaben empfehlen will, braucht
also eher keine Bewerbungsunterlagen mehr – sondern Kontakte und
Sichtbarkeit, unter anderem auf Konferenzen. «Was sie dann fachlich
gemacht haben, ist eigentlich egal», sagt Witzer. Stattdessen geht es
um die Persönlichkeit, um Beziehungen – und um die Vision von der
Zukunft des Unternehmens.