SDS-newsline Onlinezeitung

Tipps für Studenten unter 18

| Keine Kommentare

Acht Jahre zum Abi, kein Wehr- oder Zivildienst mehr – der Weg zur
Uni ist heute deutlich kürzer als früher. Deshalb steigt die Zahl der
Studierenden, die noch vor dem 18. Geburtstag ihr erstes Seminar
besuchen. Ganz so einfach ist das allerdings nicht.

Köln/Pfaffenhofen (dpa/tmn) – Ihren 18. Geburtstag wird Catharina
Gündel nie vergessen. Allerdings erinnert sie sich nicht an eine
wilde Party oder Berge von Glückwünschen. Eingeprägt hat sich ihr vor
allem der Ort, an dem sie volljährig wurde: im Präpariersaal der
Universität Köln.

Catharina Gündel ist Medizinstudentin, heute 21 Jahre alt und im
neunten Semester. Als sie ihr Studium 2014 begann, war sie gerade
einmal 17. «Ich habe die dritte und siebte Klasse übersprungen und
war im ersten G8-Jahrgang», erklärt Gündel, die neben dem Studium als
Sozialreferentin des AStA der Universität Köln arbeitet.

Vor dem Gesetz noch ein Kind und trotzdem Studentin: Für Gündel war
das nie ein Problem. Denn sie konnte bei ihren Eltern wohnen und
umging damit rechtliche Hürden wie Mietverträge oder Studentenjobs.
Doch längst nicht immer läuft der Hochschulstart vor der
Volljährigkeit so glatt.

Was lange als Ausnahme galt, kommt inzwischen immer häufiger vor: Im
Wintersemester 2016/2017 waren laut Statistischem Bundesamt 4279
Studierende jünger als 18 Jahre. Zwar machen die U18-Studierenden
damit nur 0,15 Prozent der insgesamt über 2,8 Millionen Studierenden
aus. Doch ihre Zahl steigt: Drei Jahre zuvor, im Wintersemester
2013/2014, zählten die Statistiker 2884 und damit rund ein Drittel
weniger minderjährige Studierende. «Das beruht auf dem G8-Abitur und
der Aussetzung von Wehr- und Ersatzdienst», erklärt Peter Betz,
Fachanwalt für Familienrecht. «Es wird in den nächsten Jahren immer
mehr minderjährige Studierende geben.»

Für die Hochschulen ist das eine Herausforderung. Denn: Wer jünger
als 18 Jahre ist, hat nur eine beschränkte Geschäftsfähigkeit.
«Minderjährige können sich ohne Erlaubnis der Eltern normalerweise
nicht immatrikulieren, sie dürfen keinen Bibliotheksausweis
beantragen, keinen Mietvertrag unterschreiben und dürfen nicht mal am
Hochschulsport teilnehmen», erklärt Betz. Ob zur Prüfungsanmeldung
oder zur Nutzung der Bibliothekscomputer – normalerweise braucht es
immer die Unterschrift der Eltern.

Inzwischen haben sich die meisten Hochschulen aber auf minderjährige
Studierende eingestellt: Mit Generaleinwilligungen können Eltern
ihren Kindern die Vollmacht über studentische Angelegenheiten
erteilen. Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen änderten sogar
eigens das Hochschulgesetz und erteilten Minderjährigen in sämtlichen
Studienangelegenheiten alleinige Handlungsfähigkeit.

«Es gibt aber bis heute keine einheitliche Handhabe an den einzelnen
Universitäten», sagt Betz. «Je nach Bundesland und Universität sollte
man im Vorfeld immer prüfen, ob man die Einwilligung der Eltern
braucht oder nicht. Die Aufsichtspflicht über das Kind liegt aber
immer noch bei den Eltern.»

Und auch außerhalb der Uni lauern Stolperfallen für minderjährige
Studierende. Wer nicht gerade die Eltern mitnimmt, muss die
Ersti-Party zum Beispiel um Mitternacht verlassen und auf
hochprozentigen Alkohol verzichten. Für Mietverträge und
Studentenjobs müssen die Erziehungsberechtigten ebenfalls ihr
Einverständis erteilen.

Noch schwieriger: Die Finanzierung des Studiums über einen
Studienkredit. Hierfür brauche es nicht nur die Einwilligung der
Eltern, sondern auch eine Erlaubnis des Familiengerichts. Die
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) vergebe jedoch an Minderjährige
in der Regel keine Kredite. Bafög dagegen gibt es auch unter 18,
erklärt Betz.

Sorgen wie diese sind Catharina Gündel fremd. Und trotzdem berichtet
sie von dem ein oder anderen kleineren Hindernis im Uni-Alltag. Von
der Chemieklausur, zu der sie sich nicht online anmelden konnte, weil
ihr Geburtsjahr nicht auswählbar war. Und von der Ersti-Fahrt der
Fachschaft, an der sie nicht teilnehmen durfte. «Daran hatte ich aber
auch kein gesteigertes Interesse», sagt Gündel.

Etwas schwieriger gestaltete sich das Krankenpflegepraktikum, das die
Medizinstudentin noch vor dem Studium absolvierte. «Weil in meinem
Fall das Jugendarbeitsschutzgesetz griff, gab es Sonderregelungen»,
erinnert sich Gündel. «Ich durfte nicht an OPs teilnehmen, die mit
Röntgenbestrahlung liefen, hatte längere Pausen und durfte nicht
komplett im Schichtdienst mitarbeiten.»

Im Studienalltag finden sich Minderjährige dagegen häufig gut
zurecht. Das hat Sandra Schramm, Leiterin der Zentralen
Studienberatung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn,
festgestellt. «Sie unterscheiden sich im Wesentlichen nicht von
volljährigen Studierenden, haben keinen besonderen Betreuungsbedarf
oder erkennbar stärker mit Heimweh zu kämpfen.»

Allein die Unsicherheit bei der Studienwahl sei merklich höher unter
den Jugendlichen. «Viele Studieninteressierte glauben, sie müssten
von Anfang an eine perfekte Entscheidung treffen», erklärt Schramm.
Ist die Unsicherheit zu hoch, empfehle sie häufig, ein
Überbrückungsjahr einzulegen, um sich zum Beispiel bei einem
Auslandsaufenthalt oder einem Freiwilligen Sozialen Jahr weiter zu
orientieren.

Info-Kasten: Reservierte Studienplätze für Minderjährige

Für Minderjährige, die gleich nach dem Abitur ins Studium starten,
gibt es teilweise besondere Zulassungsmöglichkeiten. In
Nordrhein-Westfalen etwa sind zwei Prozent der Studienplätze für
minderjährige Studienanfänger reserviert, die bei ihren Eltern wohnen
und im selben Landkreis studieren wollen. «Mit dieser Sonderquote
soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Minderjährige bei
ihren Eltern wohnen bleiben können», erklärt Studienberaterin Sandra
Schramm. «Auch, weil sie möglicherweise in der Wahl des Studienorts
nicht so frei sind wie volljährige Studierende.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.