Auf einen WM-Titel im Fußball müssen die Österreicher vermutlich noch
lange warten. Im Tischfußball spielen sie dagegen schon ganz vorne
mit. Eine der besten Kickerinnen der Welt kommt aus Wien und hat
einen Lebenstraum: Tischfußball wird zur olympischen Disziplin.
Wien (dpa) – Rockmusik, Gelächter, Pizzaduft. Wo andere sich ein
Feierabendbier genehmigen, trainiert Sophie Jobstmann für die nächste
Weltmeisterschaft. Wie jeden Montagabend trifft sich die 30-Jährige
mit ihren Freunden in der «nachBar», einer urigen Kneipe in der
Wiener Josefstadt – um Tischfußball zu spielen. Die Stimmung ist
locker, Jobstmann und ihre Mitspieler rauchen und erzählen sich
Witze, bevor sie an den Kickertisch schreiten. Doch es geht um mehr
als um Spaß.
Für die junge Frau ist Kickern keine bloße Freizeitbeschäftigung,
sondern ein Profisport, in den sie viel Zeit investiert.
«Tischfußball ist mittlerweile definitiv mein zweites Leben, andere
Hobbys habe ich fast gar nicht mehr», erklärt sie. «Daheim habe ich
meinen eigenen Tisch und trainiere daran täglich mehrere Stunden.»
Denn wie in anderen Sportarten ist eben auch beim professionellen
«Wuzeln» – so heißt Tischfußball in Österreich – Disziplin, Ausdauer
und hartes Training gefragt, wenn man ganz oben mitspielen will.
Und das tut die gebürtige Wienerin Jobstmann schon seit geraumer
Zeit. Anfangs kickerte die studierte Sozialpädagogin, die heute bei
einer Versicherungsanstalt arbeitet, lediglich zum Spaß in ihrer
Stammkneipe. Auf den Ratschlag eines Freundes hin trat sie 2010 einem
Wiener Tischfußball-Verein bei und «wuzelt» seitdem auf
Wettkampfniveau. Nach Spielen in einer österreichischen Kicker-Liga
startete sie bald auch im Ausland durch.
2013 gewann Jobstmann ihren ersten internationalen Wettbewerb, die
sogenannte Table Soccer World Series. In den Jahren danach folgten
Silber- und Bronzemedaillen bei weiteren internationalen Turnieren.
Aktuell befindet sie sich im Damen-Ranking des internationalen
Tischfußballverbands ITSF auf Platz 11 und ist damit nicht die
einzige Österreicherin, die ganz vorne mitmischt. Gleich mehrere
Spieler aus der Alpenrepublik stehen im internationalen Vergleich an
der Spitze. Weiter aufsteigen könnte Jobstmann durch einen
Medaillengewinn bei der nächsten Tischfußball-Weltmeisterschaft, die
2019 im spanischen Murcia stattfindet.
«Man kann die internationalen Wettkämpfe ein bisschen mit den Grand
Slams im Tennis vergleichen», erklärt Jobstmann. Von Prämien, wie sie
in Wimbledon und Co. üblich sind, kann sie allerdings nur träumen.
Das Preisgeld bei einem World-Series-Turnier liege bei ungefähr 300
Euro. «Wenn ich das mit den Reise- und Hotelkosten verrechne, komme
ich circa bei null raus.»
Wenn man Jobstmann so zuhört, wird vor allem eines deutlich: Sie will
klarmachen, dass Tischfußball mehr ist als ein Zeitvertreib in der
Kneipe: eine ernstzunehmende und professionelle Sportart, die in
Österreich wie im Ausland mehr Aufmerksamkeit verdient. Problematisch
ist jedoch, dass Kickern in der Alpenrepublik nicht einmal als Sport
anerkannt ist. Daher, so Jobstmann, erhalten Vereine auch keine
staatliche Förderung oder Sponsorengelder. Neidisch blickt die
Wienerin deshalb nach Deutschland.
In Deutschland ist Tischfußball seit 2010 als gemeinnütziger Sport
anerkannt. Damit befinden sich die rund 8000 deutschen Kicker, die in
verschiedenen nationalen Ligen spielen, laut Klaus Gottesleben in
einer relativ komfortablen Situation: «In Deutschland ist die Lage
ganz gut. Immer mehr Vereine haben eine eigene Nachwuchsförderung und
erhalten Sponsorengelder», sagt der Präsident des Deutschen
Tischfußballbunds. Jedoch gibt er zu bedenken, dass Tischfußball noch
immer das Bild eines Kneipensports anhafte, das nur langsam aus den
Köpfen zu bekommen sei.
Für Gottesleben ist das jedoch kein Problem: «Es dauert eben noch ein
bisschen, bis sich Tischfußball als Breitensport durchgesetzt hat.
Aber wir haben keinen Zeitdruck.» Dass Kickern in absehbarer Zeit als
olympische Disziplin anerkannt wird, hält er für unrealistisch.
Ehrgeiziger zeigt sich dagegen Jobstmann: «Ich rechne damit, dass das
noch zehn bis fünfzehn Jahren dauert», sagt sie. Dann könnte endlich
ihr Traum wahrwerden: den Lebensunterhalt als professionelle
«Wuzlerin» bestreiten und für Österreich olympisches Gold holen.