In der Kanalisation riecht es manchmal so stark, dass Kanalbauer
Atemmasken brauchen. Haben sie also einen Job, den man nicht so gerne
machen möchte? Wer sich dafür entscheidet, bekommt nicht nur eine
relativ hohe Vergütung. Es gibt noch mehr Gründe für die Ausbildung.
Berlin (dpa/tmn) – Mal arbeitet er unter der Erde, mal im Freien:
David Anderson ist im zweiten Ausbildungsjahr als Kanalbauer bei der
Firma Frisch & Faust Tiefbau GmbH in Berlin. Er baut Abwassersysteme.
Um in den Untergrund zu gelangen, müssen er und seine Kollegen erst
einmal auf der Straße eine Baugrube oder einen Graben ausheben. Dann
verlegen sie dort Rohre, damit das Wasser abfließen kann. «Der Job
ist körperlich enorm anstrengend», erzählt Anderson. Wenn er abends
nach Hause kommt, ist er geschafft. «Trotzdem, es macht Spaß», sagt
der 17-Jährige.
Bei der Arbeit helfen zwar Maschinen. Anderson muss trotzdem viele
Aufgaben mit den Händen erledigen. Auch schwere Bauteile, zum
Beispiel kleinere Schachtsegmente aus Beton, muss er heben und
tragen. Bewerber müssen deshalb von der Statur her robust und absolut
fit sein. «Auch sollten sie technisches Verständnis mitbringen», sagt
Susanne Müller vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie. Das
brauchen sie zum Beispiel, um bei der Inspektion eines Kanals
ferngelenkte Kamerafahrzeuge bedienen zu können. Sorgfalt bei der
Arbeit ist ebenfalls unerlässlich. Das ist zum Beispiel beim Verlegen
von Rohren wichtig. Die Teile müssen sehr penibel auf ihre Dichtheit
überprüft werden – schließlich dürfen keine Abwässer ins Grundwasser
sickern.
Die Ausbildung zum Kanalbauer dauert drei Jahre. Jugendliche lernen
im Betrieb, an der Berufsschule sowie an überbetrieblichen
Ausbildungsstätten. Einen bestimmten Schulabschluss müssen Bewerber
nicht haben. Der Betrieb entscheidet, wen er ausbilden möchte. 2016
haben deutschlandweit 117 junge Leute eine Ausbildung zum Kanalbauer
begonnen. Diese Zahl nennt Andreas Pieper vom Bundesinstitut für
Berufsbildung (BIBB). Der Frauenanteil liegt bei unter einem Prozent.
Auch Anderson ist Teil eines Teams, das ausschließlich aus Männern
besteht. Frühmorgens, um 6.30 Uhr, treffen sich alle auf dem
Betriebsgelände. Irgendwo in der Stadt wird ein Haus gebaut. Aufgabe
der Kanalbauern ist es, die Abwasserleitungen des Gebäudes ans
städtische Abwassersystem anzuschließen. Als Erstes lesen Kanalbauer
dafür Grundrisse und Lagepläne und vermessen das Gelände.
Als nächstes steht dann an, Gräben auszuheben. Diese müssen die
Experten trockenlegen und sichern. Dann verlegen sie die Rohre und
schließen die Baugrube wieder. Dazu gehört dann mitunter auch,
Pflastersteine zu verlegen. Seine bislang größte Herausforderung war,
einen Bordstein zu setzen. «Das klingt einfach, ist es aber nicht»,
erzählt Anderson. Am schwierigsten sei, die schweren Steine passgenau
zu platzieren.
Zu den weiteren Tätigkeiten von Kanalbauern gehört, Abwasserleitungen
und -systeme instand zu halten und zu sanieren. Mitunter müssen sie
auch Rohrleitungen und Schächte reinigen. Wer Probleme mit Schmutz
hat, ist in dem Job nicht an der richtigen Stelle. Kanalbauer dürfen
auch nicht geruchsempfindlich sein. «Unter der Erde riecht es oft
unangenehm», erzählt Anderson. Daran gewöhne man sich aber. Wenn der
Geruch zu stark ist, legen Kanalbauer Schutzmasken an. Bewerber
müssen auch in der Lage sein, in einem Schacht oder Graben auf engem
Raum zu arbeiten. Lärm, etwa durch einen Presslufthammer bei
Erdarbeiten, gehört ebenfalls zum Alltag.
Gearbeitet wird auch bei Wind, Regen oder praller Hitze. All das
macht Anderson nichts aus. Der alles andere als bequeme Arbeitsalltag
wird gut bezahlt, die tarifliche Ausbildungsvergütung in der
Bauwirtschaft ist überdurchschnittlich hoch. Sie liegt nach Angaben
des Bundesinstituts für Berufsbildung im ersten Jahr zwischen 675 und
755 Euro, im zweiten zwischen 895 und 1115 Euro und im dritten
Ausbildungsjahr zwischen 1120 und 1400 Euro. Die jeweilige Höhe hängt
davon ab, ob der Azubi in den alten oder in den neuen Bundesländern
tätig ist. In nicht tarifgebundenen Unternehmen kann die Vergütung
auch niedriger sein. Das Einstiegsgehalt nach der Ausbildung hängt
von der Tätigkeit ab. «Ausgebildete Facharbeiter können mit einer
tariflichen Vergütung von mindestens 2600 Euro rechnen», erklärt
Müller.
Kanalbauer arbeiten bei Tiefbauunternehmen, in der Abwasserwirtschaft
oder bei Bauämtern. Ihre Jobaussichten sind sehr gut, da in vielen
Städten das im 19. Jahrhundert angelegte Kanalsystem inzwischen
sanierungsbedürftig ist. Nach der Ausbildung können sich Kanalbauer
etwa zum Vorarbeiter qualifizieren. Auch ohne Abitur haben sie nach
einigen Jahren die Möglichkeit, zu studieren und zum Beispiel als
Bauingenieur tätig zu werden.
Anderson strebt vorerst kein Studium an. Er kann sich vorstellen,
eines Tages als Polier oder Bauleiter zu arbeiten. «Vielleicht werde
ich aber auch Geschäftsführer meines eigenen Betriebs», sagt er.