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Unsere Türen sind weit offen»: Forschungspolitik reagiert auf Trump Von Werner Herpell

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Deutsche Wissenschaftler schauen fassungslos auf die Entwicklungen im
Trump-Land. Was bedeuten die Streichung von Forschungsgeldern und die
zunehmende Isolation für die USA und den Rest der Welt? Die Antwort
der Bundesregierung: Austausch statt Abschottung.

Berlin (dpa) – Sie liest sich wie ein krasser Gegenentwurf zu all den
neuen Grenzziehungen, Brexit- und «America First»-Programmen: die
jetzt weiterentwickelte Strategie der Bundesregierung für
internationalen Austausch und weltweite Kooperation bei Bildung und
Forschung. Als Ministerin Johanna Wanka (CDU) ihren Fahrplan für eine
«globale Wissensgesellschaft» der Zukunft vorstellt, schwingen die
Entwicklungen in Großbritannien, vor allem aber in den USA stets mit.

Viel ist am Mittwoch von «Sorge» und «Unsicherheit» die Rede, wie
Hochschulen, Verbände und Akademien mit US-Einreiseverboten, aber
auch mit einer drastischen Abwertung von Geisteswissenschaften oder
Klimaforschung unter Präsident Donald Trump umgehen sollen. Dieses
mulmige Gefühl werde wohl auch nicht so schnell weichen, selbst wenn
sich die Beschlüsse aus dem Weißen Haus bald wieder änderten, sagt
die Bundesbildungsministerin in Berlin.

In der «Zeit» spricht der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft
(MPG), Martin Stratmann, die «große Verunsicherung in der
wissenschaftlichen Community» klar an. So sei seine Organisation mit
den USA «hochgradig vernetzt. Eine radikale Veränderung der
Forschungsschwerpunkte würde die MPG treffen – und auch die gesamte
deutsche Wissenschaft.»

Wanka deutet an, dass sich Deutschland mit seiner am Mittwoch vom
Bundeskabinett beschlossenen «Internationalisierungsstrategie» für
potenzielle Top-Bewerber aus der anglo-amerikanischen Forschung und
Lehre ein Stück weit hübsch macht. «Unsere Türen sind weit offen»,
sagt die CDU-Ministerin in ihrer Pressekonferenz gleich zweimal.

Mit einem «Headhunter-Programm» für britische oder amerikanische
Forscher in die Offensive gehen – das will Wanka dann aber doch
nicht. «Ein Anwerbe- oder Abwerbeprogramm würde ich politisch auf
keinen Fall akzeptieren. Das ist kontraproduktiv.» Die deutsche
Wissenschaftslandschaft sei ohnehin hoch angesehen, wie auch der neue
Strategie-Report auf 110 Seiten mehrfach betont.

Demnach gehört Deutschland weltweit zu den beliebtesten Zielen für
ausländische Studierende und Wissenschaftler. «Offenheit,
Zusammenarbeit, Vernetzung», so Wanka, müsse die Devise sein, damit
man von wissenschaftlichem Know-How anderer Länder profitiere und
zudem seiner eigenen Verantwortung gerecht werde. «Globale
Herausforderungen wie Klimawandel, Gesundheit und
Ernährungssicherheit machen nicht an Ländergrenzen halt», heißt es in
der Regierungsstrategie. Ob Trump das genauso sieht?

Jürgen Mlynek, bis 2015 Präsident der Helmholtz-Gesellschaft und
jetzt Sprecher des Hightech-Fachforums Internationalisierung, redet
am Mittwoch Tacheles: Abschottung in der Wissenschaft sei doch dumm,
selbst wenn ein Staat nur auf eigene Vorteile schaue. «Der wahre
Egoist kooperiert», sagt der Physikprofessor der Berliner
Humboldt-Universität. Und er denkt laut darüber nach, dass man bei
einem «Science-Protestmarsch» der Amerikaner gegen Trumps
Forschungspolitik vielleicht nicht einfach nur zuschauen könne.

Auch Jörg Hacker, Präsident der Leopoldina Nationale Akademie der
Wissenschaften und bis 2016 Berater des damaligen UN-Generalsekretärs
Ban Ki Moon, kann sich «keine Wissenschaft vorstellen, die nicht
international ist». Er verweist auf «die deutsche Physik der 30er
Jahre – das hat nicht funktioniert». Ein Beispiel aus dunklen Zeiten.

Die Leiterin des Deutschen Historischen Instituts in Washington,
Simone Lässig, rechnet zwar noch nicht gleich mit einem «Exodus
akademischer Talente» aus den USA. Womöglich bedeute aber der «neue
Isolationismus» unter Trump, dass Geld für Konferenzen oder
Stipendien gekürzt und der wissenschaftliche Austausch erschwert
werde, sagt sie im «Zeit»-Interview.

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