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Putin spricht mit deutschen Schülern: Lernt aus der Geschichte!

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Mit keinem anderen Land möchte Wladimir Putin so gern befreundet sein
wie mit Deutschland. Doch das Verhältnis ist gespannt. Für ein
Freundschaftssignal besucht der Kremlchef die Schule seiner Töchter.

Moskau (dpa) – So hohen Besuch hat die Deutsche Schule in Moskau noch
nie erlebt: Russlands Präsident Wladimir Putin spricht mit deutschen
und russischen Schülern, den Teilnehmern eines Geschichtsprojekts zum
Zweiten Weltkrieg. «Es ist sehr wichtig, dass russische und deutsche
Schüler über die Vergangenheit reden, um in die Zukunft zu gehen» –
diese Botschaft gibt ihnen der Kremlchef auf den Weg.

Begonnen hat Putin seine kurze Rede auf Deutsch – gelernt ist gelernt
in den fünf Jahren als Agent in Dresden: «Ich bin sehr froh, dass ich
alle Anwesenden begrüßen darf.» Wenige Tage nach dem 75. Jahrestag
des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion 1941 sendet er ein
politisches Freundschaftssignal mit persönlichem Hintergrund.

Für Putin bedeutet die Deutsche Schule in Moskau ein Stück
Familiengeschichte. Nicht nur Kinder deutscher Firmenvertreter,
Diplomaten und Korrespondenten werden dort unterrichtet. Viele
russische Eltern, die an deutscher Bildung interessiert sind, melden
ihre Kinder an der Privatschule im Südwesten Moskaus an.

Auch Putin schickte seine Töchter Maria und Katharina auf die
Deutsche Schule. Als er 2000 Präsident wurde, kamen die Mädchen aus
Sicherheitsbedenken seltener. Doch sie wurden extern unterrichtet und
waren immer wieder bei Schulkonzerten oder Festen zu sehen.

André Reichel war damals Klassenkamerad von Maria, nun ist er
Musiklehrer und mitverantwortlich für das Geschichts- und
Versöhnungsprojekt. Deutsche Schüler aus Moskau und aus Bad Salzungen
(Thüringen) sowie russische Schüler aus Rschew in Nordwestrussland
nehmen teil. Sie besuchen gemeinsam die Soldatenfriedhöfe von Rschew,
wo 1942/43 eine verheerende Schlacht getobt hatte. «Erinnern,
Gedenken, Versöhnen» ist das Motto der knapp 50 Schüler.

Die Lehrer hätten Putin vor wenigen Wochen eingeladen – aber ohne
große Hoffnung, erzählt Reichel. Doch vor zwei Tagen sei plötzlich
eine Zusage aus dem Kreml gekommen. «Das ist wie ein Sechser im
Lotto», freut sich der Musiklehrer. «Wir haben es bis zuletzt nicht
geglaubt», sagt auch Schulleiter Uwe Beck.

Putin habe diese Bühne bewusst gewählt, um auf deutsche Vorstöße zu
antworten, sagt Wladislaw Below, Deutschland-Experte der Russischen
Akademie der Wissenschaften. Trotz aller erklärten Freundschaft ist
das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland zurzeit gespannt.
Deutschland kritisiert die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim
durch Russland, die Militärhilfe für die prorussischen Separatisten
in der Ostukraine.

Doch Below erinnert daran, dass Vizekanzler Sigmar Gabriel wie
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (beide SPD) zuletzt für eine
Entspannung im Verhältnis zu Russland plädiert hätten. Den Auftritt
in der Schule sieht er als Putins «positive Antwort».

Der Kremlchef sagt an der Schule: «Russland und Deutschland haben
stets prosperiert, wenn sie zusammengearbeitet haben.» Das ist nicht
falsch, aber solche Sätze wecken stets das Misstrauen der kleineren
Nachbarstaaten. Vor Putins Auftritt hat der deutsche Botschafter
Rüdiger von Fritsch an das Völkerrecht erinnert: Das Miteinander fuße
auf der Einhaltung von Regeln, «auch unter Ländern und Staaten».

Putin steht nach seiner Rede im Pulk der Jugendlichen in ihren weißen
T-Shirts. Einer fragt nach den Grundlagen der deutsch-russischen
Beziehungen. «Das Wichtigste ist Vertrauen», antwortet der Präsident.

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