Wieder verkünden die Forschungsminister Wohltaten für die deutschen
Hochschulen. Zu den komplizierten Finanzströmen für Forschung und
Lehre kommen bald zwei weitere Füllhorn-Programme hinzu. Am
Grundproblem ändert das nichts, sagen Kritiker.
Berlin (dpa) – Ein Rekordandrang von 2,8 Millionen Studenten, marode
Labore, überfüllte Hörsäle – das ist die weniger glamouröse Seite des
deutschen Hochschulsystems. Auf der anderen Seite stehen schmucke
Milliardenprogramme, mit denen die lukrative Spitzenforschung, aber
künftig auch kleinere Hochschulen und der Forschernachwuchs gefördert
werden. Bund und Länder nehmen also viel Geld in die Hand, um den
Wissenschaftsstandort auch international in ein gutes Licht zu
rücken. Kritiker meinen, das Geld komme nicht dort an, wo es am
nötigsten wäre. Hochschulfinanzierung in Deutschland – ein Überblick.
HOCHSCHULPAKT: Während die Studienanfängerquote 2005 bei 37 Prozent
lag, nimmt heute die Hälfte der jungen Menschen in Deutschland ein
Studium auf. Im Rahmen des 2007 unterzeichneten, offiziell 2020
auslaufenden Bund-Länder-Pakts wurde zuletzt vereinbart, gemeinsam
bis zu 760 000 zusätzliche Studienplätze zu finanzieren. Am Ende
hätte der Bund insgesamt gut 20 Milliarden Euro bereitgestellt, die
Länder 18 Milliarden. Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) verweist
aber auf den anhaltenden Studentenboom und betont, «dass es sich
nicht um einen kurzfristigen «Berg», sondern um ein langfristiges
«Hochplateau» handelt». Daher sei wichtig, dass der Bund «direkt und
nachhaltig die Grundfinanzierung der Hochschulen ergänzt».
GRUNDFINANZIERUNG: Sie wird von den Ländern – den Hochschulträgern –
bereitgestellt, die aber nach 2019 mit der Schuldenbremse klarkommen
und daher noch mehr aufs Geld achten müssen. Rund 90 Prozent der
Finanzmittel kommen nach HRK-Zahlen von der öffentlichen Hand, der
Rest aus privaten Quellen – zum großen Teil aus der Auftragsforschung
(Drittmittel), aber auch von Mäzenatentum und Sponsoring. Der Bund
nimmt teil an der Finanzierung von Forschungsprojekten, an Programmen
wie Hochschulpakt und Exzellenzinitiative oder bei Forschungsbauten.
Die Opposition im Bundestag, aber auch die Hochschulen sehen eine
mangelhafte Grundfinanzierung als Kern vieler Probleme an den Unis.
AUSGABEN UND EINNAHMEN: Nach aktuellen Zahlen des Statistischen
Bundesamtes für 2014 gaben die Hochschulen zusammen 48,2 Milliarden
Euro aus – 4,1 Prozent mehr als 2013. Fast 58 Prozent flossen ins
Personal, ein Plus von knapp fünf Prozent. Allein die Unis gaben fast
20 Milliarden Euro für Lehre, Forschung und Krankenbehandlung aus
(Zuwachs 3,3 Prozent), die Fachhochschulen rund sechs Milliarden Euro
(plus 5,8 Prozent). Zum großen Teil machten die Hochschulen die
höheren Ausgaben über mehr Einnahmen wett. So warben sie 2014
Drittmittel in Höhe von 7,3 Milliarden Euro ein (plus 2,5 Prozent).
Wichtigste Drittmittelgeber waren die Deutsche Forschungsgemeinschaft
(2,4 Milliarden Euro), der Bund (1,9) und die Wirtschaft (1,4).
FÖRDERPROGRAMME: Die 2006 gestartete Exzellenzinitiative von Bund und
Ländern fördert Spitzenforschung im Verhältnis 75 zu 25 Prozent. Bis
Ende 2017 sind dafür insgesamt rund 4,6 Milliarden Euro eingeplant,
nach kurzer Übergangsphase wird das Programm dauerhaft mit 533
Millionen Euro pro Jahr fortgesetzt. Nach dem Willen der Gemeinsamen
Wissenschaftskonferenz (GWK) werden zudem ab 2018 kleine und
mittelgroße Universitäten sowie Fachhochschulen mit 550 Millionen
Euro für zehn Jahre bezuschusst, wenn ihre Arbeit für Wirtschaft oder
Gesellschaft besonders relevant sind. Hier trägt der Bund 90 Prozent.
Und es soll ein auf jüngere Forscher zielendes Karriereförderprogramm
geben – Kostenpunkt: rund eine Milliarde Euro für 15 Jahre.
STUDIENGEBÜHREN, QUALITÄTSPAKT, BAFÖG: In keinem Bundesland gibt es
noch diese pauschalen Semestergebühren – Bachelor und Master kann man
an staatlichen Hochschulen also gebührenfrei werden. Der Wegfall der
in Deutschland stets hochumstrittenen Geldquelle ist längst spürbar:
Die Einnahmen aus Beiträgen der Studenten ging 2014 um 6,3 Prozent
auf eine Milliarde Euro zurück. Für bessere Studienbedingungen und
Lehrqualität erhalten insgesamt 156 Hochschulen von 2016 bis 2020
rund 820 Millionen Euro Fördermittel des Bundes. Der hat seit Anfang
2015 auch das Bafög von knapp 1,2 Milliarden Euro jährlich komplett
von den Ländern übernommen – im Tausch gegen mehr Mitsprache im
Hochschulsektor. Die siebenprozentige Erhöhung der Bafög-Sätze kommt
nach langem Stillstand im Herbst.