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«Wasser marsch!» – Feuerwehrtechnik als Schulfach

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Es brennt und es kommt keine Hilfe? Im Kampf gegen Nachwuchsprobleme
lassen sich Feuerwehren einiges einfallen. Manche Schulen bieten
dafür sogar ein eigenes Fach an.

Rockenhausen (dpa) – Hektisch dreht Tobias am roten Feuerwehrfahrzeug
mit integrierter Pumpe den Schlauch auf. «Wasser marsch!», ruft er.
50 Meter entfernt öffnen seine Klassenkameraden einen Verteiler. Nun
strömt das Wasser durch einen weiteren Schlauch zum «Angriffstrupp»,
der das vermeintliche Feuer bekämpft. Alle Handgriffe müssen sitzen,
die Hierarchien respektiert werden. «Wenn es im Ernstfall um
Menschenleben geht, zählt jede Sekunde», erklärt Kreisausbilder Ralf
Kleiner bei der Übung. Die Berufsbildende Schule Donnersbergkreis in
der Nordpfalz bietet eine Seltenheit: Feuerwehrtechnische
Grundausbildung als eigenes Fach.

Das sind 80 Stunden in einem Schuljahr mit einer Abschlussprüfung für
15 bis 18 Jahre alte Schüler. «Unser Lehrstoff entspricht dem
Grundausbildungslehrgang für Freiwillige Feuerwehren», sagt Kleiner.
Projekte und Arbeitsgemeinschaften mit Feuerwehrleuten organisieren
bundesweit viele Schulen, die komplette Grundausbildung aber kaum,
wie der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) in Berlin mitteilt. Die
Ausnahme ist Rheinland-Pfalz mit sechs Berufsbildenden Schulen und
einer sogenannten Realschule plus.

«Das ist sehr löblich und unterstützenswert», sagt der
stellvertretende DFV-Bundesgeschäftsführer Rudolf Römer. Wegen der
Alterung der Bevölkerung und der Landflucht in Ballungsgebiete leiden
Deutschlands Freiwillige Feuerwehren unter Nachwuchssorgen. Auch die
Aussetzung der Wehrpflicht trägt dazu bei: Früher konnten viele junge
Männer sie mit einer langen Verpflichtung bei der Feuerwehr umgehen.

Von 2000 bis 2013 ist die Mitgliederzahl bei den Freiwilligen
Feuerwehren laut dem DFV bundesweit von 1,07 auf 1,01 Millionen
gesunken. Zusammen mit den Jugend-, Berufs- und Werkfeuerwehren war
es das Rückgang von 1,38 auf 1,32 Millionen. Aktuellere Zahlen liegen
nicht vor. Inzwischen sind in der deutschen Provinz schon kleine
Ortsfeuerwehren geschlossen oder zusammengelegt worden.

Im nordpfälzischen Rockenhausen üben die Schüler der Berufsfachschule
I nun bei der örtlichen Feuerwehr am roten Schlauchturm mit
umlaufender Stahltreppe den «Angriff» über eine vierteilige
Steckleiter. In Einsatzuniformen und mit Feuerwehrseilen lernen sie
das professionelle Absichern und das Retten von Hausbewohnern.

Plötzlich gibt es einen echten Einsatz. Große Rolltore gehen hoch,
zwei Feuerfahrzeuge brausen zu einem schweren Verkehrsunfall, die
Berufsschüler blicken ihnen hinterher. Der Lehrer und Ausbilder
Kleiner fragt: «Wie lang ist die Einsatzgrundzeit?» Mehrere Schüler
antworten: «Acht Minuten.» Richtig. Länger darf die Feuerwehr in
Rheinland-Pfalz nach dem Ausrücken nicht zum Ziel brauchen.

Die Mainzer Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) sagt:
«Feuerwehrtechnik ist ein gutes Beispiel für lebensnahen Unterricht.»
Manche Schüler würden motiviert, in ihre örtliche Freiwillige
Feuerwehr einzutreten – oder vielleicht sogar einen Job in einer
Berufsfeuerwehr anzustreben.

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