SDS-newsline Onlinezeitung

Geige bis Gitarre – Musikfachhändler haben ein breites Repertoire Von Tobias Schormann, dpa

| Keine Kommentare

Der eine sucht eine Heavy-Metal-Gitarre, der andere passende
Klassiknoten zum Klavierlernen – Musikfachhändler müssen sich mit
vielen Stilen auskennen. Eine kreative Ader ist in dem Beruf aber
nicht das Einzige, was zählt.

Offenbach/Berlin (dpa/tmn) – Den ganzen Tag Gitarre spielen? Für
Musikliebhaber wie Manuel Hauptmann wäre das ein Traum. Der
25-Jährige spielt Gitarre, seit er Teenager ist. Bei der Ausbildung
zum Musikfachhändler bleibt dafür aber kaum Zeit: Hier ist er mehr
als Kaufmann denn als Künstler gefordert. Die Fachleute brauchen ein
Herz für Musik und ein Händchen fürs Verkaufen.

Eine Menge Leidenschaft ist dennoch immer im Spiel, wenn er
Hobbymusiker im Geschäft berät. «Das ist kein normaler Beruf», sagt
Hauptmann, der gerade sein zweites Lehrjahr im Musikhaus André in
Offenbach absolviert. Schließlich verkaufe er nicht «irgendetwas».
«Musik ist einfach etwas Besonderes, und sich mit Musikinstrumenten
zu beschäftigen, ist etwas Schönes.»

Viele Azubis sind selbst aktive Musiker, die ihr Hobby zum Beruf
machen wollen, sagt Birgit Böcher vom Gesamtverband Deutscher
Musikfachgeschäfte. Denn ohne fundiertes musikalisches Vorwissen
kommt man in dem Beruf nicht weit: Wenn neue Instrumente eintreffen,
muss geprüft werden, ob sie einwandfrei sind, gibt Hauptmann ein
Beispiel. Und wenn ein Kunde sich für ein Instrument interessiert,
sollte man es ihm am besten einmal vorführen können.

Außerdem müssen die Fachhändler eine breite Modellpalette überblicken
und sich mit der Bauweise verschiedener Instrumente auskennen. Was
unterscheidet bei E-Gitarren eine Les Paul von einer Stratocaster?
Wie sollte eine Klarinette oder ein anderes Instrument für Einsteiger
aussehen?

In dem Beruf hat man viel Kundenkontakt. «Azubis müssen daher Spaß
daran haben, mit Menschen umzugehen», sagt Böcher. Und sie brauchen
ein wenig Menschenkenntnis. «Auf der einen Seite gibt es Eltern ohne
Vorwissen, auf der anderen Seite die Musikfreaks.» Die Beratung ist
dadurch aber auch sehr vielseitig: Der eine will nur ein ganz
bestimmtes Notenheft, der andere sucht eine E-Gitarre für seinen
sechsjährigen Sohn und hat noch keine konkreten Vorstellungen,
erzählt Hauptmann.

Es gibt aber auch viel im Büro zu organisieren: Instrumente bestellen
und Rechnungen durchgehen etwa, zählt Hauptmann auf. Die Ausbildung
dauert drei Jahre und ist noch recht neu: Sie wird erst seit 2009
angeboten. Zuvor gab es nur den Musikalienhändler, eine
Spezialisierung im Einzelhandel, wie das Bundesinstitut für
Berufsbildung (BIBB) in Bonn erläutert.

Auch heute noch lernen angehende Musikfachhändler im ersten und
dritten Jahr gemeinsam mit den Azubis aus dem Einzelhandel. Im
zweiten Jahr können sie ihr Wissen jedoch im Blockunterricht an der
Staatlichen Berufsschule Mittenwald in Bayern vertiefen, wo auch
Instrumentenbauer ihr Handwerk lernen. Die Lehre umfasst laut BIBB
die Bereiche Musikinstrumente, Musikalien beziehungsweise Noten und
Tonträger, später wählen Azubis einen davon als Schwerpunkt.

Bei der Vergütung gibt die Bundesarbeitsagentur 557 bis 750 Euro im
ersten Lehrjahr, 627 bis 820 im zweiten und 719 bis 950 Euro im
dritten als Richtwerte an. Später kann das Gehalt den Angaben zufolge
bei 2180 bis 2551 Euro brutto liegen.

Arbeitgeber sind längst nicht nur Geschäfte für Musikinstrumente.
Auch Musikverlage, Plattenfirmen oder Veranstalter kommen infrage,
zählt Böcher auf. Nicht zuletzt sind Fachleute in CD-Abteilungen
gefragt, die sich mit den aktuellen Charts und Trends auskennen.

Was die Jobaussichten betrifft, ergibt sich ein gemischtes Bild: Der
Musikfachhandel habe es derzeit zwar nicht leicht, gegen den
Online-Handel zu bestehen, sagt Böcher. Die Statistik weise bisher
aber kaum Arbeitssuchende unter den fertig ausgebildeten
Musikfachhändlern aus. Und durch ihr Wissen seien sie auch für andere
Bereiche der Branche interessant.

Immer wichtiger wird dabei Wissen über moderne Technik:
Gitarrenverstärker etwa werden heute auch mit Apps gesteuert, erklärt
Manuel Hauptmann. Laptop und Tablet dienen als Tonstudio im
Wohnzimmer. Und Musik und Noten werden zunehmend über das Netz
vertrieben. Auch in dieser Hinsicht müssen Fachhändler stets auf dem
Laufenden sein.

Dass die Technik Instrumente eines Tages überflüssig macht und er
irgendwann nur noch Apps statt Gitarren verkaufen wird, glaubt
Hauptmann jedoch nicht. «Das Feeling von einem echten Instrument kann
die Technik nie ersetzen.»

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.